Man muss da schon sehr sehr vorsichtig sein. Belassungen sind fast nie „einfach“.
Ich hab vor einigen Jahren eine Pat. mit Durchfall / Erbrechen nach üppigem Essen mit ins KH genommen.
Zwei Stunden später war sie Tot… Keiner wusste was Sache war bis das Labor einen massiven Infarkt gezeigt hat.
Wir sind keine Ärzte mit massenhaft Erfahrung (wobei auch Erfahrung manchmal nach hinten losgehen kann).
Und wir haben nur sehr eingeschränkte diagnostische Mittel vor Ort. Kein Labor. Nicht mal Blutgase.
Die Leute rufen oft schon wegen jeder Lappalie an. Ich belasse viel und schicke auch viele mit Angehörigen und Privat PKW ins KH, weils einfach keinen RTW braucht.
Aber man muss einfach auf der sicheren Seite bleiben und mal lieber einen „Bauchzwicker“ zu viel mitnehmen als zu wenig.
Halmich von ÖGERN hat sich damit sehr genau befasst:
"Eine Belassung ist dann möglich, wenn eine Versorgung / Behandlung nicht indiziert ist und der Patient kein Spital benötigt.
Eine Belassung benötigt laut aktueller Judikatur eine begründete und nachvollziehbare Dokumentation.
Eine Patientenunterschrift ist rechtlich nicht erforderlich, aber ratsam!
Belassungen sind jedoch nur durch NFS möglich. Sanitäter dürfen nur bei offensichtlichen Fehleinsätzen belasssen, da Ihnen die Kenntnisse zur Patientenbeurteilung fehlen. "
Das kann ich unterschreiben. Aber… dennoch, an einem Tag wie heute (7 Einsätze) hatte ich wieder 2 Belassungen.
Und, man befragt den auch den Patienten. Wenn der Pat klar sagt, kein KH und es eben eine Lapalie ist… dann ist die Sache schon sehr klar.
Polizist verstarb: Sanitäter und Zivi wegen fahrlässiger Tötung verurteilt
Fünf Monate und drei Monate bedingte Haft für Rettungssanitäter und Zivildiener: 46-jähriger Polizist aus dem Murtal verstarb, nachdem sie ihn nicht ins Krankenhaus mitgenommen hatten. Urteil nicht rechtskräftig.
Bei der Familie sitzt die Trauer nach wie vor tief. Ende des vergangenen Jahres verstarb ein Polizeibeamter aus dem Murtal im Alter von 46 Jahren offenbar an den Folgen einer Beinvenenthrombose. Zunächst waren damals in sozialen Medien Gerüchte herumgegeistert, der 46-Jährige sei wegen medizinischer Komplikationen nur wenige Stunden nach einer dritten Coronaimpfung verstorben. Als Verbreiter dieser Falschmeldung konnte ein 53-jähriger Frühpensionist ausgeforscht werden, der sich bei der Einvernahme geständig zeigte.
Nun standen in der Causa am Landesgericht Leoben ein Rettungssanitäter und ein Zivildiener des Roten Kreuzes vor dem Strafrichter. Sie waren Ende des letzten Jahres angerückt, nachdem die Familie des 46-Jährigen in der Nacht die Rettung alarmiert hatte. Der Grund: starke Schmerzen in den Beinen. Ihr Verdacht: Thrombose.
Allerdings nahmen in der Nacht der Rettungssanitäter und der Zivildiener den 46-Jährigen nicht mit, um ihn zur sofortigen medizinischen Abklärung der Sachlage ins Krankenhaus zu bringen. Offensichtlich, obwohl Patient und Familie sich das gewünscht hätten – und kein Revers unterschrieben, dass sie die Verantwortung für diese Entscheidung übernehmen.
Am Tag darauf vor der Haustür verstorben
Der 46-Jährige blieb daheim, die Rettung fuhr wieder ab. Am Tag darauf, als er sich gleich in der Früh zum Hausarzt aufmachen wollte, um sich untersuchen zu lassen, kam er gerade noch bei der Haustür hinaus. Dort brach er zusammen – und war tot. Er konnte nicht einmal mehr die Tür hinter sich schließen. Eine überaus tragische – und in den Augen von Familie und Freunden – vor allem vermeidbare Wendung. Der 46-Jährige hinterließ eine Frau und zwei erwachsene Kinder.
Das sieht der Strafrichter ähnlich: Er verurteilte den Rettungssanitäter wegen grob fahrlässiger Tötung zu fünf Monaten bedingter Freiheitsstrafe und zu einer zusätzlichen Geldstrafe. Der Zivildiener bekam wegen fahrlässiger Tötung drei Monate bedingte Haft. Beide wurden außerdem zur Zahlung von insgesamt 11.000 Euro Trauer-Schmerzengeld für die Witwe und die beiden Kinder verurteilt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig – beide meldeten nach der Urteilsverkündung drei Tage Bedenkzeit an. Die Staatsanwaltschaft gab keine Erklärung ab.
Ja, Als Zivi / RS würde ich das nie machen. Wie gesagt, siehe Halmich, für RS ist das kein Mittel. Aber RS sollten ja auch nicht auf Notfälle fahren…
Und eine Beinvenenthrombose zu belassen, dazu brauchts viel Dummheit und eine ordentliche Portion „Eier“. Das würde ich never ever machen.
Leider ist der konkrete Fall hier wieder ein systematisches Problem für das es jetzt wieder zwei Bauernopfer gibt. Natürlich kann man ganz direkt den zwei Kameraden einen Vorwurf machen, aber eigentlich sitzt das Problem viel tiefer.
Ohne jetzt die genauen Zeiten zu kennen kann ich mich doch an meine RS Ausbildung erinnern und weiß das so eine "Kleinigkeit " wie eine TVT in der Ausbildung nur ein paar Minuten dauern.
In dem Artikel klingt es so als hätten sie zwar mit der Thrombose die richtige Diagnose erraten, waren sich aber deren Bedeutung offensichtlich nicht bewusst.
Wenn man also eine Diskussion zum Thema Belassung JA/NEIN führen will, muss man vorher bei einer sicheren Patientenbeurteilung ansetzen.
Und solange ein akzeptabler RR, HF & SpO2 reichen um den RS glauben zu lassen das mit dem Patienten alles in Ordnung wäre*, sind wir von so einer Diskussion leider sehr weit entfernt
JA, das habe ich in OÖ persönlich schon öfters erlebt das Kameraden z.b. bei einem kaltschweißigen Patienten mit Druck auf der Brust ein NEF stornieren wollten, weil die Werte ja eh passen.
Ein solcher Patient braucht ein EKG um Abzuklären was es ist. Am Ende hast Du Recht. Es ist ein systemisches Problem. RS werden vor allem vom RK für Notfälle verwendet. Diese können Sie aber mangels Ausbildung und Erfahrung nicht managen. Aber sie sind Billig und kosten so gut wie nichts.
Ich weigere mich dennoch dieses Thema am Geld aufzuhängen, denn in Wien funktioniert das System. Und da operieren neben der MA70, welche Steuerfinanziert ist auch Samariter, SMD, GK, RK, Malteser und die Johanniter. Und alle 6 schaffen es RTWs zu stellen und können diese auch finanzieren und so ausstatten, wie es das Wiener Rettungsdienstgesetz vorschreibt.
Hier geht es ausschliesslich um das RK welches in der Stmk und OOE eben sehr dominant ist und sich alles und jeden „fördern“ lässt. Hier geht es um Geld, Macht und Einfluss. Es ist kein finanzielles Thema. Wenn man wollte, könnte man. Man will aber nicht, da man dann die Freiwilligen vergrämen würde.
In Wien ist die Dichte der Krankentransporte (kürzere Transporte, höhere Anzahl) aber auch deutlich höher und das finanziert den RD schlussendlich. Der RD ist so wie es aktuell ausschaut nicht mal kostendeckend.
Und du vergisst, dass jeder LV in jedem Bundesland zu unterschiedlichen Sätzen kompensiert wird (Landesrettungsgesetz). Von daher kann man das nicht so einfach vergleichen.
Nein, das kann ich nicht bestätigen.
In Wien werden pro Tag von einer Mannschaft maximal 5-8 (Im Durchschnitt 6) Transporte / Einsätze gefahren.
Am Land oder in kleinen Städten sind es 10-12. (Beispiel OOE, Wels, Grieskirchen, Eferding, Linz… alle in diesem Rahmen.
In OOE bekommt das RK pro Einsatz EUR 51,00 von der KK + Rettungsschilling(euro) der Gemeinden sowie Landes und Bundesförderungen für fast alles was Sie machen + werden Sie für jeden Anruf in der Leitstelle bezahlt.
Hat eher Gründe dass die Rettungsleitstelle gerne mal ziemlich an Stress macht, wenns wieder hoch hergeht und gewisse Kollegen, auch beim asb und Co, gerne mal den Status zum AO drinnenlassen um sich noch was zum Essen zu holen bzw 2-3 Zigaretten rauchen.
Ist halt für die Leitstelle und anderen RTWs und NkTWs bisschen unfair gegenüber.
Fahre jetzt auch schon eine Weile RTW in Wien. Ich kann das nicht bestätigen. Wir brauchen bei jedem Patienten halt auch ca. 20-30 Minuten. Geht alles nicht so fix. Und KTWs werden auch nicht von unserer Leitstelle disponiert. Ist glaub ich eher ein Internes Thema?
Nochmal kurz zum Thema Belassungen zurückzukommen: gibts in euren LVs oder anderen Organisationen klare Vorgaben zum Thema Belassungen? (oder ein striktes Verbot wie in OÖ)?
In der Steiermark, so kommt mir vor, wir halt tatsächlich nach Lust und Laune belassen. Macht jeder der sich das zutraut. Geht oft gut, aber wie man sieht kann komplett auch komplett schiefgehen.
Das man beim Patienten natürlich braucht ist mir eh klar, geht eher um Situationen wie du stehst im Spital und der Dispo sagt dir, daß kein weiterer RTW gerade in der Nähe deiner Position ist während 2 Gmoa RTWs entspannt rauchen.
Abks/ABDs werden schon ueber die Rettung disponiert, interne KTWs nicht. Das ist korrekt.
Beim ASB Wien ist das eine bisschen diffuse Situation und man muß die verschiedenen Aussagen da voneinander trennen.
Ansicht vom ABZ-Wien (Theorie):
Ein normaler Rettungssanitäter, so wird das den Kollegen im ABZ auch gesagt, soll niemals eine Reversbelassung ohne Notarzt machen. Begründung davon ist, daß die Kollegen aufgrund ihrer Ausbildung nicht erkennen würden, wenn ein Patient tatsächlich kritisch ist.
Ansicht der ASB internen Leitstelle:
Im Falle einer Reversbelassung muss mit der Leitstelle zuvor Rücksprache gehalten werden und auch gut begründet sein, warum belassen wird. Wenn die Leitstelle bedenken äußert, ob eine Reversbelassung sinnvoll ist fordern manche Dispos ein NEF nach. Diese sollen dann die Entscheidung diesbezüglich abnehmen.
Wobei erwähnt werden muss, daß mir nur ein Fall diesbezüglich bekannt ist und das eine sehr gute Entscheidung war, da der Patient nachher, auf Anweisung vom Notarzt, doch hospitalisiert werden musste.
Bei Hauptamtlichen Kollegen wird das auch nochmal in dieser Einschulungsmappe explizit festgehalten, das eine Belassung auf eigene Faust nicht stattfinden soll. (Version: 2018)
Bei ABK/ABD und ABZ/ABD Diensten ist das Beispielsweise dem ASB wieder egal, da die Autos für die 70er Leitstelle fahren.
Nicht dein ernst oder? Sinnlosere NEF Ausfahrten kann man nicht generieren oder? Werd ich mir vom Dispo, der gar nicht vor Ort ist, dreinreden lassen ob ein Patient belassen wird. Soweit kommts noch.
Mal ganz davon abgesehen, dass entscheidungsfähige Patienten auch vom NEF nicht gegen deren Willen (Revers)mitgenommen werden dürfen. Egal wie kritisch der Patient ist.
Patientenentscheidungen sind zu akzeptieren. Auch wenns unvernünftig ist.
Wobei wir evtl. die Begrifflichkeiten klären müssen.
Revers → Pat. soll laut RD mit ins KH. Pat. will aber nicht.
Belassung → RD entscheidet Pat. nicht mitzunehmen.
Eine „Reversbelassung“ wie du schreibst, kann es an sich nicht geben. Auch wenn sich viele bei einer eigentlichen Belassung einen Revers unterschreiben lassen.
Also meiner Meinung nach sollte eine Belassung möglich sein.
hier ein Beispiel, warum ich dieser Meinung bin.
Ist schon länger her…
Bekommen einen Auftrag „Fussverletzung“
Einsatzort: Diskonter, ca. 5 min von Dienstelle entfernt.
Diagnose ( Terminal ) Fussverletzung
Waren bei der Alarmierung noch unterwegs.Patient fuhr selbständig mit dem Fahrrad zur Dienststelle ( vom eigentlichen Einsatzort: Diskonter )
Beim Eintreffen am EO ( Dienststelle ) wartete der Patient bereits auf uns.
Unfallgeschehen: Mit großen Zeh beim einer Stufe hängengeblieben. Nagel steht ab, Schmerzen nicht wirklich. „nur bissal“
hier einen Arzt ( nur NEF verfügbar ) anfordern, dauert mininum 17 Minuten. Also muss ich den „Patient“ mitnehmen, Auch wenn dieser lt. eigenen Aussagen einfach nicht in die Spätschicht will…
Genau, ich red hier nicht von Reversen (Pat. soll von uns aus ins KH, will aber nicht) sondern echt von Belassungen.
Pat. will ins KH oder weiß es nicht genau - und wir entscheiden: nein, wir transportieren nicht.
Kommt wie gesagt nicht so selten vor, gibt aber keine klaren Richtlinien.
Geht oft gut und ist auch angebracht, bei Kollegen mit viel Ausbildung und Wissensstand.
Aber manchmal krieg ich Geschichten mit da stellen sich mir die Haare auf.
Leoben überrascht mich gar nicht.