Interaktives Fallbeispiel - Atemnot

Zuerst auch von mir ein Dankeschön für ein neues Fallbeispiel. Für mich das erste an dem ich mich beteiligen kann!

Aus medizinischer Sicht habe ich nicht wirklich etwas neues beizutragen.

Nach dem ich als RS in dem Teams mit denen ich fahre (RTW-C NÖ) meist die Einsatztaktik übernehme sind mir aber dazu sofort zwei Gedanken gekommen:

  • NA wird 100% erforderlich sein. Egal ob NEF oder NAH wir bleiben weil:

  • Kein Rendezvous mit NEF → ich möchte nur sehr ungern die Umgebung verlassen bei welcher ich 3 extra Ressourcen nutzen kann.
    Außerdem sind die Ärzte in solchen Rea Einrichtungen oft schnell mit solchen Notfällen überfordert und ich möchte nur ungern mit so jemanden erweiterte Maßnahmen ergreifen müssen (zumindest in meinem Einsatzgebiet).

Freue mich auf die Fortsetzung! :slight_smile:

Danke für die vielen Antworten. Ich bemühe mich, alle Fragen weitestgehend zu beantworten!

Das Personal hat uns darüber informiert, dass der Patient am Vormittag aufgenommen wurde und sich sein ursprünglicher Zustand (WHO 2-3) kontinuierlich verschlechtert hat. Mehr konnte ich auch nicht in Erfahrung bringen.

Danke fürs Aufmerksam machen! Ich habe da eine Information vorweggeschickt :wink: Beim umstellen der Beatmung (siehe unten) wurde der Schlauch diskonnektiert, was ich genutzt habe um eben die Eigenatmung ohne Unterstützung zu überprüfen.

Jetzt aber zum weiteren Verlauf:

Zuerst wird die Lagerung optimiert, der Patient wird mit dem Oberkörper höher gelagert, nicht aber aufrecht sitzend.
Als nächstes wird explizit ein NAH nachgefordert. Die Leitstelle alarmiert diesen. 15 min bis Eintreffen.
Der Arzt wird gebeten, einen i.V. Zugang zu etablieren. Der Patient bekommt dazu 500 kristalloide Infusionslösung langsam tropfend.
Weiters wird mit dem Arzt besprochen, ob die NIV indiziert ist und wie die Beatmungssituation optimiert werden könnte. Auch eine mögliche Intubation wird angesprochen.
Es erfolgt ein SpeakUp durch den RD, die Beatmung mit O2 statt Raumluft durchzuführen. Dies wird umgesetzt. Die Beatmungssituation kann dadurch verbessert werden, die Sättigung steigt auf 83.
Eine Beatmungsbereitschaft wird hergestellt. Die assistierte BMV als mögliche Alternative ob des Bewusstseinszustands wird antizipiert und dem Arzt vorgeschlagen.

Weitere Untersuchung / Monitoring:

RR - gleichbleibend
HF - 80
SpO2 - 80-83
12 - Kanal EKG: Sinusrhytmus, keine Auffälligkeiten

Trotz Äußern der Bedenken des RD möchte der Arzt auch mit der bestehenden Bewusstseinseintrübung die NIV beibehalten aufgrund der Zustandsverbesserung nach Abänderung. Wie einige äußert auch er die Verdachtsdiagnose der CO2 Narkose.

Die Bewusstseinslage ist nach wie vor unverändert.

Zu diesem Zeitpunkt haben wir einen Vorschlag gemacht… Welchen überlasse ich wieder euch :slight_smile:

PS: Bitte seht es mir nach, wenn ich nicht mehr jedes Detail reproduzieren kann! Ich bemühe mich, die (für uns und unsere Entscheidungen) wichtigen Infos sind enthalten. Außerdem bin ich auch nur ein Mensch und habe sicher auch das ein oder andere übersehen! Ich freue mich, durch dieses Fallbeispiel auch von eurer Herangehensweise zu lernen. Zum Schluss fasse ich dann noch unsere Learnings zusammen :slight_smile:

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Corpuls 3 vom RTW

Keine akuten Hinweise, körperliche Untersuchung ergibt keine Schmerzpflaster, oder Einstiche. Rest unbekannt.

Sorry, Korrektur: Zyanose um die Lippen erkennbar. Die Wärme der Haut sowie Farbe war auf zentral bezogen, my Bad!!

Wir haben die Kapno vom C3 angeschlossen? Was sagt uns die Kurve? Gibt es auf dem Beatmungsgerät eine Flow Kurve? Wie sieht die aus? Hinweise auf Air Trapping?

Welches AMV schafft der Pat eigentlich noch? Reicht das noch aus oder muessen wir eigentlich schon assistieren?

Die BGA (venoes oder arteriell?) hat nicht noch ein paar Zeilen mehr wie zb BE?

Spannender Fall, danke dir!
Tbh, die PaCO2 ist zwar nicht berauschend, tut mir aber auch nicht allzu sehr weh, wenns ein trainierter COPDler ist. Hier käme es vor allem auf seine Normwerte an, gibt es Vor-BGAs?

Und die Kompensationsmechanismen greifen noch einigermaßen, der pH ist zwar jetzt nicht in der Norm aber irgendwie nicht so grottig, wie ich es mir erwarten würde. Was natürlich ungut ist, ist die SpO2 und die PaO2, da reicht’s halt hinten und vorne nicht (So die BGA gesichert arteriell ist) Aber rein von dem was du für B schreibst wirkt’s für mich (ich kann mich auch irren, wenn man’s in echt sieht, schaut die Welt anders aus) eher nicht wie eine COPD-Exacerbation (schreibst du ja selbst auch)

B - Der Patient hat eine Flache Atmung bei einer AF von 9, SpO2 67%, beidseits belüftet, keine aktuelle Exazerbation, ein leichtes Giemen aufgrund Grunderkrankung. Thorax stabil und beidseits hebend.

Mit welchen Einstellungen läuft denn das CPAP-ASB ist für mich die erste Frage, auch damit kann man so richtig viel kaputt machen?
Die nächste ist halt, dass es für mich eher nach Opiat klingt. AF niedrig, GCS mau, Pupillen eng, Antworten unverständlich…

Also für mich neben den Dingen, die eh schon geschrieben wurden, vor allem

  • CPAP-ASB Einstellungen?
  • Opiatanamnese?
  • Vor-BGA
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Guter Punkt! diese „trainierten COPDler“ halten wirklich oft mehr aus als ich denke.

Die Beatmungssituation hat sich zwar gebessert, aber ich finde auch da ist noch Luft nach oben. Nachdem die ersten Anpassungen schon eine Verbesserung gebracht haben, vlt. kann man nochmal an den Einstellungen schrauben? Wurde evlt. eine erneute BGA gemacht?

Der unveränderte Bewusstseinszustand ist ungünstig. Entweder zeigt eine erneute BGA, dass die Beatmung noch nicht angeschlagen hat oder man muss die Arbeitsdiagnose neu denken bzw. erweitern.

Bei den Intoxikationen die ich bis jetzt hatte, war die Kreislaufsituation durch die Opiate immer relativ schlecht. Bei einer Intoxikation mit Benzodiazepinen war ich erst ein Mal, die Schläfrigkeit könnte aber passen.

Für mich wäre an dieser Stelle wichtig wo wir gerade stehen. Lässt sich die Beatmung noch optimieren? Wie lange braucht der NAH noch? In dem ungünstigen Fall, dass unsere Bemühungen nicht zu einer Zustandsbesserung führen und der NAH vlt. noch nicht mal gestartet hat würde ich evtl. eine Rücksprache mit dem TNA mit dem Team (inkl. anwesendem Arzt) besprechen.

Dachte auch daran, dass es evtl. das Benzo sein könnte weil der Kreislauf zu gut ist. Aber die Pupillen wären dann ja weit und nicht eher eng.

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Nö, leider auf dem RTW keine Möglichkeit, Kapno ohne Tubus zu messen. Auch vor Ort keine Möglichkeit dazu.

AMV - von der 9er Frequenz ausgehend mit einem AZV von 350-500 wären wir da im Mittel irgendwo bei 4L

Mehr Werte hab ich nicht erfragt. Schande über mein Haupt! :frowning:

Nö, Patient war wie gesagt auch für das Team dort neu. In den Befunden nichts ersichtlich.

Tu ich mir auch schwer auf den Punkt zu reproduzieren. PEEP war hoch bei 8. Zu dem Zeitpunkt No-Air-Mix 100% O2. dpASB hab ich nicht mehr im Kopf. Bitte, mir das Nachzusehen. Es war eben besagter Internist vor Ort, der die Beatmungseinstellungen vorgenommen hat. Meine NKI ist auch noch ausständig :wink:

Jetzt wirds spannend. Er hat einen bekannten Abusus laut Vorbefund. Keine verschriebenen Opiate. Wie du richtig sagst, weist die Anamnese in die Richtung, konkrete Beweise für einen unmittelbar vorhergegangenen Konsum konnten wir aber nicht finden.

Zum aktuellen Zeitpunkt (Nach Reassessment, Zugang, Anpassungen, Fremdanamnese, Erweiterung Monitoring, Vorbereitung auf erweiterte Maßnahmen) ist der Hubschrauber bereits im Landeanflug. TeleNA ist eine coole Idee!

Ich würde tatsächlich in der nächsten Nachricht auflösen. Wenn jemand akut noch etwas einwerfen möchte pls go for it!

Da es schon 1-2 Mal angesprochen wurde:

Wir machen aufgrund der Anamnese und der noch immer unveränderten Bewusstseinslage den Vorschlag, Naloxon 0,2 mg iv. zu probieren (Risiko-Nutzen-Abwägung meines Erachtens in Ordnung).
Der ärztliche Kollege vor Ort ist dem gegenüber jedoch skeptisch. Für ihn ist noch immer die CO2 Narkose führende Verdachtsdiagnose.
Ziemlich zeitgleich zu dieser Debatte trifft der NA ein, an den eine Übergabe stattfindet. Dieser greift unseren Vorschlag auf und möchte das Naloxon verabreichen.
Kurz darauf: „Na schau, wer wieder da ist!“

Der Patient klart deutlich auf (GCS 14, lediglich Antworten noch verwirrt und bestehende Müdigkeit, aber problemlos auf Ansprache reagierend), die Sättigung steigt auf über 90 an, worauf hin der NA vorschlägt, die CPAP Beatmung durch eine Maske mir Res. zu ersetzen. Auch hier bleibt die Sättigung stabil.
Die Diagnose des NA: Opiat Intox, womöglich auch Mischintox mit Benzodiazepinen. Schlechte Sättigung aufgrund Atemdepression, nicht aufgrund der Vorerkrankung oder einer CO2 Narkose. Auch er hat, wie ihr, festgestellt, dass ein COPD 4 Patient höhere CO2 Werte durchaus toleriert.

Zusammengefasst:
A - unverändert
B - AF Anstieg, SpO2 96 (danach Wechsel auf Nasenbrille, völlig ausreichend), keine Exazerbationszeichen
C - Unverändert stabil, RR weiterhin im Bereich 130 Systolisch
D - Wie oben beschrieben, deutliche Besserung, Schläfrigkeit, Verwirrtheit, Motorik adäquat. Pupillen sind jetzt weit!
E - keine Veränderungen oder neuen Erkenntnisse

Eine Gabe Flumazenil wird erwogen aber nicht durchgeführt (Tbh. Da würde ich mich nicht spielen – der Patient ist zu dem Zeitpunkt stabil und Flumazenil ist kein Spielzeug, wäre interessant, wie ihr das seht)
Anschließend wird eine Belassung durch den NA in den Raum gestellt, das Reha Zentrum hält die entsprechenden Antidote vor und kann den Patienten prinzipiell versorgen. Der Arzt bittet uns dennoch, den Patienten zur genaueren Beobachtung auf eine NFA zu transportieren, was in Absprache mit allen Beteiligten dann auch so stattfindet.
Der Patient bleibt am Transport stabil. Eine weitere Gabe Naloxon wird nicht notwendig. Tatsächlich rebounded der Patient erst in der NFA und bekommt dort bei der Übergabe vom DGKP noch einmal 0,2 mg.

Unsere Vorgehensweise habe ich ja bereits im Verlauf beschrieben. Alles in allem waren wir uns einig. Ich muss gestehen, ich bin beeindruckt, an wie viele Dinge viele von euch noch gedacht haben, die für uns als Team und mich als Lead weniger im Visier waren! Da ist definitiv noch einiges an Entwicklungspotential für mich drinnen insbesondere bzgl. Labor und Beatmungsparameter! Danke dafür, ich freue mich auch über nähere Erklärungen.
Ich bin mir sicher, ich hätte die Entscheidung, bei der NIV zu bleiben genauer hinterfragen sollen. Ebenso habe ich mich von der Diagnosestellung dazu verleiten lassen, die von uns angedachte Naloxongabe zu schnell abzuschreiben. Ich denke, wäre ich dort ohne Arzt gewesen, hätte ich das durchaus appliziert, da es ohnehin praktisch keine weltbewegenden Risiken bei vorsichtiger Titration gibt.
Um die Lage nachvollziehbar zu machen: Die Autorität des Mediziners mit 6 Jahren Studium, Facharzt für Innere Medizin sowie Schwerpunkt Pneumologie hat es mir nicht leicht gemacht, Entscheidungen zu overrulen. Das alles soll keine Entschuldigung sein: Ganz im Gegenteil! Mich würde wirklich interessieren, wie ihr in so einer Situation, die ja neben dem medizinischen auch hierarchisch anspruchsvoll ist, reagiert hättet. Habt ihr Tipps für mich?

Einiges ist mir bislang noch nicht ganz aufgegangen:

  • Die Kreislaufsituation ist, wie ihr beschreibt, nicht sonderlich passend für einen Opiat-Intox. (evtl Aufgrund Mischintoxikation?)
  • Die Zyanose war in Anbetracht der Sättigung sehr gering ausgeprägt
  • die klassischen Opiat Geschichten sind in meiner Wahrnehmung eher Bewusstlosigkeit vor Atemdepression, in diesem Fall war die Bewusstseinseintrübung „relativ moderat“, während die Atmung schon ordentlich im Eck war (evtl. weil vorbelastet?)

Was mir auch ganz wichtig ist festzuhalten: Ich möchte nicht, dass das Personal vor Ort in ein schlechtes Licht rückt. Das Team war sehr zuvorkommend und hilfreich, die Übergaben gut und die Zusammenarbeit war flüssig. Wir hatten zusätzlich zu unserem Team immer 2 Pflegerinnen und einen Arzt an unserer Seite. Unsere Vorschläge wurden ernstgenommen, teils umgesetzt (Raumluft-O2, Zugang), teils zumindest anerkannt (Naloxon, NIV) und begründet abgelehnt (ob gerechtfertigt lasse ich jetzt außen vor).
Der Arzt war sehr bemüht und empathisch mit dem Patienten. Er ist eben Internist in einem Reha Zentrum und nicht LNA auf dem C9. Damit ist das einfach nicht sein Spezialgebiet und ich verstehe, wenn man da spontan die Abläufe eines Notfalleinsatzes nicht aus dem Ärmel schütteln kann. Er hat uns auch die organisatorische und taktische Leitung überlassen und lediglich medizinische Entscheidungen letztverantwortlich, aber mit unserem Input, getroffen.
Ich bin mir sicher, das Personal vor Ort mach seine Arbeit gut und gewissenhaft. Solche Notfälle sind dort einfach nicht alltäglich.

Key Learnings für uns als Team:

  • Alle möglichen Differentialdiagnosen genau in Erwägung ziehen.

  • Veto Kompetenz wahrnehmen.

  • Frühzeitiges Antizipieren weiterer Ressourcen ist (gerade am Land) enorm wichtig!

  • Genaue Anamnese! Gerade wenn man ohnehin viel Diagnostik hat sollte man die auch echt nutzen!

Ich bedanke mich für die Aktivität und freue mich, wenn der Thread zur Diskussion offen bleibt. Sorry an jene, die jetzt nicht mehr mitraten konnten!

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Sehr schönes Fallbeispiel und danke für die Auflösung. Ich dachte noch " ein Naloxon versuch wird nicht schaden", habe es dann aber doch nicht mehr eingebracht.

Zu deiner Frage, wie kann man das bei dem vorhandenen Hierarchiegradienten zum Facharzt doch einbringen? Nun in dem ich ihm die Nutzen und das Risiko nach FORDEC durchgehe. Das ist zwar immer noch keine Garantie dass er den Vorschlag aufgreift, aber eine gemeinsame Beurteilung der Fakten und des Nutzen/Risiko Profils bewegt ihn vielleicht doch dazu.

Auf dem Weg hinaus zum Auto hätte ich ihnen noch als Verbesserungsvorschlag mitgegeben, bitte schafft euch ein ordentliches Monitoring an. Wenn ich Pat an die NIV nehme ist ein Monitoring mit Kapno und Flow Kurve unabdingbar.

Und Respekt an dich und dein Team. In der dynamischen Situation cool geblieben und die aus meiner Sicht richtigen Prioritäten gesetzt.

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Ich muss gestehen, dass ich einem Pneumologen bei allem was COPD und co betrifft schon eher vertraut hätte, da er hier eindeutig der Experte ist.

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Von mir auch absoluter Respekt. Ihr habt in einem schwierigen Setting gut gearbeitet. Das ist alles nicht so leicht, wie es aus dem Fauteuil wirkt. :wink:

Ja, ich war dann natürlich auch beim Naloxon und „hilfts nix, schad’s nix“. Ich hatte einen Einsatz, wo wir bei einem Bewusstlosen mit engen Pupillen initial kein Naloxon gegeben haben, weil die Angehörigen gesagt haben, dass er keine Opiate nimmt. Jo na eh… Der hätte fast den Tubus vom NA bekommen, bis doch noch das Nasenspray aufgetaucht ist. Seit damals hab ich mir fix vorgenommen, es beim kleinsten Verdacht einmal mit Naloxon zu probieren.

Danke an @MICA - hatte ich bisher gar nicht so offensichtlich am Schirm. Ich muss ja nicht versuchen, dem Arzt nicht meine Weisheit mit dem Löffel zu füttern, ich kann ja ein gemeinsames FORDEC machen und die richtigen Fragen stellen. Danke! Wieder was gelernt heute. :slight_smile:

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Ich ehrlich gesagt nicht. Weil ich

  • mit der Zeit gelernt habe, dass alles was ein Arzt sagt und macht genau so hinterfragt werden muss wie das, was ein Sani macht (meistens sogar mehr)
  • einen Fixierungsfehler des Pulmologen ohne Notfallerfahrung auf eine pulmonale Ursache fast erwartbar finde

Schönes Fallbeispiel, danke!
Ich kann nur motivieren, auch ein SpeakUp gegen Ärzte (sofern man sich selbst einschätzen kann und sicher ist) zu wagen. Ich konnte so schon einige Behandlungsfehler abwehren, weil einige Ärzte einfach noch weniger Routine im Erkennen und Behandeln kritischer Erkrankungen haben. Ist bei uns im ländlichen Bereich leider sehr sehr häufig, dass es notwendig ist, selbst den Notarzt zu overrulen.

Nachtrag: bin ganz bei meinen Vorrednern, unbedingt versuchen, die Lösung des Problems gemeinsam zu finden.

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Speak Up (und mehr) war auch erst kürzlich ein Thema bei Notfallmedizin Unplugged mit Daniel Marx

Speak Up ist auch stark von der Kultur abhängig. In einer Umgebung in der Speak Ups nicht gelebt werden ist es ganz schwierig ein solches Anzubringen ohne dass es mein Gegenüber nicht als Angrif oder Kritik an seiner Person und Kompetenz aufnimmt. Haltung, Sozialisierung und Hierarchie sind hier wesentliche Einflussfaktoren.

Wer mit unterschiedlichen Notarztstützpunkten zusammen arbeiten, kann sich das mal für sein eigenes Umfeld überlegen. Wo würde wie ein Speak Up aufgenommen werden? Wo wird das aktiv gelebt und von den Sanitätern vielleicht sogar erwartet?

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Danke für das Fallbespiel und ich denke, vor Ort schaut die Sache sicher ganz anders aus und wenn das Adrenalin wegfällt und man nur in die Tasten klopfen muss dann ist mit vollen Hosen gut stinken.

Zu den Problemen der Hierarchie? Schwierig. Ich habe schon das Gefühl, dass bei denen, die Notfallmedizin machen, angekommen ist, dass das nun mal Teamwork ist und gute Ideen nicht zwangsweise vom Ausbildungsstand abhängen. Alle anderen kann man meist, meiner Erfahrung nach gut mitnehmen, die lassen sich in der Regel auch gern davon „anstecken“ und fahren einem selten dann drüber, sofern man selbst nicht so auftritt. Ich hab das Gefühl, der eigene Ton macht hier meist die Musik.

Das zum Beispiel sei gemeint, da geht es nicht um „gegen“ aber ich verstehe, dass die Wortwahl am naheliegendsten ist.

Fachlich hab ich mir, insbesondere bei Problemen mit der Beatmung angewöhnt, gern einen Schritt vom Bett zurückzutreten und mal nur zu schauen. Warum beatmen wir grad so, wie wir beatmen, was erwarten wir uns davon, was bietet der Patient mir, woran könnte ich erkennen, was er anders haben möchte und was würde passieren wenn ich XY ändere. Ich glaub, da würden die Spidey Senses bei „AF 9 und hat NIV wegen COPD“ dann anschlagen, das passt irgendwie nicht zusammen und man bekommt das Gefühl, dass die Beamtung fehl am Platze ist. Übersieht man aber schnell wenn man direkt in der Action ist.

Einen Punkt möchte ich noch aufgreifen.

Für eine Naloxongabe braucht es schon eine Arbeitsdiagnose in die Richtung, ich beobachte die unreflektierte Gabe von Naloxon zunehemend und beäuge das kritisch. Klar tun da die Medien ihr übriges, Naloxon hat in den USA mittlerweile jeder Polizist und sie sind in Erste-Hilfe-Sets so präsent wie Beatmungstücher. Ähnliches lässt sich mit dem Tourniquet beobachten, mit steigender Popularität (und die finde ich nicht schlecht) wird viel viel mehr ohne Notwendigkeit (auch von der breiten Masse der Bevölkerung) abgebunden.

Dennoch, eine Maßnahme mit einer „Hilfts nix, schadt’s nix“ Mentalität zu argumentieren, halte ich in der Medizin generell für unangebracht, in dem Fall zu glauben, Naloxon wäre eh nebenwirkungsfrei, halte ich für generell gefährlich.
Klar, den Cold Turkey haben eh alle irgendwo am Schirm, dass Naloxon die Krampfschwelle senkt offensichtlich eher nicht so.
Zudem nehme ich mir eine Option für die Einleitung, klar kann man mit Alternativen wie Esketamin arbeiten, vermutlich bei bronchoobstruktiven Erkrankungen ohnehin eine spannende Option. Allerdings wird man bei der psychiatrisch-neurologischen Anamnese vermehrt mit Dissoziationen rechnen dürfen und zudem macht es einfach null Sinn, sich die populärste Option der Einleitung wegen „auf gut Glück“ von der Liste zu streichen.
Insbesondere weil hier ja der eine oder andere User gleich mal laut nach dem Tubus gerufen hat, was ich, genauso wie die mitunter eingeworfenen zwei großlumigen Zugänge genau so wenige nachvollziehen kann.

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Welche wir durch die Anamnese ja im Trichter hatten und auch der NA vom NAH erfolgreich aufgegriffen hat. Daher ist die Aussage der Naloxon Gabe auch im Kontext der konkreten Einsatzsituation und des vorliegenden Patienten zu sehen.

Die Option der Einleitung nehme ich mir nur bedingt. Auf die Wahl des Narkotikums hat es keine Auswirkung und Ketofol ist eine sehr gute Option.

Ich bin absolut bei dir kein Medikament, egal welches, unreflektiert zu geben. Bei Naloxon hat sich in unseren Breitengraden in der Ausbildung der Mythos festgesetzt, ja nicht zu viel und nicht zu früh und sonst werden die Patienten aggressiv und agitiert. Die Ursache dafür liegt aber in der Hyperkapnie und nicht in der zu hohen oder frühzeitigen Naloxon Gabe.

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