Zu der Sache mit der klinischen Erfahrung.
Würdet ihr in ein Flugzeug steigen, das von einer Pilotin geflogen wird, die keine praktische Erfahrung hat mit Notfällen? Die noch nie einen Triebwerksausfall erlebt hat oder noch nie ein Engine Fire?
Ich bin jetzt schon lang im RD unterwegs und habe genau gar keine Erfahrung mit Ketanest. Vor allem deshalb, weil unsere NÄ immer Opiate verwenden. Anästhesie halt.
Fürchte ich mich deshalb vorm Ketanest? Fürchten nicht, gesunden Respekt habe ich schon. Aber wenn man sich die Literatur anschaut (z.B. hier), dann denke ich nicht, dass ich jemals klinische Erfahrung mit den Nebenwirkungen von Ketanest aufbauen kann - genauso wenig wie unsere Notärzte.
Ich habe auch noch nie einen Atemstillstand nach Benzogabe erlebt, und verwende es trotzdem gemäß meiner Vorgaben beim Krampfanfall.
Wenn ich Ketanest gebe, dann bereite ich mich mental darauf vor, was ich tue, wenn…
-) der Patient psychisch komisch wird (Midazolam)
-) aufs Midazolam atemdepressiv wird (Sauerstoff, Monitoring, wach halten, wenn alles nix hilft assistiert beatmen bzw. ein Flumazenil geben)
-) ihm fürchterlich schlecht wird (Ondansetron, Speibsackerl halten)
Diese drei Situationen kenne ich aus dem RD zur Genüge - halt nicht mit Ketamin.
Bei manchen Ansichten denke ich mir, dass ein bisschen die Perspektiventrennung fehlt. Wir sind keine Notärzte. Wir machen keine Narkosen mit Ketamin. Wir dosieren nicht nach Gefühl und Verletzungsmuster. Wir geben genau das, was auf der Tabelle steht. Hilfts, ist es gut. Hilfts nicht, muss ich mir was anderes überlegen. Das ist aus meiner Sicht etwas völlig anderes, als sich eine „freie Analgesie“ zu überlegen und diese dann anzuwenden.
An die skeptischen Kolleginnen und Kollegen: bitte erklärt mir, warum aus eurer Sicht diese „klinische Erfahrung mit Ketamin“ so wichtig sei. Was meint ihr damit genau? Dass man das so oft gegeben haben muss, um Nebenwirkungen erlebt zu haben?