Wien am Wochenende und Nachts

Ich muss jetzt mal was loswerden.

Ich fahre nun seit rund einem Jahr bei einer Organisation in Wien, bin erfahrener NFS-NKV mit entsprechenden Zusatzausbildungen (AMLS, PHTLS, EPC etc.) und beobachte immer wieder, meist an den Wochenenden oder Nachts, was freiwillige Kollegen (es sind eigentlich immer junge Männer), welche es irgendwie auf einen RTW geschafft haben so machen.

Da wird beispielsweise eine aufrecht auf der Trage sitzende Patientin mit Stiffneck und nur den Beinen in Vakuummatratze! in die Unfallambulanz geschoben.
Andernorts wird ein komplett flach liegender, Patient mit sichtlicher Dispnoe und Zyannose ohne O2 auf der Internen abgegeben.
Wieder in einem anderen KH erklärt der NFS! einem Arzt in der Triage, dass er das EKG befundet hätte und es unauffällig sei, worauf der Arzt meinte… oder er es sehen dürfte… und der NFS meinte, weil es unauffällig wäre, habe er es wegen dem Datenschutz!! weggeschmissen…

Das sind keine „Horrorgeschichten“, diese Sachen habe ich an nur einem Wochenende von 2 unterschiedlichen Freiwilligen Mannschaften auf RTWs einer großen Wiener Organisation gesehen habe.

Die Kollegen gehen auch mit einer Präpotenz und Überheblichkeit an die Sache, dass man glauben könnte, Sie sind die Spitze der Evolution. Meist richtet sich Ihre Überheblichkeit gegenüber anderen RS Kolleg(innen).

Wenn man dann die Beobachtungen einzuordnen versucht und die Kollegen bezüglich der Grundlage Ihrer Entscheidungen befragt, dann bekommt man meist nur herablassende Bemerkungen zurück. Meist mit den Worten, dass Sie NFS wären und Sie schon wüssten was Sie tun würden und dies Ihrer „Lehrmeinung“ entspräche.
Spricht man mit Kollegen der MA70 darüber, dann bekommt man nur zu hören, dass die Organisation die Dinge halt „Anders machen“ und Sie selbst diese Praktiken nicht mehr hinterfragen, weil Sinnlos.

Ich persönlich verstehe nicht, wie eine Organisation solche Personen auf einem RTW Dienst machen lässt. Ich verstehe noch weniger, wie man Personen, welche menschlich vollkommen neben sich stehen überhaupt in die Nähe von Patienten lässt.

Ich beobachte diese Problematik primär bei einer einzigen Organisation welche ein paar RTWs am WE und in der Nacht laufen hat. Mich würde interessieren ob es Kolleg(innen) gibt, welche hier ähnliche Beobachtungen gemacht haben oder ob das einfach „so ist“, dass man an den Wochenenden und in der Nacht schlicht schlechter versorgt ist als am Tag?

Allgemein muss die Frage gestellt werden, ob es wirklich „gscheid“ ist, RTWs mit Leuten zu besetzen, welche 1-2 Dienste im Monat als „Hobby“ machen? (Wir sprechen hier nicht von NÖ RTWs, sondern RTWs in Wien, welche zu C,D und E Codes fahren) ?

Ich seh das leider zu jeder Tages- und Nachtzeit in einem südlicheren Bundesland.

wie gesagt, ich mache solche Beobachtungen leider zu jeder Tagezeit nur halt in einem südlicheren Bundesland.

Und wenn der Kollege Zivi und RS auch noch ist Gnade ihm Gott.

Ich würde das jetzt nicht allein am „Hobby“ festmachen. Ich bin freiwilliger Mitarbeiter und als NFS-NKV mit mehr als 16 Jahren Erfahrung weitaus besser ausgebildet als die meisten beruflichen Kollegen. Meiner Meinung nach geht es um das richtige Mindset wie man an die Sache dran geht. Dabei geht es um Ausbildung, Wissen und Training. Es sollte Bewusstsein geschaffen werden und die Leute so ausgebildet werden, dass sie wissen wo die eigenen Grenzen sind - dazu eigenen sich halt regelmäßige Trainings und Schulungen und es sollte halt nicht am Patienten passieren.
Des Weiteren kann man natürlich auch auf die wirtschaftlichen Aspekte hinweisen - der RTW besetzt mit Freiwilligen kostet halt de facto nichts, was die Personalkosten anbelangt. Und wenn man die finanzielle Dimension über die qualitative stellt passiert so was schneller als man denkt, dass zwar formal der RTW richtig besetzt ist aber die tatsächliche Kompetenz nicht vorliegt. Um dagegen zu steuern wäre ich für ein flächendeckendes Qualitätssystem und formalisierte Prüfungen um als NFS am RTW fahren zu dürfen (eher so in der Form eines Assessments, damit meine ich nicht die NFS Prüfung).

Ich würde das Problem jetzt nicht an einer Organisation oder einer Tageszeit festmachen. Es gibt drastische Qualitätsschankungen von Mannschaft zu Mannschaft, auch in Wien. Und auch bei der MA70 sind bei weitem nicht alles Vollprofis, nur weil sie dafür bezahlt werden.

Es gibt Freiwilligen Team vor denen kann man nur den Hut ziehen und es gibt welche, die sollte man nicht einmal in die Nähe eines Patienten lassen.

Also ja, es ist dringend Verbesserungsbedarf da, und das kann im Wesentlichen nur mit einer mehrjährigen Ausbildung erreicht werden, da nur so die individuellen Schwankungen in den Griff zu bekommen sind.

Wenn du eine konkrete Patientengefärdung bei einer anderen Mannschaft erkannt hast, dann ist der nächste Weg, nach erfolgloser Kontaktaufnahme, ans CIRS oder FSB, nicht hier ins Forum zum Auskotzen…

Dunning-Kruger-Effekt
de.wikipedia.org/wiki/Dunning-Kruger-Effekt

Gibt es leider in allen Bereichen.
Und das mit der umfassenden Erfahrung aus 2 Jahren Rettungsdienst…aus deren Sicht jedenfalls.

Kann Dir nur empfehlen mal ein Praktikum in einer EV zu machen, da verstehst Du dann warum viele von der Pflege was gegen die Rettung haben.

Die Selbstüberschätzung mancher Kollegen ist schwer erträglich, den Verweis auf Dunning Kruger gabs hier eh schon. Und einigen ist halt das eigene Geltungsbedürfnis das Wichtigste, die sind dann natürlich in Ihrem Ego gekränkt wenn sie jetzt nicht zum 4 Polytrauma hintereinander fahren sondern halt zu den Bauchschmerzen seit 3 Tagen.

Also… „Goschn haltn, Hände Falten“? Das ist Dein Vorschlag?

Ok, also keine Beobachtungen oder Berichte ins Forum / Unterforum „Einsatzberichte“.
Ok, also nicht mit Kollegen sprechen und deren Beobachtungen abfragen.

Frage: Wozu ist deiner Meinung nach dieses Forum dann da, wenn man hier nicht andere nach Ihrer Meinung fragen kann?

Been there, done that.
Ich weiss, dass hier schon schräge Dinge passieren. Dennoch bin ich immer wieder erstaunt davon, wie sehr manche Leute glauben über allem zu stehen.
Es passieren überall Fehler. Mir fällt das halt schon gehäuft bei einer ganz speziellen Gruppe an Personen auf. Auch wenn es in dieser Gruppe sicherlich auch tolle Sanis gibt.
Jung, Männlich, frischer NFS, 2 Dienste im Monat mit Kumpels. - Das ist meiner Meinung nach eine toxische Mischung. - Nicht bei allen. Aber … bei sehr vielen.

Solche Geschichten erlebe ich auch immer wieder. Egal ob freiwilliger oder beruflicher.
Beschwerden/Meldungen darüber verlaufen im Sand.
Abstellen wird man sowas nur durch Vor-Ort-Evaluierungen.

Jung+ Männlich ist ganz allgemein oftmals eine schwierige Kombination, siehe VU Statistik,Kriminalität, usw.

Ich bin öfter erstaunt was für Personen aufgenommen/ freigegeben/ ausgebildet/ was auch immer werden, bei denen charakterliche Auffälligkeiten eigentlich offensichtlich sind. Klar wird sich das vermutlich irgendwann auswachsen, die Frage ist halt was alles in der Zwischenzeit passiert.

Ich bin eigentlich erstaunt das nicht mehr passiert, oder wird das kleingehalten?

Danke für den Post @Marcumar. Ich glaube du sprichst an was viele Kollegen denken und du bist bei Weitem nicht der Einzige, dem diese Arroganz, Überheblichkeit und Unkollegialität/Unprofessionalität bis zum Himmel stinkt.

Auch wenn das selbstverständlich nicht für alle gilt (Negativbeispiele stechen immer hervor und bleiben eher in Erinnerung als der positive Regelfall): Ich kenne diese „Ich bin die Krone der menschlichen Schöpfung, weil ich fahre paar mal im Quartal RTW/NKTW“-Mentalität fast ausschließlich von Freiwilligen der Hilfsorganisationen. Gerade bei der Berufsrettung oder den hauptamtlichen RTW Mannschaften habe ich eig. bis auf wenige Ausnahmen noch NIE ein gleichwertiges Verhalten erlebt (meine Wahrnehmung), egal ob ich dabei „nur“ der RS oder „nur“ der KTW war, zwischenmenschlich und vom Respekt her hat es fast immer gepasst. No na ned, wenn ich zu den „Profis“ gehöre, die das jeden Tag machen hab ichs vielleicht auch weniger notwendig mich als allwissender Hero aufzuspielen :laughing: .

Woran kann das liegen? Naja wenn man bedenkt wie kurz die Ausbildung ist und niedrig die Aufnahmekriterien gehalten werden (um bspw. den KT Betrieb unter allen Umständen aufrechthalten zu können) wundert es mich nicht, dass dadurch mitunter auch Leute mit Komplexen angezogen, die aufgrund mangelnder Selbsteinschätzung nichts am Patienten verloren haben. Nach bereits 100h Theorie und 160h Paxis eine schöne leuchtende Uniform tragen zu können mit der man sich wichtig fühlen kann gibts eigentlich auch nur in unserem Land…

Der Trost: Man macht sich mit so einem Verhalten weder viele Freunde noch sehr beliebt im RD und Gesundheitsbereich selber. Bei den Extremfällen, die du geschildert hast verlass ich mich noch auf ein gut funktionierendes QM in dieser Stadt. Wer sich bei gemeinsamen, zB. high priority Einsätzen so daneben benimmt kann sich bestimmt was anhören von FISU, NEF-Lenker und Co. Und da ists dann herzlichst egal wie geil man sich als nagelneuer NFS oder RS Hero fühlt.

Na Sorry. Das habe ich eher die gegenteilige Erfahrung gemacht. Weil genau diese Leute sich auf hauptamtliche Stellen bewerben und mangels Alternativen (außer Wien vmtl.) auch bekommen.
Damit wird die Hauptamtlichkeit ein wahres Auffangbecken für solche Charaktere.

Glaub ich dir und kann ich verstehen. Die Wahrnehmungen dürften dabei generell um Welten auseinandergehen weil wie schon gesagt meistens die Negativbeispiele am Ehesten in Erinnerung bleiben und niemand von uns die Empirik besitzt um auf ein gesamtes Anstellungsverhältnis rückschließen zu können :slight_smile:

Ich muss das leider Bestätigen. Diese Typen sind ja meist im Allgemeinen auch beliebt, da Sie eine grosse Klappe haben und vor den RS Kolleg(innen) auch schon etwas mehr wissen. - Ergo werden diese dann in den Ortsstellen der HiOrgs tatsächlich beruflich aufgenommen.

In Wien ist das definitiv anders. Und ich gebe Zivi Bomber Recht. Das ist ein Freiwilligenproblem. Ich habe das noch nie bei einer HA Mannschaft gesehen. Klar gibts immer und überall Negativbeispiele aber Jung, männlich, NFS und freiwillig für diesen Typus Sani… stimmt für Wien definitiv.

Also ich finde Beurteilungen aus der ferne (a la fährt so und so in die Notaufnahme, etc.) immer schwierig, ohne bei dem gesamten Einsatz dabei gewesen zu sein (natürlich bleiben grobe Fehler immer leicht zu erkennen).

Ich habe die gleiche Erfahrung wie @Einsatzleitner gemacht. V.a. bei mir in NÖ gibt es oft Ehrenamtliche Teams (meistens mit Fixdienst) die die meisten HA am RTW(-C) alt aussehen lassen (sind natürlich oft zu einem großen Teil Medizinstudenten, DGKPs oder ähnliches). Und wann die unterwegs sind ist ganz unterschiedlich.

Und Hauptberufliche sind leider (meistens) nur in Wien gut. Am Land werden zu oft Sanis Hauptberuflich weil sie bei anderen Arbeitgebern nichts reißen würden und so aber lässig mit Uniform unterwegs sein können und Zivis herumkommandieren dürfen. In Wien fahrt man tendeziell weil man gute Präklinische Arbeit leisten will.

Vlt. würde ja ein persönlicher Eignungstest helfen? Wegen dem Personalmangel wirds wohl trotzdem nicht helfen weil alles genommen wird.

Junge Männer stellen das Gros der RS - alleine schon wegen Zivildienst (und auch Bundesheer). Von daher sind junge Männer auch bei frischen NFS in der Überzahl, egal ob beruflich oder ehrenamtlich. Ich bezweifle daher, dass es da einen Zusammenhang zwischen Geschlecht und Qualität gibt - wenn es mehr Männer als Frauen gibt, die NFS sind, gibt es auch mehr schlechte/unerfahrene/präpotente männliche NFS.
Wenn ein junger Kollege mit zwei Freunden RTW fahren will, warum nicht?

Abgesehen davon liegt das auch an der kurzen Praxisdauer - 24 12-Stunden-Dienste sind nicht eben viel. Daher kommt die Qualität großteils mit der Erfahrung als NFS - und das dauert. Da könnte man ansetzen.

Solange er den Kollegen auch klar kommuniziert, dass er als NFS sich außerhalb der Lehrmeinung für RS bewegen darf und es deshalb so gemacht wird ist es okay.
Probleme habe ich nur dann, wenn dann alle meinen sie können es so machen.

Seh ich genauso nur muss sich der NFS halt auch im Klaren sein, dass er lege artis arbeitet und das wurde hier in den Beispielen ja offenbar nicht gemacht - leider.

Ich denke das sollte auch in die RS Ausbildung rein, dass der RS weiß, dass es für den NFS de facto keine „Lehrmeinung“ gibt und welche Kompetenzlevel (NKA, NKV, NKI) da draußen herumlaufen (so nach dem Motto „Bitte nicht nachmachen“) - vor allem was die dürfen und was nicht (mich hat letztens ein RS vor dem Patienten angesprochen, dass ich ja keinen iv Zugang legen darf, da er offenbar nicht wusste was ein NFS/NKV darf).

Die von dir beschriebenen Fälle klingen nach Kasperltum von Clowns die es leider in jeder Organisation unabhängig vom Ausbildungsstand oder der Beschäftigungsform gibt.
Warum solche Clowns überhaupt fahren?
Erstens weil die Verantwortlichen vielleicht gar nicht wissen, was da für sie fährt. Zweitens weil sonst gar niemand fährt.

Eigentlich gibt es klare Lehrmeinungen/Lehraussagen/SOPs etc., manche glauben halt sie brauchen das alles nicht weil sie die Weisheit mit Löffeln gefressen haben. Tja…

Da stimme ich zu, den Verantwortlichen ist relativ wurst wer fährt Hauptsache es fährt irgendwer (und da ist auch die formale Qualifikation egal, wenn zumindest das stimmen würde)…

Natürlich gibt es die, die glauben aber wie du sagst dass sie die Weisheit mit den Löffeln gefressen haben. Dass diese Weisheit aber genau in den SOPs, der Lehrmeinung und aktuellen Empfehlungen steckt ist zu denen noch nicht durchgedrungen und die machen was sie wollen (ich hoffe nur dass nix passiert) - leider. Und da könnte man meiner Meinung nach an der Basisausbildung ansetzen damit das jedem klar wird.

Man möge mir verzeihen, dass ich nicht Gendere… Es sind beide Geschlechter gemeint.

Das Korsett für den NFS gibt die Organisation vor. Natürlich gibt es eine Lehrmeinung. Diese widerspiegelt sich in den SOPs. Im Rahmen dieser freigegebenen SOPs kann sich der NFS tatsächlich abweichend von der Lehrmeinung des RS bewegen. So lange er die Uniform der Organisation trägt, ist er den Regeln dieser Organisation unterworfen und MUSS die SOPs entsprechend einhalten.

Wenn der NFS jedoch nicht die Uniform der Organisation trägt, kann er, im Rahmen seines Wissens und erlangten Kenntnisse viel mehr machen. Geregelt ist dies im § 10 StGB - Rechtfertigender bzw entschuldigender Notstand. Die Notstandshandlung muss beim rechtfertigenden Notstand das einzige Mittel zur Abwendung des Nachteils sein.

Beispielsweise kann ein NFS (ohne Uniform), welcher weiss, wie man eine Bülau legt, dies nachweislich geübt und darin unterwiesen wurde diese auch legen, wenn dies das einzige Mittel zur Abwendung eines Nachteils ist (Beispielsweise bei einem Bergunfall). Er würde sich sogar strafbar machen, wenn er dies nicht täte (§ 95 StGB Unterlassung der Hilfeleistung).