Es ist jetzt schon ein bisschen länger her und ich werd zu dem Vorfall auch eine CIRS-Meldung schreiben weil es mich immer wieder beschäftigt.
Ambulanzdienst. Ein Kollege versorgt mit einem anderen Kollegen in einem Ambulanzzelt einen Patienten, der in Rückenlage auf einer Trage liegt.
Der Kollege, den ich an dem Tag kennengelernt hatte, hat mit mir zuvor schon eine Unterhaltung über Ausrüstung am Mann geredet.
Nicht dass er übermäßig viel davon hatte, keine tausend Holster oder so. Aber unter anderem Taschenlampe und Rettungsmesser immer am Gürtel. Weil mich die Unterhaltung nicht sonderlich interessiert hat, hab ich nicht weiter mitgedacht dabei.
Jedenfalls, er versorgt diesen Patienten mit einem zweiten Kollegen, nichts dramatisches, ich war in der Versorgung auch nicht involviert, bloß seh ich halt zufällig hin, wie die beiden mit dem Messer hantieren, ich glaube, es war im Zuge einer Verbandanlage. Dabei übergibt Kollege #2 das Messer zurück an Kollege #1.
Ein Springermesser. Offen. ca. 10cm Klinge. Aussehen wie ein Kampfmesser. 20 cm über dem Thorax des Patienten! Nicht auszudenken was passiert, wenn einer der beiden das Messer fallen lässt und das blöd auftrifft.
Ich habe doch schon immer wieder Kollegen mit Rettungsmesser gesehen, hab mich seit dem Vorfall auf Recherche begeben, es gibt tatsächlich eine Vielzahl an Messer die offensichtlich für den Use-Case Rettungsdienst gedacht oder zumindest gelabelt sind und dabei starke Anleihen an militärischem Design nehmen.
Und seitdem Frage ich mich: Warum hat man sowas? Was ist der Sinn eines solchen Messers? Gurten schneiden? Das kann meine Schere nachgewiesenermaßen auch und hat dabei noch ein paar andere Einsatzmöglichkeiten, die ein Messer nicht hat. Abgesehen davon dass sie vom Design so gestaltet ist, dass die spitzen Enden abgerundet sind und unabsichtliche Stichverletzungen ausgeschlossen sind. Andere Einsatzmöglichkeiten für ein taktisches Messer im Rettungsdienst fallen mir spontan keine mehr ein.
Vielleicht kann mich ja jemand von euch erleuchten oder hat sogar ein solches Messer bei sich?
Wenn ja, dann ganz neutral und nicht wertend gefragt (vielleicht überseh ich hier echt etwas und kann dazu lernen): Warum?
Ich habe mich vor ein paar Tagen bei einer Reanimation mit unserer „Rettungsschere Spencer“ durch etliche Schichten Bekleidung gekämpft, leider absolut kein Vergleich zu einer „Rettungsschere Robin“. Im Endeffekt haben wir uns dann kurz ein Messer vom anwesenden Polizisten ausgeborgt und die letzten Stellen so gut durchbekommen. Bis zu dem Zeitpunkt hätte ich auch angenommen, dass unsere Scheren eh alles gut schneiden und sah auch nie einen Grund für ein Messer.
Ich hatte vor einiger Zeit auch eine recht ähnliche Situation wo wir uns auch dem Messer eines Polizisten bedienen mussten da sowohl ich als auch mein Kollege keine eigene Schere mitführen, die Verbandscheren im Rucksack sehr fragwürdig sind und ich in meiner Dummheit die Rettungsschere an der Wand im RTW habe hängen lassen. Also hat ein Messer mir grundsätzlich schon geholfen aber mit nichts das eine Schere nicht grundsätzlich auch könnte.
Ich mache (schon lange) am Land Dienst und habe einen „nachbau“ Multi Leatherman am Gürtel. Nachbbau deshalb weil ich schon ein paar mal das Teil im Einsatz weggeborgt habe. Bis Dato war es meistens die Zangenfunktion und erst ein oder zwei mal die Klinge. Zange Mororradstiefelverschluß zb.
Die Klinge brauchte ich für einen Kabelbinder am Handgelenk. Hab nix für den kleinen Sperrhaken mitgehabt. Daher der Schnitt. Ich hätte sogar das Victor Inox Rescue Tool. Nehms aber nie mit. In Deutschland ist jedes Multitool wegen der Feststellklinge und der Klingenlänge nicht unproblematisch.
Ansonsten sag ich immer wieder - Uniformen ziehen halt auch Menschen mit Komplexen an. Die meisten habe ich davon im RD kennen gelernt.
Kollegen die mit einem Einsatzgurt wie die Polizei herum laufen mit diversesten Einsatzutensilien.
Ein Messer finden solche Menschen halt als etwas Machtvolles, das nicht nur gefährlich aussieht sondern auch gefährlich ist. Schön offen an der Uniform tragend, damit es jeder sieht.
Nicht nur das, idealerweise auch noch so dass jeder es nehmen kann. Egal ob Intoxikierter, aggressiver oder psychisch instabiler Patient, ein frei zugängliches Messer am Gürtel zu tragen, in einem Beruf in dem viele unberechendbare Lagen eintreten, halte ich auch im Bezug auf den Eigenschutz als bedenklich.
Das ist so leider absolut nicht korrekt. Ein Springermesser per se gilt nicht als Waffe. Befindet sich darauf etwa ein Gurtschneider oder ein Glaskörner ist es ein Werkzeug und keine Waffe.
Du würdest dich wundern was alles keine Waffe ist, wo von dir denkst, dass es eine Waffe ist.
Das führt dazu, dass jemand mit Waffenverbot solche „Werkzeuge“ auch bei sich haben darf.
Nur weil das Wort „Messer“ nicht im WaffG vorkommt, bedeutet nicht, dass es automatisch erlaubt ist. Bezüglich Springermesser hier der Link zur Judikatur. Vieles ist auch Argumentationssache, aber sobald dir die Organisation ein entsprechendes Werkzeug zu Verfügung stellt (zb Robin Safety Boy, der das alles kann) hast du bei der Behörde verloren egal ob RD ja/nein.