[size=150]Herzstillstand: Adrenalin-Gabe auf dem Prüfstand [/size]
Umstrittene Studie verzichtet auf Einverständnis durch Betroffene
[size=85]Rettungswagen: Blindpräparat fährt bald mit (Foto: pixelio.de/Dieter Schütz)[/size]
Coventry (pte012/14.08.2014/10:30) - Eine umstrittene Studie der University of Warwick, bei der Patienten nach einem Herzstillstand
ein Blindpräparat und kein Adrenalin erhalten werden, hat die ethische Zulassung erhalten. Experten hatten Bedenken geäußert, dass das Medikament,
das seit mehr als 50 Jahren zur Wiederbelebung eingesetzt wird, mehr Schaden als Nutzen mit sich bringt, heißt es bei der BBC. Die Durchführung der
Studie bedeutet allerdings auch, dass Patienten in England und Wales ohne ihr Einverständnis ein Blindpräparat erhalten werden.
Das Forschungsprojekt werfe eine ganze Reihe ethischer Fragestellungen auf, meint etwa der Medizinethiker Daniel Sokol. Allein in Großbritannien
erleiden jedes Jahr mehr als 50.000 Personen außerhalb eines Krankenhauses einen Herzstillstand. Während eines Herzstillstands hört das Herz vollkommen
auf zu schlagen. Die meisten Menschen überleben das nicht.
Derzeit erreichen nur acht Prozent der Patienten das Krankenhaus lebend. Rettungssanitäter folgen bei einem Herzstillstand einem klar definierten Vorgehen.
Dazu gehören Herzdruckmassagen, der Einsatz eines Defibrillators und falls dieses Vorgehen nicht hilft, folgt eine Injektion mit Adrenalin. In den letzten zehn
Jahren haben Wissenschaftler jedoch darauf hingewiesen, dass das Adrenalin mehr Schaden anrichten könnte als es hilft. Es gibt Hinweise darauf, dass es durch
die Verringerung der Blutzufuhr ins Gehirn zu einer Schädigung kommen kann und sich dadurch die Überlebenschancen verringern.
Teilnahme an Studie kann abgelehnt werden
An der Studie der University of Warwick werden rund 8.000 Personen in London, Wales, im Westen der Midlands, an der Südküste und im Nordosten von England
teilnehmen, die einen Herzstillstand erleiden. Die eine Hälfte der Patienten wird ein Blindpräparat erhalten, die andere Adrenalin. Da sie aber während dieses
Ereignisses nicht bei Bewusstsein sein werden, wird es auch nicht möglich sein, zu diesem Zeitpunkt ihr Einverständnis einzuholen.
Die Sanitäter werden dabei auch nicht versuchen, dieses Einverständnis von Verwandten oder zufällig anwesenden Personen einzuholen, da die Wissenschaftler
betonen, dass bei der Wiederbelebung nach einem Herzstillstand jede Minute zählt. Die Bevölkerung wird jedoch entsprechende Informationen auch darüber
erhalten, wie man die Teilnahme an dieser Studie ablehnen kann. Nach einem Herzstillstand werden auch die Verwandten eines Patienten unabhängig vom
Ausgang der Wiederbelebungsversuche nicht darüber informiert, ob die Betroffenen Adrenalin oder das Blindpräparat erhalten haben.
Ethische Fragen bleiben offen
Sokol, der nicht an der Studie beteiligt ist, betonte, dass hierbei eine Herausforderung im Fehlen des Einverständnisses zu Maßnahmen besteht, die in einer
lebensbedrohlichen Situation durchgeführt werden. „Es stellt sich die Frage, ob diese Studie so viel an Erkenntnis bringt, dass auf die Einholung des Einverständnisses
verzichtet werden kann.“ Die an der Studie beteiligten Wissenschaftler heben hervor, dass es umfangreiche Gespräche mit dem Central University Research Ethics
Comittee (CUREC) der University of Oxford gegeben hat, das die Zulassung schließlich erteilt hat. Der Start der Studie ist für den Herbst dieses Jahres geplant.