Sommerlochfüller: EKG zum mitschauen

Hi,

hier mal wieder ein kleines Mitmachtopic.
Ein recht „einfaches“ EKG diesmal und doch keine Blickdiagnose (zumindest für mich damals).

Zum Background:
Pat. kommt Sonntags selbst in die Notdienstpraxis, weil sein Puls so langsam ist und der Blutdruck so hoch ist. Ist im bei der Routinemessung am Morgen aufgefallen. Er hat keinerlei Symptome.
Der Pat. war bei eintreffen des RTW bradycard (40) und etwas hyperton (>140sys), hat aber absolut keinen schlechten Eindruck gemacht.
War nicht kaltschweißig. Keine Atemnot. Gar nichts.

Vll. erklärt jeder der will kurz was er sieht und wie er Schritt für Schritt vorgeht?
Traut euch. Hier gibts keinen unvorhergesenen Twist und keine Stolperfallen.
Pat. bekam lediglich einen Zugang zur Sicherheit und wurde unter monitoring ins KH gebracht.

Und evtl. verpackt ihr eure Verdachtsdiagnose in einen „Spoiler tag“ damit andere mitraten können ohne direkt auf die Lösung gestossen zu werden. (Zu finden rechts oben beim „Zahnrad“, „Spoiler unkenntlich machen“)

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Schneller Blick:

üLT plus RSB damit bifaszikulärer Block vom anterioren Typ. Dazu eine höhergradige AV Blockierung, hätte jetzt gesagt AVB3. Keine ACS Anzeichen im EKG

Interessant ist die unterschiedliche QRS Morphologie in II und die verlängerte QTc. Die wäre noch einen genaueren Blick wert.

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AV Block 2. Grades Typ 1, Bifaszikulärer Block, evtl. Long QT (Auf dem EKG stehen keine Zeiten und ich bin grade zu faul zum rechnen, schaut aber eher lang aus)

Das wäre meine Vermutung. Mit den derzeitigen Infos

(Edit: Schreibfehler)

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Ich finde am Rhythmus wirkt es so als wäre die Überleitung nicht komplett blockiert da PQ stetig zunimmt bis ein QRS ausfällt.

So muss ich jetzt als Spoiler antworten? Schwierig :rofl: Ich mach es mal sonst ist es für die anderen nicht mehr spannend.

Die Art der Blockierung wäre jetzt einen genaueren Blick wert mit einem noch längeren Streifen (deswegen habe ich noch etwas unspezifisch höhergradige Blockierung geschrieben). Die unterschiedlichen QRS Morphologie deutet für mich auch auf keine vollständige Blockierung hin. In Zusammenschau mit dem LAHB+RSB könnte es sich auch im einen intermittierenden kompletten Block (trifaszikulär) handeln, wobei ich da eher breitere QRS Blöcke erwarten würde.

Also dann geh ichs mal für mich durch:

  1. Elektrische Aktivität ist vorhanden. :sweat_smile:
  2. Ventrikuläre Frequenz bei 37-40/min
  3. QRS-Komplexe gehen für mich eher in Richtung Breit (bin aber unsicher ob >120ms)
  4. Die QRS-Komplexe wirken auf mich schnell mit Zettel und Stift relativ regelmäßig
  5. Vorhof Aktivität ist vorhanden
  6. Die P-Wellen stehen nicht immer mit einem QRS-Komplex in Verbindung
  7. ST-Strecke wirkt normal, Die T-Welle ist aber in V1-V3 negativ

Also erster Blick ist für mich: Nicht schön. Nach den 7 Schritten tendiere ich zu einem AV-Block II Wenkebach und evtl. ein (inkompletter) RSB? Mangels erfahrung würde ich hier aber ein kurzes Telefonat mit dem TNA begrüßen um sicherzugehen.

Falls ich was über- bzw. falsch gesehen habe, lasst es mich bitte wissen!!!

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Ich glaube die unterschiedliche QRS Morphologie entstammt einer funktionellen. Aberranz. Da es so wirkt als würde sie periodisch auftreten und die QRS Komplexe breiter werden je länger PQ ist. Und keine totale Blockierung. mMn

Die hab’ ich absichtlich weg gelassen. Ist eine gute Übung, wenn man das mal wieder zu Fuß rauslesen muss :wink:

Sag mal was ich so sehe als Erstassessment (ohne google Hilfe):

  • Veränderter QRS Komplexes (R-Zacke in die falsche Richtung)
  • P-Welle ohne folgenden QRS Komplex

Irgendwas mit AV Block und für die zeitweise veränderte R-Zacke fällt mir gerade nix ein

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Spannender Ansatz, hatte ich bisher nicht am Schirm weil ich es nur im Zusammenhang mit VHF gelernt hatte. Das sollten wir mal zu einem späteren Zeitpunkt vertiefen

Nur mit Kasterl zählen ohne Lineal wäre ich auf eine QT von 520ms gekommen. QTc jetzt nicht ausgerechnet, auch weil ich kürzlich gelernt habe unter einer HF von 60 kann die QT genommen werden.

QT 610ms
QTc 492ms

„Beitrag muss mindestens 20 Zeichen lang sein“

ok wow, danke da muss ich das wirklich wieder mal öfters händisch machen :slight_smile:

Wurde dieses EKG nicht schon mal hier im Forum vor einigen jahren diskutiert?

Im Rhythmusstreifen sieht es fast wie ein Wenckebach aus.
Es ist aber ein AV-Block 3 - sieht man in V5 gut.
P zwischen QRS und T = AV3

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Kann gut sein, dass du auch richtig liegst, je nachdem welchen Komplex du genommen hast für deine Messungen.

Meine Werte sind die vom C3 :wink:

Aber eine nette Diskussion die sich aus deinem Einwand ergibt.
Die QT Zeit ist für diese Frequenz mMn. „grenzwertig normal“ bzw. erwartbar. Bei so niedrigen Frequenzen stimmt die versuchte Korrektur von QTc leider nicht so ganz.

WOW… also dein Gedächtnis möchte ich haben!!!
Ich habe das EKG tatsächlich vor über 5 Jahren mal im Verlauf eines Threads gepostet, ja. Aber im Kontext ob hier eine Senkung des RR möglicherweise gefährlich sein könnte.

Danke @Menico für den Beitrag. Es ist sehr interessant von allen ihre Gedankengänge zu hören. So etwas brauchen wir definitiv öfter!

Also wir reden von hier:

Der Rhyhtmusstreifen ist für mich fast eindeutig ein Wenkebach. Wieder was gelernt, vielen dank!

Eine Frage noch. Ich bin wirklich beeindruckt auf was einige alles achten. Ich hab mir eben diese 7 Schritte angewöhnt. Verändert sich für euch durch den Lagetyp, QT-Zeit, etc. wir Ihr den Pat. einschätzt bzw. weiter behandelt?
Mein Ziel ist schnell und v.a. sicher kritische Pat. zu erkennen. Wenn das dabei hilft dann immer her mit Literaturempfehlung und ähnliches.

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Cooler Beitrag bitte mehr davon!!

Auch wenn schon sehr viel gesagt/erkannt wurde: Kennt sich hier jmd mit dem Wellens Syndrom aus und hat das schon mal in Echt gesehen? War der Pat kardial vorbelastet Richtung KHK, AP Leiden etc.
relativ tiefe, terminale T Negativierungen im Bereich V2-V4 (hier V1-V3) im kardial beschwerdefreien Intervall könnten doch typisch dafür sein? Auch wenn Endstrecken Diagnostik bei Schinken Blockierung haltsuboptimal ist.

Auf jeden Fall ist der AVB vorrangig. Aber kein Plan ob II oder III erkenne das iwie nicht. Wird probably einen Schrittmacher bekommen früher oder später.

Es ist auch gut dass du die 7 Schritte verwendest, weil es vor allem wenn man sich noch nicht so lange oder intensiv mit der EKG Diagnostik beschäftigt eine gewisse Struktur vorgibt.
Aber dem Ganzen sind halt auch gewissen Limitierungen vorgegeben, schon der 7te Schritt (Gibt es Zeichen einer Ischämie) lässt viel Spielraum offen. Von klaren ST Hebungen (die nicht immer ein Infarkt sein müssen) bis zu eher subtilen ANzeichen eines OMI haben wir hier eine grosse Bandbreite.

Für mich ist das EKG Muster Erkennung. Wegen der eigene Speicher gut gefüllt ist erkennst du gewisse Auffälligkeiten sehr schnell.

Zur konkreten Frage nach dem Lagetyp. Einen üLT habe ich im Speicher hinterlegt, weil er neu aufgetreten im Zusammenhang mit einem RSB von Relevanz sein kann (wird in der Literatur auch als OMI Kriterium beschrieben). LQTS wäre zb bei einer Synkope relevant (Jeder Synkope bekommt ein EKG). Nur zwei Beispiele, kein Anspruch auf Vollständigkeit

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Ich hab etwas Erfahrung mit Wellens (2x in Echt gesehen). Es ist eigentlich meist kein direkter OMI, sondern ein Reperfusionszeichen. Also es war vorher verstopft, ist jetzt aber offen (deswegen das Symptomfreie Intervall). Ob der Pat. jetzt zur nächsten internen für weitere Diagnostik oder direkt ins PCI-Zentrum gehört, streiten sich noch viele Experten. Ich bin eher Gruppe direkt PCI. Bei aktiven ACS-Symptomen sollte man aber definitiv Richtung PCI.

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