In letzter Zeit kommen mir Online immer wieder Diskussionen und Fallberichte zur Double Sequential Defibrillation und Vector Change bei Patienten mit refraktärem Kammerflimmern unter – also Verwendung von zwei Defis bzw. Alternieren der Platzierung der Defi-Elektroden.
Nach dieser Studie (https://www.nejm.org/doi/full/10.1056/NEJMoa2207304) aus Kanada die 2022 positive Resultate gegenüber herkömmlicher Defibrillation zeigte, gibt es jetzt eine zweite Publikation mit weiterer Datenauswertung aus der gleichen Kohorte (Redirecting).
Gibt es im Forum jemand mit Anwendererfahrung bzw. würdet ihr die beschriebenen Strategien bei einer CPR in Erwägung ziehen? Wird durch die Ausbildungsabteilungen eurer Organisationen viel Augenmerk auf die Elektrodenplatzierung gelegt oder gelehrt, dass diese angepasst werden soll/kann?
Eine Alternierung der Elektrodenposition würde ich bei zukünftigen CPRs nach dem 3. Schock in Erwägung ziehen. Die Verwendung von zwei Defis ist wohl etwas, dass eine manuelle Defibrillation voraussetzt, das Team vorher geübt haben sollte und durch einen Algo der Organisation abgedeckt sein sollte.
Ich würde mir für bewusstes abweichen von klaren Vorgaben (Positionierung der Elektroden) eine sehr gute Grundlage suchen. Eine solche wäre für etwa eine Empfehlung des ERC.
Was zwei Defis gleichzeitig kleben und schocken betrifft: Off Label use des Gerätes, und auch Schäden an der Geräten beschrieben- Finger weg!
Nachsatz nach nachschau bei ERC
erwäge anterior/posterior bei refraktärer VF
Keine Double Sequenz außerhalb vom studiensetting
Damit ist die Frage für alle die nach erc arbeiten ( wollen) beantwortet
Guidelines hängen aktueller Forschung hinterher - das ist immer so. Double Sequence Defibrillation hat sehr gute Daten beim refraktären Kammerflimmern und ich als Arzt würde mir einen 2. Defi nach 3 Schocks ohne ROSC organisieren. Den Satz „Damit ist die Frage für alle die nach erc arbeiten ( wollen) beantwortet“ kann man so nicht ganz stehen lassen.
Dann organisiere dir das- und sei dir bewusst das du dich außerhalb der Guidelines bewegst und in diesem Fall gegen eine klare Empfehlung des ERC handelst
ILCOR - also die weltweit gültigen CPR Guidelines haben dazu folgenden Satz drinnen (2023):
2023 Treatment Recommendations
We suggest that a DSED strategy (weak recommendation, low-certainty evidence) or a VC defibrillation strategy (weak recommendation, very low–certainty evidence) may be considered for adults with cardiac arrest who remain in VF or pulseless ventricular tachycardia after ≥3 consecutive shocks.
If a DSED strategy is used, we suggest an approach similar to that in the available trial, with a single operator activating the defibrillators in sequence (good practice statement).
Und ich bin selber ERC Instructor - nur weils im ERC AKTUELL! nicht drin steht, heißt das nicht, dass es für ein gewisses Patientenklientel keinen Benefit hat und schon gar nicht, dass es verboten ist!
(…)With numerous case reports and some observational studies, ILCOR reviewed the efficacy of this technique and based on very low certainty evidence made a weak recommendation against the routine use of a double sequential defibrillation strategy in comparison with standard defibrillation strategy for cardiac arrest with a refractory shockable rhythm.
Ich seh’s auch wie 14G und würde außerhalb eines Studiensettings nicht von gültigen ERC-Guidelines abweichen. Es gibt einen Grund warum Guidelines ein KONSENS-Paper aus mehreren Studien sind, sie bieten damit im Vergleich zu einzelnen Studien einen umfassenderen und ganzheitlichen Blick auf ein Topic.
Im Laufe meiner Karriere gabs immer wieder heiße Themen in der Reanimationsmedizin, die „ja so evident sind, die kommen fix in die nächsten Guidelines, kann man also bereits jetzt machen“
Vasopressin, damals als ich angefangen hab
Schockabgabe unter HDM mit zwei Handschuhen als ausreichenden Schutz, vor einigen Jahren
Komplettes Abdrehen der Mund-zu-Mund-Beatmung, geistert seit 10 Jahren herum
Verlängerung der Ratio von Herzdruckmassage:Beatmung in Richtung HDM, ebenfalls seit vielen Jahren („kommt fix in den neuen Guidelines“)
Das nur als Auszug dessen, was mir erinnerlich ist.
Und was kam: Nix. Weils nicht ausreichend Daten dafür gab/gibt, dass allumfassend in Guidelines reinzuschreiben. Also der Punkt „Jetzt stehts halt nicht drinnen weil die Guidelines hinten nachhinken und kommt schon noch“ ist argumentativ schwierig. Lieber warten, bis es dann tatsächlich drinnensteht.
Mir würde die Verwendung von 2 Geräten das meiste Kopfzerbrechen bereiten.
Wenn nicht die Elektroden diskonnektiert sind, würde ja beim Schock auch Energie zum nicht aktiven Gerät fließen. Möglicherweise ist es dann nicht mehr einsatzbereit, muss zum Inverkehrbringer gesendet werden?
Ohne die Hardware der Hersteller genau zu kennen, sage ich jetzt einfach mal, dass die EKG Eingänge beim Schock abgeschaltet werden können, bzw. intern so geschalten werden können, dass die Überspannung abgeleitet wird.
Wenn ein „fremdes“ Gerät reinschießt passiert das natürlich nicht.
Man muss immer im Hinterkopf behalten das im schlechtesten Fall dann beide Defis defekt sind. Deswegen würde ich es außerhalb eines Studiensettings nicht machen.
Ich finds aber grundsätzlich gut, dass sich wieder etwas mehr tut in Sachen Forschung. Wie man mittels tranösophagealen Echos während CPR gesehen hat, gibts noch einiges an Potential für Optimierungen.
@ERC-Instruktoren
Ist ein IP tatsächlich die einzige Möglichkeit als Instruktor in Erwägung gezogen zu werden?
Ich würde sehr gerne im ALS Bereich als Instruktor tätig werden.
Ich war wohl, wie ich das mitbekommen hab, während des letzten EPALS „unter Beobachtung“ aber habs dann nicht bekommen. Vmtl. auch deshalb, weil mir in dem Bereich der berufliche Background fehlt.