NKI Ausbildung

Also viele von diesen Beobachtungen versteh ich gut, ich führe es nur nicht auf organisationsspezifische Unterschiede zurück, sondern auf individuelle Lehraussagen, die für ein Gesetz oder zumindest für verbindlich gehalten werden.

Das ÖRK unterrichtet seit 2015 „Drücken in der Ladephase, wenn es das Gerät erlaubt.“ Es wird aber (leider?) auf vielen Dienststellen auf das verkürzt, was die lokal verwendeten Geräte hergeben.

Wirkliche grobe Lehrmeinungsunterschiede kann ich zwischen den Organisationen nicht erkennen. Gerade der Bereich NFS nähert sich doch eh immer mehr an, in dem immer mehr Organisationen die internationalen Standards unterrichten und ihren NFS+ sagen, dass sie individuell entscheiden müssen, was richtig ist. Also zumindest in NÖ in den NFS-Kursen hört man das jetzt ständig…

Wo es tatsächlich organisationsspezifische Unterschiede gibt, ist der Larynxtubus. Hier ist das RK mit „LT als First Line Device ab RS“ als einzige Organisation dort, wo lt. Diskussionen auf den letzten ERC-Kongressen die Reise hingeht. Beim 2021er-Guideline-Kongress hat Jerry Nolan wieder gesagt, dass die Reihenfolge der Atemwegssicherung vielleicht umgedreht werden sollte, weil das Setzen eines SGA wesentlich einfacher wäre, als eine gute Beutel-Masken-Beatmung (für Personal, das nicht am echten Menschen ausgebildet werden kann). Man muss aber fairerweise sagen, dass das so keinen Niederschlag in den Guidelines gefunden hat und Nolan auch heuer wieder darauf hingewiesen hat, dass es keine konkreten Forschungsergebnisse dazu gibt.

Solche meist marginalen Details sind auch ziemlich egal und die Welt dreht sich auch ohne zentralistische Steuerung von solchen Kleinigkeiten.
Und manche Sachen ergeben sich einfach aus den jeweiligen Rahmenbedingungen (siehe Defi-Programmierung - auf eine Neu-Beschaffung hat man als Chefarzt oder Ausbildungszentrum in der Regel maximal indirekt Einfluss), Personalressourcen, oder dass man meint manche Sachen einfach nicht ruhigen Gewissens verantworten zu können.

Das ist halt ein heißes Thema. Grundsätzlich sehe ich das ähnlich wie Nolan, ich halte die Beutel-Masken-Beamtung für Sanitäter in der breiten Masse für untauglich, besonders ohne Hilfsmittel wie einen Guedel-Tubus.
Aber man muss sagen, dass eine zurückhaltende Haltung durchaus fachlich begründet sein kann und nicht unbedingt boshaft-reaktionär ist. Wirklich klare Aussagen diesbezüglich sind halt rar und wohin die Reise tatsächlich mal hingeht ist, fürchte ich, nicht ganz so fix. Zumal die Fragestellung in unserem Notarztsystem ein bissl eine andere ist als im Rest der Welt. Bei uns geht es eher darum, die Zeit zu überbrücken bis ein Notarzt da ist und dieser Zeit hat um sich um die endgültige Intubation zu kümmern, und nicht, um den Patienten damit 45 Minuten ins nächste Spital zu transportieren. Somit ist der LT bei uns auch präklinisch eher eine Übergangslösung und verbleibt meist relativ kurz im Patienten. Da sind dann auch die Nachteile (venöser Abfluss, Zungenschwellung, sekundär schwieriger Atemweg) nicht so ausgeprägt (zerebraler Zu- und Abfluss sind da aber wieder ein eigenes Kapitel …).

Ich hoffe, mein Posting ist nicht so rübergekommen, dass ich hier „alle anderen“ als boshaft-reaktionär hinstellen wollte. Ich gebe zu, ein wenig find ichs auf der emotionalen Schiene schon lustig, dass das (von einigen) immer als „Hort der Bremser“ gesehene RK in diesem Punkt einmal nicht im Mittelpunkt der Kritik steht. :wink:

So, aber jetzt weg von persönlichen Befindlichkeiten. Die Fachdiskussion ist viel spannender. In dem Bereich nämlich wirklich.

Danke grissu, ich finde dein Posting fasst den Sachverhalt unseres Rettungssystems absolut korrekt zusammen. Ich glaube allerdings nicht, dass das so spezifisch österreichisch ist. ERC 2020 (Manchester virtuell) gab es genau die gleichen Diskussionen - das Beispiel war, was die Wasserrettung irgendwo in den USA/Kanada machen soll. Weil Beutel-Maske könnens nicht so wirklich, und bisher habens dann immer Mund-zu-Mund gemacht, und das trauen sie sich jetzt nicht mehr wegen Covid. Und deshalb machen sie jetzt Compression only bis der Rettungsdienst kommt. Das halte ich für die schlechteste aller Lösungen.

Das Problem bei all den Guidelines (insbesondere bei der S1-Leitlinie aus DE) ist aus meiner Sicht, dass sie immer von Personal ausgehen, das die Maßnahme auch wirklich beherrscht. Und was die tun sollen, die niemals an echten Menschen trainieren konnten, das wird nicht untersucht. Da kenn ich auch nur einzelne Experten (eben Nolan, aber auch andere), die auf Nachfrage mündlich (auch öffentlich) sagen, dass ein SGA der zweiten Generation eine gute, vermutlich die beste Möglichkeit ist, irgendwie Luft reinzubekommen „until someone arrives who has received proper training“ (Zitat Nolan).

Was ich gar nicht vestehe ist allerdings, warum da vor ~ 2 Jahren so ein Anti-Larynxtubus-Shitstorm losgebrochen ist, der dazu geführt hat, dass ASB et. al. den LT für RS wieder zurückgezogen haben.

Für das Ändern einer eingeführten klinischen Praxis ist normalerweise eine klare Evidenz notwendig, die belegt, dass die bestehende klinische Praxis schlechter ist, als das, worauf gewechselt wird. Es gibt aber keine Evidenz, dass bei Personal, das nie am echten Menschen trainiert wurde, die Beutel-Masken-Beatmung besser ist als der LT.

Oftmals wird auf die Atemwegsmanagement-Leitlinie aus Deutschland verwiesen, als ob die ein Gesetz wäre. Ist sie nicht. Das ist eine S1-Leitlinie. Expert*innenmeinung. Mehr nicht. Abgesehen davon, dass ich aus der S1-Leitlinie nicht herauslesen kann, dass Beutel-Maske einfacher wäre als SGA (im Gegenteil, es sind mehr Anwendungen unter Supervision vorgesehen als beim SGA). Wenn man sich an die S1-Leitline hält, dann dürfen alle RS nur mehr Mund-zu-Mund-Beatmung machen.

Deshalb versteh ichs einfach nicht, warum man den LT bei einigen Organisationen wieder abgeschafft hat.

ch denke die Frucht oder Abneigung ist multifaktoriell:

  • Stellt man Tun gegen Nicht-Tun bzw. invasiv gegen nicht-invasiv, so scheint es ein ungeschriebenes Gesetz, dass von der „Tun“-Option (bzw. der invasiveren Option) eine höhere Bringschuld hinsichtlich der Rechtfgertigung eingefordert wird.

  • Die Fehlanwendung eines LT (verkehrt herum reingesteckt (kein Scherz), zu lange belassen, Fehltintubation, …) fällt eher auf (bzw. ist durch den LT überhaupt erst nachvollziehbar) als bei einer Beutel-Masken-Beatmung. Somit ergibt sich ein Beobachtungs-Bias.

  • Angst und Haftung: Wenn etwas in der Literatur zumindest umstritten ist, und keine Fachgesellschaft eine Ansicht nachhaltig (und schriftlich) stützt, dann überlegt man sich gut worunter man seine Unterschrift setzt. „Selbstschutz geht vor Fremdschutz“

  • Problem-Ärzte:
    [list]
    [*] Typ 1: „Echte Ärzte intubieren richtig“

  • Typ 2: „Ist jetzt alles bequemer so, ich muss nicht mehr intubieren können“

  • Typ 3: Kann dann den schwierigen Atemweg von Typ 2 ausbaden

[/:m]
[
] Kindersicherung: Schließlich ist es halt auch so, dass alles was man freigibt oder fordert auch zuverlässig in der breiten Masse dauerhaft funktionieren muss. Und gerade der RS-Bereich ist seeeeehr heterogen. Und als jemand der Lehrmeinungsentscheidungen treffen muss kannst Du Dir Deine Personalressourcen nicht aussuchen, Du hast da in dem Bereich keine Entscheidungsgewalt, Du kannst maximal über Ausbildungen und dergleichen versuchen zu steuern. Und/oder eben die Anforderungen herunterschrauben. [/*:m][/list:u]

Angemerkt, das Obige stellt keine Rechtfertigung dar, sondern meine Sicht was für Mechanismen hier auf die Entscheidungsfindung IMHO einwirken.

Danke für die wertvolle Darstellung.

Leider gibt’s die Danke-Buttons nicht mehr, deshalb als Posting mein Danke für das Teilen deiner Meinung. (y)

Leitlinien werden verfasst damit sie auch umgesetzt werden. Klar gehen sie von trainierten Anwendern aus, wir bewegen uns ja auch im ALS oder zumindest ILS Bereich. Die BLS und Laienhelfer Standards sind woanders niedergeschrieben. Geht ja keiner davon aus dass bei uns bessere Laienhelfer am RTW sitzen.

In der S1 Leitlinie AWM ist die Verwendung einer Magensonde und die Cuffdruckmessung empfohlen. Der Hersteller des LTs (VBM) empfiehlt auch eine Lageüberprüfung mittels Auskultation und Kapnografie.
Wenn nun eine Rettungsorganisation meint, dies nicht umsetzen zu müssen, finde ich das sehr anmaßend.
Würde man es wie empfohlen umsetzen, wäre es aber wieder ein komplizierter Skill. Zu kompliziert für den durchschnitts RS. Also warum nicht zurück zu Maske Beutel, vll ergänzend zwingend die Verwendung eines Naso oder Oropharyngealtubus? Und die Verwendung des LTs mit allem was dazu gehört als Eskalationsstufe? Das was jetzt passiert, sind nicht umgesetzte Leitlinien und falsch gesetzte, nicht funktionierende LTs. Da die Empfehlungen nicht umgesetzt werden, werden Probleme nicht erkannt und auch wenn, gibts keinen PlanB.

Subjektiv kann ich noch sagen, dass ich als geringste Eskalationsstufe zu Beutel Maske stehe. Ich brauche weniger Materialien und habe weniger Fallstricke. Außerdem ist der Beutel nicht nur zur kontrollierten Beatmung sondern auch zur assistierte Beatmung da, auch dieses Bewusstsein fehlt den LT First Befürwortern .
Was die ETI angeht, hoffe ich auf baldige prospektiv randomisierte Studien zum Thema Videolaryngoskopie. Da ist die Erfolgsquote im ersten Versuch wahrscheinlich erheblich höher als bei der konventionellen ETI. Somit wären die 100 ETIs bei weiten obsolet und die NKI erlebt hoffentlich eine Renaissance. Denn die ETI ist und bleibt der Goldstandard der Atemwegssicherung.

Womit wir beim nächsten - meiner Meinung nach äußerst kritischen Thema wären.
Gewisse Organisationen sehen die assistierte Beatmung für RS nicht (mehr) vor. - Was B-Los und ateminsuffizient ist wird reanimiert, was nicht B-Los und ateminsuffizient ist bekommt 15l über O2-Maske bis es B-Los und zum reanimieren ist.

Ja, aber es gibt verschiedenste Arten von Leitlinien! Zwischen einer S3-Leitlinie, wie etwa den ERC-Guidelines und einer „einfachen“ S1-Leitlinie sind Welten dazwischen.

Gerade bei der deutschen S1-Leitlinie zum prähospitalen Atemwegsmanagement bin ich deshalb sehr skeptisch, weil ich die beteiligten Personen schon auf Kongressen erlebt habe bzw. ihre Publikationen teilweise kenne. „Die Deutschen“ haben sich auch innerhalb des ERC beim Atemwegsmanagement häufig anders positioniert als der Rest der Welt. Auf einem Kongress ist es zu einem echten berufspolitisch motivierten Streit gekommen… die deutschsprachige Übersetzung der ERC-Guidelines (bzw. die GRC-Zusammenfassung) war zumindest in der Vergangenheit in Bezug auf den Atemweg nicht ganz akkurat… und diese Personengruppe „die Deutschen“ sind die gleichen Personen, wurscht ob sie das Manterl „GRC“, „ETC“ oder „S1-Leitlinie Atemwegsmanagement“ angezogen haben.

Damit wir alle von der gleichen Leitlinie reden: https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/001-040l_S1_Praehospitales-Atemwegsmanagement_2019-03_1.pdf

So, aber selbst wenn wir sagen, dass diese S1-Leitlinie prinzipiell vernünftig und umsetzungswürdig wäre. Schauen wir uns an, was im Rahmen der Ausbildung empfohlen wird:

s1prähospairway.PNG

Es ist ein schönes Ziel, dass jede Rettungssanitäterin vor Ende der Ausbildung zusätzlich zu den Übungen am Phantom 100 x die Beutel-Masken-Beatmung am Patienten unter klinischen Bedingungen und fachärztlicher / speziell geschulter Aufsicht mit Erfolgskontrolle durchführt. Das bringt doch niemand zusammen - nicht einmal die MA70, die sicher den besten Zugang zu Klinkpraktika hat.

Die Frage ist also, wie man im Rahmen des derzeit möglichen dafür sorgen kann, dass halbwegs ausreichend Luft in den Patienten rein geht, bis jemand kommt, der prähospitales Atemwegsmanagement korrekt beherrscht.

Da gibt es viele Argumente pro Beutel-Masken-Beatmung: „hamma immer schon gemacht“, pardon „langjährig gut eingeführte klinische Praxis“, nicht invasiv, fehlerhafte Anwendung hat weniger später gut erkennbare Auswirkungen - aber auch dagegen, genauso wie beim SGA.

Ich bin im Übrigen genauso gespannt, wie es mit der NKI weitergeht, wenn sich die Videolaryngoskopie wirklich so bewährt, wie es im Moment aussieht. Lt. S1-Leitlinie muss man die nämlich sogar weniger oft üben als die Beutel-Masken-Beatmung, bis man sie kann. :wink:

Die Klassifizierung einer Leitlinie hängt immer von der Studienlage ab und die ist hier, vorallem, was die Präklinik angeht, schwach.
Betrifft sowohl BMV als auch EGAs.
Aber bei den Empfehlungen zu bedenken, dass es bei den EGAs hauptsächlich um LMAs und nicht den LT geht. Außerdem geht es nur um den Vorgang des Setzens und nicht die Vor und Nachbereitung.
Ja die Zahlen zur Beherrschung einer BMV sind erschreckend hoch. Hätte ich ursprünglich auch nicht gedacht. Aber deshalb auf den LT für alle RS zu setzen, zu dem es kaum Studien gibt, halte ich für falsch.
Da würde die Leitlinie vll falsch interpretiert.
Hat man überlegt vll die Kombination Guedel, Wendel und Doppel C Griff in die RS Lehrmeinung zu integrieren ?
Gäbs da Studien im Vergleich zum LT ! glaube ich bräuchten wir nicht weiter diskutieren.
Ich bleib bei, je weniger Ausbildung, desto weniger invasiv, außer es wir Das ultimative Tool erfunden, dessen Komplikation auch erkannt und beherrscht werden. Und trotzdem bräuchte es noch den Plan B der BMV.

Nein, LT bei JUH ab RS erlaubt, bei RS immer initial zu setzen, bei NFS abgestuftes Atemwegsmanagement

An die KollegInnen welche die NKI Ausbildung schon hinter sich haben:

Mit welchen Büchern/ Skripten habt ihr gelernt?

Man bekommt ein umfangreiches Skript bei den JUH.

das Buch habe ich zusätzlich gelesen
amazon.de/Anyone-Can-Intuba … 929894189/

sowie
amazon.de/1x1-Beatmung-Fran … 965430483/

Freuns von mir, seit letztem Jahr NKI, hat das Buch empfohlen:

Praxisbuch Beatmung amazon.de/dp/3437234145/ref … UTF8&psc=1

Beim ASB macht man im Zuge des NKI den „Difficult Airway Course: EMS“ und bekommt das zugehörige Kursbuch https://www.amazon.de/dp/1496351967/ref=cm_sw_r_apan_i_WJD7P6DXNKASMGPBASAF

Wird der difficult Airway nicht bereits im normalen nfs unterrichtet?

Das würde ich empfehlen - gibt aber in Kürze eine neue Ausgabe.

shop.thieme.de/Atmen-Atemhilfen/9783131376107

Zu wie vielen Intubationen seid ihr während eures Praktikums gekommen? Also tatsächlich endotracheale Intubationen, keine SGAs.