Unkooperative Patientin nach Überdosis

Meiner Meinung nach hast du nichts falsch gemacht, Menschen dürfen unvernünftig sein.
Du weißt ja auch nicht, woran sie gestorben, eventuell etwas was garnichts mit dem Einsatz zu tun hat :question:

Wenn du jetzt eine Woche nach dem Einsatz noch immer mit dir haderst, solltest du mal mit dem PEER/SvE sprechen.

Psychohygiene ist eine sehr wichtige Sache. Im Leben schon mehrere Einsätze gehabt die mich (aus verschiedensten Gründen) belastet haben - das reden und diskutieren mit Kollegen hat mir sehr geholfen. Wenn es dir hilft hier zu schreiben, damit es dir besser geht dann lese ich das gerne, und auch noch viel öfter.

Schwer zu akzeptieren, aber das Recht auf Freiheit ist meist höher als das auf Gesundheit. Trinken, Rauchen, zuschnell Fahren - all diese (meist längerfristig) dummen Entscheidungen (und manche auch juristisch strafbare) Handlungen stehen uns in der Freiheit unserer Gesellschaft zu. Moralisch manchmal fragwürdig, aber ist nun mal so.

Man kann als RD keinen Suizid verhindern, man kann nur versuchen dem Menschen in einer schwierigen Situation zu helfen.

Ich kann dir hier nur meine Einstellung dazu erzählen - du kannst es für dich sehen wie du es möchtest: Ich kann dem Patienten in der Zeit die er bei mir ist (Quasi Eintreffen bis Übergabe KH) nach meinen Möglichkeiten optimal versorgen, das ist mein Ziel und meine Richtschnur - und daran werte ich mein Tun. Wenn ich ihm optimal nach meinen Möglichkeiten (RS, NFS, NA, Nachforderung wenn indiziert, …) helfen konnte dann ist meine Arbeit gut, wenn nicht dann nicht. Ich kann nicht ändern was vorher passiert ist (warum rauchen, warum zuschnell fahren, warum plötzlich aus heiterem Himmel ein STEMI, warum Überdosis) - und auch nicht was nachher passiert (guter Arzt im KH, vlt. spontane Gehirnblutung die auch ohne das passiert wäre, …).
Was ich damit meine: Ich kann mich nur selbst dafür verantwortlich machen, wo ich auch die Entscheidungsmöglichkeit hatte - und die sehe ich in deiner Schilderung nicht. Du hast die Situation erkannt, du hast sie zu einem Arzt/Krankenhaus gebracht.

Ich hoffe das hilft Dir etwas.

Kann es sein, dass das hier der Punkt ist, der dich im speziellen belastet? Dass du der Pat. wider besseren Wissens „geglaubt“ hast?

100%!
Jeder halbwegs erfahrene Sani weiß, dass das kein Versehen gewesen sein kann.

Ich hab’ den Eindruck, dass du trotz der Beteuerungen der Patientin genau wusstest was da abläuft.

Aber zu der Frage ob man was anders hätte machen können / sollen.
Im allgemeinen, ja. Nur auf euch bezogen, nein.
Die Frage ist erstmal warum die Polizei vor Ort keinen Amtsarzt verständigt hat. Das liegt in deren Kompetenz.
Wenn die Pat. wegen Psychosen amtsbekannt ist und auch eine psych. Betreuerin hat sehe ich in Kombination mit der Überdosis die Kriterien für eine Unterbringung nach UBG als gegeben.

Was im KH gelaufen ist ist wieder eine andere Sache. Auch dort darf man die Pat. ja nicht gegen ihren Willen festhalten.
Dort hätte man allerdings die Polizei und die den Amtsarzt verständigen müssen.

  • Die Patientin leidet an einer Psychischen Krankheit
  • Die Patientin gefährdet im Zusammenhang mit dieser psychischen Krankheit ihre Gesundheit/Leben ernstlich und erheblich. Diese Gefährdung besteht unabhängig davon ob die 10g Novalgin eingenommen wurden um sich das Leben zu nehmen oder eingenommen wurden weil die Patientin möglicherweise aufgrund ihres geistigen Zustandes nicht in der Lage ist zu erkennen, dass 20 Tabletten gefährlich sein könnten.

Somit wären meiner Meinung nach die Kriterien erfüllt.
Ich weiß das es durchaus Praxis ist dann ohne Polizei ins Spital zu fahren, wenn der Patient vollkommen kooperativ ist.
Gerade in Situationen wie dieser(Patient muss ins KH und es könnte schon ziemlich wahrscheinlich etwas passieren wenn er sich plötzlich umentscheidet und aussteigt) halte ich es für sehr angebracht wenn die Polizei den Transport begleitet.

Wie hätte deine Situation gelöst werden können:
Im Spital wieder Polizei nachfordern!
Angabe machen, dass die Patientin nach einer potentiell toxischen Überdosis das Spital gegen Anraten verlassen hat und das eine psychiatrische Erkrankung vorliegt.
Dann sollte die LPD zumindest an der Wohnaddresse der Patientin vorbeischauen und ggf eine Haustüröffnung und/oder eine Unterbringung veranlassen.
Ich sehe das Spital aber mindestens gleich in der Pflicht diese Meldung an die LPD zu veranlassen. Gerade nachdem ja bereits ein Patientenkontakt stattgefunden hat und die Patientin auch angemeldet wurde.

Ich weiß nur zu gut das sich die Polizei da oft quer stellt (gerade bei solchen anfänglich kooperativen Patienten oder wenn ihrer Meinung nach keine Selbst oder Fremdgefährdung vorliegt). Dann unbedingt gut dokumentieren. Ggf diensthabenden HIO in Kenntnis setzen.

[size=150]Danke das du uns über diesen Fall berichtet hast damit wir uns Gedanken darüber machen können wie wir solche Situationen in Zukunft besser abarbeiten können.[/size]

Ich empfehle weiterhin eine Einmeldung ins Field Safety Board Wien !

Menico, bei allem Respekt, diese Aussage ist nicht in Ordnung, da Du mir hier persönlich vorhältst kein „halbwegs erfahrener Sani“ zu sein und zudem auch weil Du die Umstände nicht kennst.

Ich habe nie davon geschrieben, dass es sich um ein „Versehen“ handelte. Sie hat die Tabletten mit der Absicht genommen Ihren Schmerzen Herr zu werden. Genau dafür hat Sie diese auch verschrieben bekommen.

Die Dame hatte 3 Katzen zu Hause und war enorm besorgt darüber, dass die Katzen über nacht alleine wären. Dies war auch einer der treibenden Gründe warum Sie wieder nach Hause gefahren ist. Von Seitens 2 Polizisten, 3 Sanitätern, davon einem NKV, der Betreuerin sowie 2 Ärzten, davon einem Oberarzt wurde KEINE suizidalen Absichten festgestellt.

NACHTRAG! - Die Patientin ist verstorben. Nach interner Rücksprache allerdings erst 3 Tage nach dem Vorfall und offenbar aufgrund einer anderen Thematik. - Ich habe deshalb den Threat umbenannt, da hier nicht mehr kausal davon ausgegangen werden kann, dass die Patientin aufgrund dieses Vorfalls gestorben ist.
Ebenfalls wurde der Fall juristisch beleuchtet. Die Dame war definitiv aufgenommen und hatte bereits eine Ambulanznummer. Damit waren wir für Sie nicht mehr zuständig. Die Aussage des OA, dass Sie das Problem des Rettungsdienstes sei, ist irrelevant und faktisch nicht belegbar. - Das KH hätte hier agieren müssen. Dennoch war die Geschichte sehr schwierig und es wurde ein CIRS Fall geöffnet um hieraus lernen zu können.

Das tut mir leid! Da hast du mich falsch verstanden. Das wollte ich damit nicht aussagen.

Das wäre eine intressante Info von Anfang an gewesen :wink:
Die Betreuerin wird sie wohl besser gekannt haben und die Situation wohl auch am besten eingeschätzt haben können.

Das Bild das du gezeichnet hast mit Pat. mit psych. Vorgeschichte + ganze Packung Novalgin lenkt das ganze schon stark in eine Richtung in der man sich fragt warum das UBG nicht zur Anwendung gekommen ist.

[size=150]NACHTRAG.[/size]

[b]Die Patientin ist verstorben. Nach interner Rücksprache allerdings erst 3 Tage nach dem Vorfall und offenbar aufgrund einer anderen Thematik. - Ich habe deshalb den Threat umbenannt, da hier nicht mehr kausal davon ausgegangen werden kann, dass die Patientin aufgrund dieses Vorfalls gestorben ist.
Ebenfalls wurde der Fall juristisch beleuchtet. Die Dame war definitiv aufgenommen und hatte bereits eine Ambulanznummer. Damit waren wir für Sie nicht mehr zuständig. Die Aussage des OA, dass Sie das Problem des Rettungsdienstes sei, ist irrelevant und faktisch nicht belegbar. - Das KH hätte hier agieren müssen. Dennoch war die Geschichte sehr schwierig und es wurde ein CIRS Fall geöffnet um hieraus lernen zu können.

Ich bedanke mich bei allen für den Input. Ich werde vom CIRS Fall hier noch berichten. [/b]

Nutzt bitte eure PEERs bei sowas, das ist eine richtige und wichtige Anlaufstelle bei jeglichem Einsatz der in welcher Form auch immer belastend ist oder war.

Welche psychische Krankheit war es denn?

Wieso weißt du, dass die psychische Krankheit Schuld war dass sie soviele Tabletten genommen hat?

Gibt genügend „normale“ Menschen, die Medikamente überdosieren, ohne einen suizidalen Hintergedanken. Nach dem Motto - viel hilft auch viel.

Unterbringung wäre allein deshalb nicht möglich gewesen, weil die Dame Vorrangig auf eine Überwachungsstation gehört hat und nicht auf eine Psych Abteilung. Zwangsweise kann man halt nur auf die Psych fahren.

Aus Post 0:

Wenn dies in der Gesprächsführung deutlich wird bzw erkenntlich ist das die Patientin ihren Gesundheitszustand aufgrund einer Beeinträchtigung nicht selbst einschätzen kann, dann ist für mich davon auszugehen.

Kein normaler Mensch nimmt 20 Novalgin. Da kommen selbst noch so dumme Menschen selbst drauf. Ich unterstelle hiermit offiziell jedem der 20x500 mg Novalgin an einem Tag einnimmt eine gewisse Beeinträchtigung.

Das muss die Polizei klären. Ggf muss eben ein Beamter bei der Patientin bleiben bis sie auf eine Psychiatrie transferiert wird bzw vom Konsilpsychiater begutachtet wurde.
Es kommt jeden einzelnen Tag in Wien mehrfach vor das ein untergebrachter Patient nicht direkt auf eine Psychiatrie verbracht wird sondern zB zuerst auf eine NFA oder eine Unfallambulanz(zB Intox oder Selbstverletzung). Das sagen dir sogar die Psychiater wenn man anruft und den/die Patientin ankündigt(in Wien so vorgesehen).
Es gibt Dinge die Auf der Psychiatrie nicht versorgt werden können.

Aber gut das über die Unterbringung nicht ich entscheide sondern der/die AmtsärztIn

heißt aber nicht dass solche Patienten nicht auch klare Phasen haben

kann denn ein Laie generell seinen Gesundheitszustand richtig einschätzen?

woher soll der Laie denn genau bescheid wissen? Ich hatte schon welche die ernsthaft dachten sich mit Parkemed umbringen zu können.

Nein das hat der RD bzw Arzt zu klären ob der Patient zuerst auf einer anderen Station als auf der Psych behandelt wird. Die Polizei fährt auch auf eine Unfall/Interne etc. mit, solange bis klar ist ob ambulant oder stationär. Aber auch dann ist dort keine Zwangsbehandlung möglich.

sagte ich ja… aber wie bereits erwähnt, zwangsbehandlung ist dort nicht möglich.

Darüber entscheidet kein Amtsarzt. Sondern eine Kommission. Der Amtsarzt entscheidet nur, ob die Vorraussetzungen für eine zwangsweise Vorstellung vor einem Psychiater gegeben sind. Ab 01.07 darf das auch ein Notarzt entscheiden.

Und warum soll das nicht gehen? Alles hat eine lethale Dosis. Sogar Trinkwasser.

Nur mal so ein Auszug aus der Packungsbeilage:

Ich weiß ja nicht wie du das siehst, aber wo ich Dienst mache ist Nierenversagen generell eher nicht so toll.

:unamused: :unamused:
Vgl. § 252 Abs 2 ABGB
Vgl. § 252 Abs 4 ABGB

Wenn der Pat. als „nicht-entscheidungs“ bzw. „nicht-geschäftsfähig“ (das sind unterschiedliche Dinge) eingestuft wird, ist sehr wohl eine Behandlung ohne Zustimmung (ugs. Zwangsbehandlung) möglich.
Und diese Entscheidung darf der behandelnde Arzt treffen.

ja aber nicht mit Hilfe der Exekutive. Diese hat dazu keine Berechtigung… Also wird es schon schwierig. Aber dann dürfte es ja auch keinen Revers geben…

Doch klar. Die Exekutive zieht den AmtsARZT bei. Der darf dann wieder entscheiden ob der Pat. entscheidungs- bzw. geschäftsfähig ist.

Nein sowas entscheidet kein Amtsarzt. Er entscheidet auch nicht über eine Zwangsbehandlung auf einer Chirurgie oder Internen. Das geht gar nicht…

Er entscheidet lediglich ob der Patient auf die Psych gebracht wird oder nicht….

Hätte mich jetzt auch gewundert wenn dich mal irgendwas von deiner Meinung abbringt. Wenn schon nicht die zitierten Gesetzespassagen dann doch wenigstens die Realität oder ein bisschen Hausverstand.

Der psychotische Patient mit der blutenden Schlagader wird von dir also direkt auf die Psych gebracht wo er dann gemütlich ausbluten kann. Ausgezeichnet! ???

Sinnerfassend lesen ist nicht so deines oder?! Der wird natürlich zuerst auf die entsprechende Abteilung gebracht.
Aber es ist halt ein Unterschied ob es sich um einen Patienten handelt der in einem psychotischen Schub drinnen ist oder ob es sich um einen ruhigen Patienten handelt der zwar eine psychische Erkrankung hat, aber momentan klar ist bzw. halt um einen „gesunden“ Patienten der trotz schwerwiegender Erkrankung/Verletzung jegliche Behandlung ablehnt.

Wobei der rechtlich korrekte Weg zuerst auf die Psych wäre und diese dann weiter entscheiden.

Das UBG sieht nunmal keinerlei Befugnisse für die Exekutiv, für eine Zwangsbehandlung irgendwelcher anderer Verletzungen/Krankheiten, außer der psychischen Probleme vor.
Du kannst ja gern selbst recherchieren um welche Delikte es sich handelt, wenn die Exekutive Dinge macht, die ihr gesetzlich nicht erlaubt sind.

Es gibt schlicht keine gesetzliche Grundlage für so ein Vorgehen für die Exekutive.

Dass der Ablauf täglich anders aussieht in Wien, darüber brauchen wir nicht diskutieren. Das geht aber auch nur solange gut, bis mal wieder was gewaltig schief geht. Siehe Stadtpark.

Mal abgesehen davon, dass auf der Psych Ärzte und diplomiertes Personal arbeitet, dass hoffentlich eine blutende Wunde versorgen kann. Aber wenn er die Fahrt bis ins KH ohne Versorgung der Wunde überlebt hat, dann auch hoffentlich auch im KH.

Weshalb ich dir auch ein anderes Gesetz als das UBG zitiert habe das in dem Fall zur Anwendung kommt ???

Kleinere Wunden sicher, ja. Größeres aber nicht. Zumindest in den Häusern die ich kenne arbeiten keine Gefäßchirurgen in der Psych.

Mal abgesehen davon, dass auf der Psych Ärzte und diplomiertes Personal arbeitet, dass hoffentlich eine blutende Wunde versorgen kann. Aber wenn er die Fahrt bis ins KH ohne Versorgung der Wunde überlebt hat, dann auch hoffentlich auch im KH.
[/quote]
Meiner Erfahrung nach ist das Personal auf der Psych schon mit einer Schürfwunde überfordert, denn diese gehört unfallchir. abgeklärt. Oder „Was, er hat 110 Frequenz, das muss intern abgeklärt werden.“ Ein Schelm wer denkt die Schürfwunde sei der willkommene Grund den Patienten abzuschieben und sich für nicht zuständig zu erklären

Liest du denn auch was ich schreibe?! In den von dir zitierten Gesetz, steht nichts davon, dass die Polizei es mittels Zwangsgewalt durchsetzen darf.
Falls du es nicht wissen solltest, die gesamte staatliche Verwaltung darf nur aufgrund von Gesetzen ausgeführt werden.
Sprich die Polizei darf nur dort mit Befehls- und Zwangsgewalt vorgehen, wo es ihr auch erlaubt ist. Wenn ich es richtig im Kopf habe, dann gibt es das im gesamten ABGB nicht.

Das muss dann intern geklärt werden. Die gesetzliche Befugnis der Exekutive endet mit der Übergabe auf der Psych.