Verwendung Lucas oder Corpuls CPR

Rein hypothetisch gesehen - wäre es rechtlich möglich für ein RTW Team bei Vorhandensein der personellen Ressourcen und Vorhandensein eines automatischen Reanimationsgerätes (und der vorangegangenen MPG Einschulung) dieses im Zuge der CPR ohne einen Notarzt anzuwenden??

warum nicht, wenn man darauf eingeschult ist? Ich sehe hier eher das Problem der Verfügbarkeit.

Spricht lt. SanG nix dagegen. Damals gab’s auch noch keine mechanischen Reanimationshilfen.
In Wien, seit die FISUs Autopulse bzw. Lucas mitführen, schon oft vorgekommen, das er ohne Anwesenheit eines Arztes Verwendung fand.
In den Ma70 SOPs Erwähnung findet die mechanische CPR Unterstützung zum Einen beim Materialmanagement, dass das ersteintreffende Fzg. ihn bei anzunehmender CPR mitzunehmen hat und bei bei Transp. unter CPR zu verwenden ist. Keine Vorgaben wer und welches Fzg. ihn anlegen kann und soll.

Rechtlich überhaupt kein Problem. Zumal die maschinelle CPR auch eine qualitativ und konstant gute Kompression erzeugt. Leider fast nirgends auf RTW und auch selten auf NEF mitgeführt.

Das ganze wird sehr kontroversiell Diskutiert. Es gibt ein paar Studien darüber. Eine möchte ich hier zitieren, da Sie die meistdiskurierte ist. Lucas scheint da das beste mechanische Device zu sein, so lange er nicht verrutscht und viszerale Schäden verursacht.

(Kosten RW et al. Safety of mechanical chest compression devices AutoPulse and LUCAS in cardiac arrest: a randomized clinical trial for non-inferiority. European Heart Journal (2017) 0, 1–8. doi:10.1093/eurheartj/ehx318)

Dabei sind folgende Aussagen getroffen worden.
Folgende Outcomes waren feststellbar (n=337):

Schwerwiegende Verletzungen viszeraler Organe erlitten:
12 der 103 AutoPulse-Patienten (11,6%)
8 der 108 LUCAS-Patienten (7,4%)
und 8 der 126 Patienten mit manuellen Thoraxkompressionen (6,4%).

Rippen- oder Sternumfrakturen erlitten:
47 der 103 AutoPulse Patienten (45,6%), davon 3 Sternumfrakturen
43 der 108 LUCAS Patienten (39,8%), davon 7 Sternumfrakturen
und 52 der 126 Patienten mit manuellen Thoraxkompressionen (41,3%), davon 5 Sternumfrakturen

Klar zuordnungsbare Todesfälle aufgrund von Verletzungen, die im Rahmen der Reanimation entstanden fanden sich in drei Patienten:
2 Patienten hatten beim LUCAS Leberrupturen mit Passivblutungen
und ein Patient, der mit AutoPulse-behandelt wurde hatte einen Spannungspneumothorax mit Luftembolie


Ich persönlich bin der Meinung, dass der LUCAS oder Autopulse in die Hand von Erfahrenen Leuten gehört, die das einfach täglich machen. Da gehört eine RTW Mannschaft, auch nicht bei der MA70 nicht dazu. Schon dazu gehören ein FISU und das NEF, da hier die Fallzahlen einfach stimmen.

Wenn eine mechanische CPR richtig verwendet wird, ist das schon eine gute Sache. Wenn das Device verrutscht, dann wird viel Schaden angerichtet. Eine manuelle CPR ist meiner Meinung nach zwar anstrengend für die Beteiligten, aber immer die Beste Wahl mit den geringsten viszeralen Schäden, weil halt auch nicht verrutschen kann. Hingegen wird ein Lucas oder Autopulse nicht müde und die CPR Qualität ist gleichbleibend.

Sehr gut zusammengefasst Kollege! – Ich bin ein großer Fan der Geräte, wenn man sie richtig einsetzt. Spätestes aber bei Transport gibt es für mich keine Alternative. Wenn es zu keinem Transport kommt, sind mir die Sekundärschäden allerdings auch egal.

Wenn der LUCAS so angewandt wird, wie es der Hersteller vorsieht, also inklusive korrekt angelegtem Nackengurt, dann ist die Wahrscheinlichkeit eines Verrutschens schon sehr gering. Wie es in der Praxis aussieht wissen wir… - sogar viele NA meinen dieser sei unnötig… Naja… und nachdem es ja viele Sanis nicht einmal schaffen die Gurte einer Fahrtrage richtig zu verwenden, muss man sich leider tatsächlich fragen, inwieweit man ihnen dann ein solches Device anvertrauen kann. (Empfehlung für eine Fortbildung für Gurtmuffel: man lege diese auf die Fahrtrage samt Stifneck und Helm → dann gibt es mal eine Vollbremsung aus 70km/h, wenn sie dann vorne im Kasten mit ihrem Helm einschlagen, wird es ihnen vielleicht bewusst, dass die Schultergurte schon ihren Sinn haben.)

Grundsätzlich allerdings bin ich der Meinung, das man dieses Device jedem entsprechend trainierten NFS durchaus anvertrauen kann. Leider mangelt es quasi in allen Organisationen inkl. MA70 an breiten entsprechenden Trainings zu selten angewandten Maßnahmen. Die entsprechenden Maßnahmen werden fast ausschließlich in den Ausbildungen behandelt und nahezu nie wieder trainiert. Die Ausbildungen hingegen beschäftigen fast nur mit Patienten und Notfällen die man so gut wie nie sieht, das alltägliche Geschäft findet fast gar nicht statt (was durchaus gefährlich ist, denn nicht alles was aktuell vitalstabil ist und unkritisch aussieht, kann trotzdem eine gefährliche Ursache haben → „Panikattacken“, „Kollapsgeschehen“, etc. → präklinische „Diagnosen“ die oft nur ein abschaßln sind jedoch ohne entsprechende Diagnostik so auch nicht wirklich feststellbar sind und in Wahrheit gefährliche metabolische, neurologische, kardiorespiratorische Ursachen haben können). Leider wird auch dies in Fortbildungen viel zu wenig behandelt.

Wo ich eher das Problem sehe ist: a) Wirtschaftlichkeit, es ist ein weiteres Device, das selten gebraucht wird, keinen absoluten Vorteil für den Patienten bringt und → b) der Einsatz zu zweit bei Aufrechterhaltung einer adäquaten BLS/ALS-CPR ohne relevante Hands-Off-Zeiten defacto nicht möglich ist und → c) bei allem anderen Equipment (Notfallrucksack, Defi/Monitor, O2, Absauger) von 2 Personen auch kaum mehr zum Patienten transportiert werden kann.

Es hat sich bewährt, nachdem Lucas korrekt platziert wurde, mit einem Edding um den Stempel herum einen Kreis auf den Thorax zu malen, so fällt ein Verrutschen sofort auf.
Ich würde bei Verfügbarkeit darauf zurückgreifen um weitere 2 Hände freizuspielen

Das Verrutschen fällt auf. Da der Stempel ja sich ansaugt und Spuren hinterlässt. Es wäre halt wirklich gut wenn immer Nachenband und Armbefestigung verwendet wird. In einem 2er Setting ist das Device einfach nicht brauchbar. Und wenn, dann sowieso nur in Wien und da sind immer binnen Minuten mindestens 5 Personen da, die sich beim Drücken abwechseln (Feuerwerker, Polizei, Lebensretter). Insofern sehe ich das Problem am RTW nicht.

NEF und FISU brauchen das Teil, da Sie tatsächlich am Tag 2-3 Reanimationen haben. Und die haben dann auch die Routine. Sind wir uns ehrlich. Auch am RTW in Wien hast Du nie die Fallzahlen um das richtig zu machen.

Was richtig machen-den Lucas korrekt anlegen?
Ich denke das angelegte Nackenband und Armbefestigung ist lt. Hersteller so vorgegeben und nicht optional, insofern zählt es zur korrekten Anwendung.

Als RTW? Einfach gar nicht machen. ALS ist im 2er Setting schon herausfordernd genug.
Der Lucas ist mit gutem Grund nur auf NEF, HEMS und FISU. Weil man im ALS Algorithmus als RTW weder Zeit, noch Ressourcen hat um das Device ordentlich anzulegen ohne dass die HLW unterbrochen wird.

Bitte einfach bei den ERC Guidelines bleiben. Hochwertige Thoraxkompressionen und keine Experimente.
Schnell Hilfe nachfordern. Diese Hilfe (NEF) kann dann mit 4 weiteren Händen das Device anbringen und den Transport so vorbereiten.

Lucas und Corpuls CPR haben nichts auf einem RTW verloren. Weils keinen Sinn ergibt.