Während Volksanwalt Achitz noch klarstellt man könne den Einsatzkräften keinen Vorwurf machen, spricht Rechtsanwalt Wolfram Proksch sehr wohl von möglicherweise strafrechtlichen Vorwürfen den Einsatzkräften gegenüber. Bin kein Jurist, meine Meinung sollte sich daher in Grenzen halten aber ist das nicht bisschen eine sehr schiefe Optik wenn die Aussage genau von dem Anwalt kommt der die Entscheidung zum Sterbeverfügungsgesetz beim VfGH erwirkt hat? Die Schwächen und fehlende Regelungen sollte er kennen?
Hmm..
Die Situation muss wohl ziemlich unklar / unübersichtlich gewesen sein. Ich kann mir absolut nicht vorstellen, dass bei klarer Sachlage die Sanis / der Notarzt weiter reanimiert hätten.
Mal zu reanimieren, bis der Sachverhalt geklärt ist, ist sicher legitim.
Dass die Polizei auf diese Situation evtl. nicht geschult wurde, halte ich für absolut möglich.
Bei uns ging vor inkrafttreten des Serbeverfügungsgesetzes ein Dokument raus, in dem div. Situationen beschrieben (z.B. unabsichtliches erbrechen des Barbiturats, nicht vollständige Einnahme, Meinungsänderung des. Pat. nach einnahme) und handlungsempfehlungen dafür herausgegeben wurden.
Zum Glück für die Patientin, war die Reanimation erfolglos. Nicht auszudenken, wenn sie mit ROSC eingeliefert werden würde und dann an Maschinen hängend weiterleben müsste ohne Möglichkeit ihren Sterbewillen äußern zu können.
Ich sehe die größte Schuld bei der „Freundin“ die alarmiert hat. Wenn sie doch ihr gegenüber SELBST klar den Sterbewillen geäußert hat.
Hier steht zB auch, dass der Mann nicht nur auf die Sterbeverfügung hingeweisen hat, sondern diese auch übergeben.
Bei Patientenverfügungen ist die Lage ja im Grunde genauso - es wird erst einmal reanimiert und dann das Dokument geprüft, dann wird abgebrochen (oder weitergemacht). Und das wird (meines Wissens nach) auch genau so gelehrt.
Umgekehrt wird ja ein Schuh draus, wenn der Angehörige dann ruft „Nein, die Mama hat aber eine Sterbeverfügung!“ und das ungeprüft hingenommen wird - da kann durchaus Schindluder damit getrieben werden, das kann nicht der Sinn der Regelung sein.
Von daher sind die „strafrechtlichen Konsequenzen“ reichlich aus der Luft gegriffen und wohl auch deshalb so vage formuliert: welche genau sollen das sein?
In dem Fall sehe ichs noch etwas einfacher.
Weil niemand hat ein Fläschchen Barbiturate einfach zuhause rumstehen.
Wenn der Patient das Mittel genommen hat, dürfte die Situation wohl schneller klar sein, als ich die Defipads ausgepackt habe. Dafür muss mir der Angehörige eig. nur das Fläschchen zeigen.
Zu den strafrechtlichen Konsequenzen. Naja.. Wo war der Schaden? Der Suizid wurde schlussendlich ja nicht verhindert.
Zivilrechtlich kanns evtl. schon auf Schadenersatz rauslaufen. Also wenn meine Partnerin friedlich mit meiner Begleitung aus dem Leben scheiden will und das auf diese Weise gestört wird, kannst dir sicher sein, dass ich da Klagen werde.
Da hast du recht, aber das ist doch genau der Punkt: ich komme zur Reanimation, der Angehörige zeigt mir ein Medikament, das ich nicht kenne, und ich soll deshalb nicht reanimieren? Das kann nicht sinnvoll sein, das öffnet Missbrauch Tür und Tor. Ungeprüft Angaben von ebenso in der Wohnung Anwesenden glauben, wenn es um einen solch hohen Einsatz geht, kann nicht angehen.
Bei einem solchen Fall muss früher angesetzt werden und es gar nicht zum Notruf kommen (wenn alles glatt läuft). Dass hier eine Freundin angerufen hat, ist ja das eigentliche Problem.
Zum Rechtlichen: da fehlen wichtige Details, wie zB Gesamtdauer der CPR bis zum Abbruch usw. Ich kann hier keine Schädigungsabsicht oder schuldhafte Handlung erkennen.
Waere es möglich dieses Dokument zu teilen?
Naja.. Als Sani das Medikament nicht zu kennen ist definitiv keine Ausrede die man gelten lassen kann. Sorry.
Aber du hast recht. Viele Infos fehlen. Vll. gings ja eh nur 2-3 Minuten bis es geklärt wurde.
Ich versteh halt nicht wieso in solchen Situation überhaupt der RD kontaktiert wird. Ist ja aufgelegt das da was unternommen wird, und ich traue mir nicht zu da rasch ein klares Bild zu bekommen. Ausgenommen natürlich irgendwas geht schief. Da gehen die Leute den ganzen Weg um ihre „Freiheit“ zu erlangen und unterwegs spricht niemand darüber was nach dem Tod passieren wird ( Beschaudienst, Bestattung usw ) und eben NICHT 144.
Nein. War ein internes Dokument und das habe ich inzwischen schon gar nicht mehr.
Unterm Strich kann man es zusammenfassen, dass der Wunsch des Patienten respektiert werden muss und solange nicht dem Sanitätspersonal die Meinungsänderung mitgeteilt wird (vom Pat. selbst) Hilfe zu unterlassen ist.
Im Zweifelsfall einen NA beiziehen.
§110 StGB. Eine Sterbeverfügung stellt einen Patientenwillen dar.
Wir fallen da auf Anhieb etliche strafrechtliche Handlungen ein. Ich kenn die genauen juristischen Begriffe nicht, aber es wird wohl Körperverletzung, Zwangsbehandlung, Störung der Totenruhe, Nötigung usw usw sein.
Also ich habe jetzt nochmal in meinen Ausbildungsunterlagen nachgesehen. Die Herangehensweise in NÖ ist hier eig. auch recht klar und wurde grob bereits geschrieben.
Solange eine Sterbeverfügung vorliegt ist der Patientenwille unbedingt zu respektieren - auch wenn es z.B. noch Lebenszeichen gäbe.
In allen unklaren Fällen sind aber - wie immer - Lebensrettende Sofortmaßnahmen zu setzen.
Ich finde wir wissen einfach zu wenig über die Situation vor Ort und den genauen Handlungen der Teams um das beurteilen zu können.
Und bis dieser vor Ort ist, abwarten und Tee trinken ? Wenn ich mir nicht 101% sicher bin, führe ich als „einfacher Sani“ die Reanimation doch zumindest bis zum Eintreffen des NA fort ?
Wenn der NA dann vor Ort 30 Minuten werkelt bevor er sich überzeugen lässt dass eine Rea wegen dem Patientenwunsch nicht gerechtfertigt ist, klar, da seh ich einen Fehler beim NA. Nachdem wir in dem konkreten Fall ja nicht wissen nicht wie lange reanimiert wurde, trau ich mich darüber jetzt nicht weiter zu urteilen, aber zumindest bei der Besatzung vom RTW seh ich persönlich kein Fehlverhalten*. (Basierend auf meinem Ausbildungsstand, evtl. fehlen mir hier auch infos aus weiterführenden Ausbildungen oder spezifische Regelungen aus Wien)
Lasse mich aber gerne eines Besseren belehren!
*das war eventuell voreilig geschrieben, nachdem die situation doch eine recht Komplexe ist und ich hier zu wenig wissen hab, ist die Beurteilung hier retrospektiv nicht sinnvoll.
Da das Präparat eingenommen wurde darf davon ausgegangen werden, dass eine gültige Sterbeverfügung vorliegt. Eine Ausgabe des Präparat erfolgt durch die Apotheke nur bei Vorlage einer gültigen Sterbeverfügung.
Laut Bericht der Volksanwaltschaft wurde die Sterbeverfügung auch mehrfach vom Angehörigen vorgezeigt.
Generell finde ich den Bericht der Volksanwaltschaft gut, hier eine Nachbesserung in der Schulung der Einsatzkräfte zu fordern und keine strafrechtlichen Maßnahmen.
Wie so oft könnte die Digitalisierung hier das Leben vereinfachen. Patientenverfügung und Sterbeverfügung im ELGA speichern (bei der Patientenverfuegung wird das mW schon gemacht). Ecard als RD einlesen und es geht ein Fenster mit „aufrechter xy Verfügung zu folgenden Maßnahmen“ auf…jaja man wird ja noch träumen dürfen
Da bin ich ganz bei dir. In unserer Information wird aber eingeräumt, dass nach der Einnahme des Präparats absichtlich erbrochen werden könnte um den Tod zu verhindern. Es könnte auch sein, dass nicht das ganze genommen wurde, usw.
Ganz so einfach wird es leider nicht immer sein.
Das sind sicher schwierige Situationen und in dubio pro vita
Ja und in dubio-pro -ich -will -als -„Hilfsarbeiter“ mir keine -Klage- wegen -unterlassener -Hilfeleistung- einfangen, weil wieder irgendwer irgendwas irgendwie anders sieht. Und dann steht keiner hinter dir
Oida… eine weitere Situation in der ich nicht sein möchte..
Das Problem das ich da immer wieder für mich persönlich sehe, ist dass ich nicht das notwendige Wissen habe, ein so ein Dokument auf Echtheit zu prüfen. Klar in Kombination mit dem Präparat, wenn es offensichtlich korrekt eingenommen wurde (kein Erbrechen etc.) - dann lass ich mir das noch einreden, je nach Setting.