Hallo,
da dies ja Foren von und fuer Notfallmediziner sind, moechte ich ein Thema mit Euch teilen welches eines der Phaenomene in der Notfallmedizin ist welche extrem selten auftreten sodass eigentlich niemand „Erfahrung“ damit haben kann, man wenn es auftritt aber genau wissen muss was fuer Moeglichkeiten es gibt und was man machen kann (andere Beispiele sind Notkrikotomie, Notthorakotomie, Escharotomie bei Verbrennungen, oder Notamputationen - siehe resusme.em.extrememember.com/?p= … procedures)
In dem Thema jetzt gehts um Perimortem C-Section, oder perimortem Hysterotomie (Notkaiserschnitt).
Perimortem deshalb, weil es nur um Reanimationssituation geht. Eine Schwangere die in unserer Anwesenheit Reanimationspflichtig wird. Aktuelle ERC (und auch internationale) Leitlinien sagen alle mehr oder weniger dasselbe, siehe 2015 ERC Guidelines „Section 4. Cardiac arrest in special circumstances“, Kapitel „Cardiac arrest associated with pregnancy“, vor allem „Peri-mortem delivery of the fetus“:
Consider the need for an emergency hysterotomy or Caesarean section as soon as a pregnant woman goes into cardiac arrest.
Based on expert opinion, when initial resuscitation attempts fail, delivery of the fetus may improve the chances of successful resuscitation of the mother and fetus.
The best survival rate for infants over 24–25 weeks’ gestation occurs when delivery of the infant is achieved within 5 min after the mother’s cardiac arrest. THIS REQUIRES THAT THE PROVIDER COMMENCE THE HYSTEROTOMY AT ABOUT 4 MINUTES AFTER CARDIAC ARREST.
Was heisst das?
In 4 Minuten schafft man es in keinen Operationssaal, ausser (vielleicht) man steht bereits am Parkplatz. Also wenn dann ist das sofort zu machen.
International sieht es die notfallmedizinsche community recht klar, es gehoert ins Spektrum eines Notfallmediziners, wenn so ein Fall kommen sollte, dies durchzufuehren. In Oesterreich sind die Reaktionen auf sowas immer mehr als kritisch und wird als absurd hingestellt. Wenn man sich die Literatur und Expertenmeinungen (international) dazu anhoert jedoch scheint klar - entweder man versucht es oder Mutter sowie Kind sind mit nahezu 100%er Wahrscheinlichkeit tot.
Auch die europaeischen Leitlinien (ERC) stimmen eigentlich damit ueberein.
Es gibt grandiose Vortraege und Literatur zu dem Thema, kann ich sehr empfehlen (in dieser Reihenfolge), bevor Ihr das Thema als absurd abtut:
vimeo.com/59516684 - GRANDIOSER 10 Minuten Vortrag. Erkleart Indikationen und wie man es macht.
stemlynsblog.org/peri-mortem-c-s … st-emlyns/ - Super Blogpost der alles etwas genauer beschreibt
vimeo.com/83660018 - Super 15 min Vortrag
dgina.de/blog/2013/10/20/worst-c … -the-baby/ - deutscher Blogpost der Indikationen und Ablauf auch beschreibt
youtu.be/1v9x4jPQwE8 - super simulationsvideo das den Ablauf zeigt (obwohl etwas andere Methode als in den anderen Texten beschrieben)
Emerg Med J 2016;33:224-229 aktuelle Publikation dies alles genau beschreibt. Leider nicht open access.
Case Reports von Notaerzten die das gemacht haben:
1.Prehospital resuscitative hysterotomy
Eur J Emerg Med. 2011 Aug;18(4):241-2
ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/21712662 CASE REPORT
2.Out-of-hospital perimortem cesarean section
Prehosp Emerg Care. 1998 Jul-Sep;2(3):206-8
ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/9672696 CASE REPORT
Eure Meinung?
Steht man gleich vor dem Richter in Oesterreich wenn man damit versucht ein Leben zu retten?
Wer findet die Einstellung wenn jemand sonst eh Tod ist versucht man auch super aggressive Therapien zu extrem?
Sollte jeder Notarzt sich damit zumindest gedanklich ausseinandersetzen, oder reicht es wenn man Schwangere reanimierend ins Krankenhaus bringt?