Ich habe zwar den genauen Inhalt des Zivildienstgesetzes nicht im Kopf, aber die Zivildienstverordnung sagt doch aus, dass ein Zivildiener nur Hilfsleistungen unter Verantwortung des Vorgesetzten durchführen darf, so glaube ich zumindest. Sollte dies nicht zutreffen, bitte ich gleich um Korrektur.
Wie kann es dann sein dass hier ein Zivildiener verurteilt wurde, während er mit einem „normalen“ Sanitäter unterwegs war?
Hab ich mich im ersten Moment auch gefragt. Und ich hatte auch irgendwo noch was im Kopf von Wegen, dass Zivis nicht eigenverantwortlich arbeiten dürfen.
Schlussendlich macht aber das SanG keinen Unterschied im Anstellungsverhältnis. Beide waren „ausgebildet“ und hätten erkennen müssen dass der Pat. ins KH gehört. Aus der Praxis weiß ich allerdings, dass ein junger Zivi dem EA oder HA nicht widersprechen wird und er keine wirkliche handhabe dagegen hat.
Wegen fahrlässiger Tötung verurteilt zu sein, macht sich nicht wirklich gut im Lebenslauf. Vor allem weil der Zivi vmtl. nicht mal was hätte tun können wenn er gewollt hätte.
In der aktuellen Fassung finde ich nichts davon. Noch eher das Gegenteil lt. ZDG §38 Abs.1 Z3 „im Falle ihres einvernehmlichen Einsatzes nach Maßgabe ihrer nachgewiesenen Qualifikationen im Sinne des § 4 Abs. 1 Z 1 entsprechend den einschlägigen berufsrechtlichen Bestimmungen einzusetzen.“
Ich interpretiere es so, sobald er die Sanitäter Prüfung bestanden hat, ist er so wie jeder andere Sanitäter verantwortlich für das was er macht.
Ich würde sagen, für den qualifizierten Einsatz muss das Berufsmodul absolviert sein: zivildienst.gv.at/dam/jcr:8 … 8-2022.pdf (S.30)
Bei uns fahren jedenfalls keine zwei Zivi zu einem Notfall. Eben nur aufgrund der Hilfstätigkeiten, wenn auch eine RS-Ausbildung vorliegt. Zumindest war das bei uns damals die Begründung. Ist auch gut so
Für die Tätigkeiten haftet natürlich jeder selbst.
Genau das war eben auch das was ich im Kopf hatte, solange nicht das Berufmodul absolviert wurde, ist man theoretisch nicht qualifiziert um eigenverantwortlich einen Patienten zu Versorgen. Kenne aber in der Steiermark nur sehr wenige die das Berufsmodul als zivi schon haben, weshalb ich jetzt einfach mal annehme dass der Kollege in diesem Fall auch keines hatte. Dann wäre er wiederum nur zu den Hilfstätigkeiten befugt gewesen, und ich bin (auch während meinem Zivildienst) davon ausgegangen dass das Zivildienstgesetz über dem SanG steht, und ich somit nie eigenverantwortlich handeln muss, wenn ich mich nicht in der Lage fühle.
Retrospektiv würde mir solch ein Urteil große Gedanken bereiten, ob ich die Gefahr einer solchen Verurteilung wirklich eingehen möchte, vor allem wenn (wie Menico bereits erwähnt hat) in vielen Fällen ein ganz klares Hirachiesystem besteht. Würde mir als aktueller Zivi ganz schön verarscht vorkommen, von der einen Seite hört man „du bist zivi, du machst gefälligst was dir aufgetragen wird“ und die andere Seite erwartet ein vollkommen eigenständiges und eigenverantwortliches Handeln.
naja, was der Zivi als ausgebildeter RS macht oder nicht macht, ist ja dennoch seine Verantwortung. Wenn er den Patienten bspw. fallen lässt, wird auch er dafür gerade stehen und nicht der Hauptamtliche der vielleicht das Fahrzeug lenkt. Denk ich jetzt mal
Und der Zivi ist ausgebildeter Sani. Hätte also die Situation auch selbst erkennen müssen. Dazu hat er noch einen Mund den er aufmachen kann. Auch vor dem Patient und dessen Angehörigen. Da möchte ich sehen wie standhaft der EA/HA noch ist.
Auch nichts tun bzw nichts sagen ist eine Handlung. Jede Handlung hat eben Konsequenzen für die man die Verantwortung übernehmen muss. In dem Fall äußerst schlechte Konsequenzen.
„nicht eigenverantwortliche Hilfstätigkeiten“ hab ich auch schon gehört, nur macht das nicht so viel Sinn für mich, da zB. ja Grundwehrdiener auch als Wachsoldaten eingesetzt werden, inkl. Bewaffnung und Befugnissen. Also warum sollten dann Leute die den Wehrersatzdienst leisten nicht ebenso Verantwortung tragen dürfen.
Ja das ist halt in anderen LVs anders. In OOE fahren Zivis primär. Konkret sind die Zivildiener diejenigen die das System am Laufen halten. Wenn auch das System schlecht ist.
Und ist stimme Dir voll zu. Zivis haben bei einem Notfall nix verloren.
Im Konkreten Fall wurde die Verdachtsdiagnose ja richtig gestellt. Ein belassen bei schmerzen und einer solchen Diagnose ist in jedem Fall nicht indiziert. Da ist schon sehr viel falsch gelaufen bei den beiden.
UPDATE: Der Zivi wurde im Jänner 2024 freigesprochen, der Fahrer vor 1 1/2 Wochen. Jetzt ists rechtskräftig. Trotz de jure gleicher Qualifikation war der Zivi „lediglich verlängerter Arm“ des erfahreneren Kollegen. Der wiederum wurde freigesprochen, weil zwischen ersten Einsatz (der im übrigen keine Belassung war, sondern eine Verweigerung der Mitfahrt und Verweigerung der Unterschrift eines Reverses durch den Pat.) und letalem Notfall mehr als 24 Stunden vergingen und somit kein unmittelbarer Zusammenhang vorliegt.
Das war Deppen-Glück. Wäre der Todesfall früher eingetreten, wäre es anders ausgegangen. Bei Symptomen und einer Verweigerung der Unterschrift des Reverses ist aus fachlicher Sicht jedenfalls ein Notarzt hinzu zu ziehen gewesen.
Nein. Warum NA, wenn der Pat. keinerlei Symptome aufweist, die auch nur ansatzweise auf eine lebensbedrohliche Situation hindeuten.
Zwei Vorgehensweisen erschließen sich mir aus diesem Fall:
Bei Verweigerung des Revers entweder
Schreiben, was geht. Lückenlose astreine Doku bei unmittelbarer Information des OvD, Dienstführendem oder gleichwertigem Vorgesetzten,
oder 2., Nachforderung Exekutive und sei es nur dafür, um unabhängige Zeugen der Verweigerung durch den Pat. zu haben.
Soweit ich weiß, ist das schriftliche Urteil noch gar nicht ergangen. Außerdem werden Urteile nicht veröffentlicht, außer sie stammen von Höchstgerichten.
Wenn jemand trotz Symptome einen Transport verweigert, ist der fachlich kompetente Vorgesetzte (=Notarzt/Arzt) hinzu zu ziehen.
Polizei wäre sinnlos, da diese keine medizinische Beurteilung setzen können. Auch ist die Dokumentation der Verweigerung der Untschrift eines Reverses rechtlich unbeachtlich. Sobald Gefahr für das Leben (jetzt oder in absehbarer Zeit) besteht (und das ist bei einem dicken Bein eben gegeben) steht der Rettungsdienst in der Haftung, was ja bei dem Urteil rausgekommen ist. Und hier kann derzeit nur ein Arzt entscheiden (und dann haftet der Arzt).
Der Arzt kann den Patienten medizinisch untersuchen und eine Diagnose stellen (was RS nicht können) und eine Risikoeinschätzung treffen. Wenn der Patient trotz ärztlicher Aufklärung weiterhin verweigert, und keine Lebensgefahr besteht, ist das rechtlich zu Lasten des Patienten.
Wenn allerdings Lebensgefahr besteht, können tatsächlich wegen Selbstgefährdung die entsprechenden Schritte gesetzt werden.
An welcher Stelle in der Stellungnahme wird dies so erläutert?
Hier zwei Zitate aus der verlinkten Stellungnnahme:
Aufgrund der starken Verankerung des Selbstbestimmungsrechts in unserer
Rechtsordnung haben entscheidungsfähige Patienten das Recht, sich für oder gegen eine angebotene Untersuchung, Behandlung als auch einen Kliniktransport zu entscheiden. Dies auch dann, wenn die Entscheidung offensichtlich den Fachstandards widerspricht und unvernünftig erscheint. Der entscheidungsfähige Patient hat somit auch ein Recht zur Unvernunft!
Beharrt jedoch der entscheidungsfähige Patient auf seinem Nein zur Behandlung und zum Rettungstransport, so ist dies zu beachten. Eine Zwangsbehandlung kommt hier nicht in Betracht. Der Rettungseinsatz ist als beendet anzusehen.