SanG Reform

Unbedingt! Ich bin ein absoluter Fan von innerklinischer Ausbildung und hätte gerne sehr viel mehr davon gehabt.
Auch den praktischen Umgang mit Medikamenten erst mal in kontrollierter Umgebung erfahren zu können wäre meiner Meinung nach wichtig.
Erst wenn man mal gesehen hat, was zum Beispiel 5mg Ebrantil auch „anrichten“ können, hat man auch den entsprechenden Respekt davor.

Das sehe ich im urbanen Bereich möglich und sinnvoll, aber am ländlichen Bereich wirds damit schwierig werden.
Damit für Notfälle solche Autos verfügbar sind, muss ich sie ja entsprechend vorhalten. Sagen wir für eine Bezirksstelle in Hintertupfing brauche ich dann ja 2 solche Autos. Weil wenn einer fährt ist der mal für 1-2 Stunden belegt. Dann müsste ich den nächsten Notfall ja wieder mit einem „KTW“ beschicken oder mit einem weiter entfernten Auto (welches dann dort fehlt).
Dann hast du zwei Autos, die vmtl. die meiste Zeit nur „herumstehen“. Ökonomisch ein absoluter Horror.
Oder du arbeitest mit Gebietsabdeckungen. Was aber für EA ein absolutes KO Kriterium ist.

Das lässt sich ganz einfach lösen:
KTW, B-KTW, ATW, BTW, etc. Muss ich nicht in jedem Dorf haben. Sie sind nicht Teil einer Notfallvorhaltung und müssen somit nicht Taktisch in der Fläche verteilt sein. Ihre Anfahrtszeiten sind kein kritischer Faktor und in den meisten Fällen auch planbar. Außerdem sind diese Fahrzeuge ohnehin seltener am Stützpunkt und viel höher ausgelastet.
Somit spricht bei solchen Fahrzeugen nichts gegen einen zentralen Flottenstützpunkt.

Solche Sachen muss man wohl individuell auf die Ortschaften regeln, je nach Einsatzzahlen und Transportdauer, aber wenn man als „ALS-RTW“ ausrückt und dann doch was weniger dramatisches vorfindet, spricht ja auch nix dagegen, sich einen „BLS-KTW“ zum Abtransport nachzufordern, damit das Gebiet versorgt bleibt. Bei 2 parallel stattfindenden ALS Events muss dann halt leider einer warten oder wenn vorhanden vom NKTW erstversorgt werden. Es braucht zwar eine gewisse Redundanz im Rettungswesen, aber unendlich viele Ressourcen kann man auch nicht vorhalten (und bei NEF ist es z.B. auch so, dass man manchmal in „Nachbarbezirke“ muss, weil das zuständige NA-Mittel belegt ist).

Ich will drauf hinaus, dass man vermeiden muss „britische“ Verhältnisse zu bekommen.
Es kommen zwar top Paramedics zum Einsatz, aber halt erst nach sehr langer Wartezeit.
Einen Mittelweg zu schaffen, ohne dass kreative LVs da wieder „kostenoptimiert“ operieren wird vmtl. nicht so einfach werden.
Vor allem im Hinblick auf den Föderalismus und die Lobby des größten Players.

In zig Ländern versucht man gerade wieder mit viel Geld und Mühe diese „Basis-Ebene“ einzuführen.

Wir dürfen bei aller liebe zur hochtrabenden Notfallmedizin nicht vergessen, dass unsere RS auch im Bereich der Notfallrettung manche Dinge ganz hervorragend machen:

-) auch in ruralen Gegenden schnell da sein
-) drücken, schocken und meist auch besser Luft reinblasen als untrainierte Ersthelfer
-) schauen was los ist und Rückmeldungen geben

Es wäre im Sinne der Patienten, wenn man diese Vorteile nicht zerstört. Wenn ich einmal vom Klo nimmer aufstehen kann und auf die Rufhilfe drücke möchte ich ungern 8 Stunden auf Bachelor-Sanis warten… da nehm ich lieber nach 10 Minuten meine 2 RS. Genauso sind 2 RS nach 5 Minuten beim Kreislaufstillstand deutlich besser als wenn zwar ein ALS-fähiges Fahrzeug kommt, aber das erst nach 10 Minuten.

Das sehe ich auch so.
Unabhängig davon weiß ich auch nicht ob es so sinnvoll ist in Zukunft auf eine dreijährige Vollzeitausbildung zu setzten ala Deutschland, wo 21jährige völlig unerfahrene NotSan rauskommen, oder vll doch den modularen Aufbau der Ausbildung irgendwie beizubehalten.

Weil wir da grad bei wünsch dir was sind, folgende Idee wäre meine:
RS in der dzt Form annähernd beibehalten ( ev noch Abstufungen einführen, RH, RS)
NFS aufbauend auf dem RS mit einer Ausbildungszeit von 2200-3000 Stunden. Die Kompetenzen sollten dem dzt. NKV entsprechen.
Diese Ausbildungen sollten weiterhin in Rettungsschulen stattfinden, allerdings landesweit zentral organisiert.

Alternativ dazu könnte man die Ausbildung zum NFS auf der Uni mit Bac Anschluss anbieten. Das erste Jahr äquivalent zur Pflege und dann zwei Jahre NFS um vll eine Durchlässigkeit zur Pflege zu bewerkstelligen.
RS Ausbildung U.a. als Zugangsvoraussetzung.

Als höchste Ausbildungsstufe könnte man dann einen Masterlehrgang zum Dipl. NFS oder Experten für präklinische Notfallmedizin einführen, der auf dem NFS aufbaut und weitreichender Kompetenzen hat.

Die Finanzierung und Festlegung wo welches Fahrzeug mit welcher Ausstattung und Kompetenz steht, sollte in den Landesrettungsgesetzen festgelegt werden. Je nach Größe einer Gemeinde muss ein NKTW oder RTW vorgehalten werden und ein First Responder System etabliert werden.
NFS auf dem RTW verpflichtend, die Master Ausbildung als Option bei Bedarf.

Die Anrechenbarkeiten der dzt. NFS würde ich an Ergänzungslehrgänge, je nach Berufserfahrung und Ausbildungsstufe und eine Ergänzungsprüfung, koppeln.

Die Experten für präklinische Notfallmedizin gibt es schon. Nennt man Notärzte, Ausbildungsdauer 6 Jahre Medizinstudium, 6 Jahre Facharzt (Vorzugsweise AINS) + neuer Notarztkurs.

Ähm es geht um WEITERentwicklung. Und die Experten für Notfallmedizin haben wir NICHT.

Lies/Schau mal hier - bitte!
aaem.at/home.html

Im besten Fall fährt ein Anästhesist auf dem Notarztmittel. Sehr oft in Österreich nicht. Tut mir leid, dir da deine Vorstellung von der tollen Notfallmedizinischen Versorgung zu zerstören.

Eine Spezialisierung für Notfallmedizin (Dauer 2 Jahre nach ius practicandi, Zielgruppe a.e. Anästhesisten, Internisten, Allgemeinmediziner und Neurologen, wobei man die vmtl dann auch als Unfaller oder Chirurg machen kann) wird aktuell im Sozialministerium geprüft und dürfte jetzt dann in ein paar Monaten kommen. Die Spezialisierung betrifft aber eher die innenklinische Notfallmedizin. Federführend dabei waren die von dir verlinkten Kollegen der AAEM. Ich glaub aber das mit den Experten für präklinische Notfallmedizin auf das sich bezogen wird, war eher als „Paramedic“ Äquivalente von Medizinalrat weiter oben gemeint.

Für den Notarzt braucht man nicht wie oben genannt einen Facharzt für Anästhesie, man braucht bei spitalsgebundenen Systemen nicht mal ein ius practicandi. Ausbildungsdauer min. nach Studium 33 Monate, also kann man mit Ende 3. Ausbildungsjahr als NA tätig werden.

Jaja von der Leistung der Experten darf ich mich in ein paar Wochen auf einem Reanimationskurs Kurs wieder überzeugen. Lass die Kirche mal im Dorf. Die wenigsten Notärzte sind präklinische Experten.
Aber keine Sorge ich bin auch für die Beibehaltung eines notarztgestürzten Systems.
Wirf Mal einen Blick nach Dänemark, meine Idee ist daran sehr stark angelehnt.

Kompetenzen wie ETI, i.o. Zugang, Thoraxentlastung, Schmerztherapie mit potenten Analgetika, manuelle Defibrillation, Kardioversion, PM usw. sehe ich auf der Kompetenzstufe…

Jemand mit einer drei jährigen Ausbildung, bei welcher ein Großteil der Zeit auf einem Rettungswagen und auch etliche Stunden innerklinisch verbracht wurden, würde ich jetzt nicht gerade als unerfahren bezeichen.

Und warum müssen wir das Rad nochmal neu erfinden?
Warum nicht das System aus Deutschland, Schweiz, Dänemark, Timbuktu oder sonst woher übernehmen und geringfügig an unsere Gegebenheiten anpassen?

Du meinst jemand der eine 3 jährige Ausbildung macht und mit 21 Jahren fertig ist, ist gut gerüstet für die Notfallrettung ?
Die Dänen haben genau das als Schwäche ausgemacht, daher erfolgt die Ausbildung in Etappen. Paramediziner ist man frühestens nach etwa 6 Jahren, vom Ausbildungsbeginn als Assistent an.

Nicht alles was glänzt ist auch Gold. Ich hab immer wieder mit NotSan aus Deutschland zu tun und dabei gar nicht so selten erlebt, dass österreichische NKV deutlich kompetenter sind. Klar sind das Einzelleistungen aber für mich zeichnet das doch ein gewisses Bild.

Was mir bei deutschen RD Dokus immer wieder auffällt ist, dass die „Realkompetenz“ die letzten Endes beim Patienten ankommt oft nicht höher, wenn nicht sogar niedriger ist als bei einem Wiener NKV RTW.
Wenn ich sehe wie wegen einer Blutdruckentgleisung (keine Kriese), einer allergischen Reaktion (kein Schock), oder einfach zum B-Losen im Park ein NEF dazu kommt, dann muss ich sagen das ich mich da als Wiener NKV vor meinen Deutschen Kollegen nicht verstecken muss.

Das soll jetzt die Notwendigkeit einer mehrjährigen Ausbildung nicht in Frage stellen, zeigt aber das Ausbildung alleine auch nicht alles ist. Es muss auch der Gesetzliche Rahmen passen, damit der Benefit einer solchen Ausbildung ausgeschöpft werden kann. Und wenn ich höre was die Deutschen jetzt nach fast 10 Jahren NotSanG immer noch für Schwierigkeiten mit den 2c Maßnahmen haben muss ich mir da echt an die Stirn greifen.

Bezüglich Ausbildung im Ganzen oder in Stufen bin ich ganz klar bei unserem Medizinalrat.
Nur weil jemand jetzt von der Schule weg eine 3 Jährige Ausbildung durchlaufen hat macht es jemand mit Anfang 20 noch nicht zum Top Sani.
Ich hab selbst mit 17 geglaubt, jetzt wo ich die RS Prüfung mit Auszeichnung abgeschlossen habe bin ich der Größte und kann ALLES. Jetzt, 10 Jahre später seh ich das etwas anders :wink:

Das Problem hat man aber eh in allen Lebensbereichen. Die Erfahrung muss man sich hart erarbeiten. Das kann man nicht wirklich lernen.
Ich bin auch absolut für die Beibehaltung der Modularität um sich „hochzuarbeiten“ und dabei Erfahrung aufzubauen.

Das System des FiSu gefällt mir da sehr gut, weil man objektives Feedback zu realen Situationen von außen bekommen kann.
Ich hätte das gerne österreichweit.
SimTrainings / Üben mit Medien ist für den Anfang zwar gut, aber lässt zumindest bei mir kein richtiges „Einsatzfeeling“ aufkommen, weils nie wirklich um was geht.
Ob da eine Puppe intubiert wird, oder ein richtiger Mensch ist halt ein himmelweiter Unterschied.

Vll. (ganz sicher sogar) waren die SimTrainings in meinem LV bisher aber auch nur kompletter Müll.

Ich glaub’ wir waren alle mal jung und dumm :laughing:

Wie mir ein erfahrener Kollege mal gesagt hat: „Du kannst in Österreich ein auch im internationalen Vergleich ganz hervorragender Sanitäter werden.“

Es braucht halt extrem viel Eigeninitiative, weil du „dank“ der kurzen formalen Ausbildungszeiten wenig Unterstützung bekommst. Niemand schafft den NFS in den angegebenen Zeiten… da kommt ja locker das dreifache an Lernzeiten und selbst organisierten Übungszeiten dazu. Und dann sind wir eh schon in deutschen Umfängen minus ordentliches KH-Praktikum und das, was bei uns in den Notfallkompetenzen noch hinten nachkommt.

Zumindest besser gerüstet, als ein 260h RS oder ein Sani der nach 2 Jahren bereits NKV ist :wink:

Aus eigener Erfahrung kann ich dir berichten, dass die Schweizer Kollegen immer sehr kompetent waren (Teilweise kompetenter als so mancher NA bei uns :astonished: )

Wenn wir zwei Sanitäter mit jeweils 6 Jahren im Rettungsdienst vergleichen:
Sanitäter 1 hat in den ersten 3 Jahren die Ausbildung gemacht und anschließend 3 Jahren in der Praxis verbracht.
Sanitäter 2 hat diesselbe Ausbildungszeit auf 6 Jahre aufgeteilt gemacht

Wie kommt die Qualtiätssteigerung vom Sani 2 zum Sani 1 zustande? Gibts da wissenschaftliche Studien?

Sehe das relativ ähnlich, man kann da denke ich für den Berufsschutz einfach die Stunden etwas drehen. Zb als Vorraussetzung für den NFS 500h Erfahrung als RS, dann noch verpflichtend bei jedem NFS Kurs 50h Selbstlernzeit zusätzlich usw.

Das gelernte wird graduell eingesetzt und gefestigt und durch neue Inhalte ergänzt.
Das gleiche trifft zu, wenn du viel Erfahrung hast und dann erst die Theorie dazu lernst.
Da tust du dir dann ja auch leichter weil du das gelernte mit Erfahrungen verknüpfen kannst.

Noch ein Gedanke meinerseits dazu:

Wann lernen wir?
Im Kurs bekommen wir die ganzen Lerninhalte mal vorgetragen, so richtig lernen (also hinsetzen, Buch aufschlagen, Notizen machen, Lernkarteien anlegen,…) tun wir in den letzten Wochen/Monaten vor der Abschlussprüfung. Das heißt den größten Teil unserer praktischen Ausbildung absolvieren wir, ohne das ganze theoretische wissen GELERNT zu haben. Wenn ich dann zur Abschlussprüfung antrete, hab ich jetzt zwar das ganze theoretische wissen intus, hab aber noch nie ernsthaft mit diesem gesamten Wissen praktisch gearbeitet. Und jetzt werde ich als fertig ausgebildeter RS/NFS auf die Menschheit losgelassen.

Wenn das ganze geblockt stattfindet, habe ich immer den Vorteil, auf der vorherigen Stufe schon praktische Erfahrung gesammelt zu haben, kann diese also mit neuen theoretischen Inputs besser vergleichen.

Auch soll es weiterhin einen Selektionsprozess geben. Nicht jeder der im RD arbeiten möchte ist geeignet, als Notfallsanitäter/Diplomsanitäter/Paramedic bei Notfalleinsätzen die Führung und die Verantwortung zu übernehmen.
So fände ich es gut, Neueinsteiger auch in Zukunft die Ausbildung stufenweise durchlaufen zu lassen und keine Quereinsteiger direkt in eine mehrjährige Ausbildung zu setzen.