"Ersthelfer Plus" am Arbeitsplatz

Hallo zusammen,

In meiner Firma (~1000 MA) gibt es in unserem Ideen-Zünder die Idee des „Ersthelfer Plus“.
Aktuell gibt es pro Stockwerk mehrere Ersthelfer (mit 16h EH Kurs ausgebildet) und dazu übers ganze Gebäude verteilt EH-Kästen mit Mullbinden und insgesammt 3 Defis.

Zitat aus dem internen Ideen-Zünder:

Nun wurde für Ende des Monats ein Gespräch mit dem Betriebsarzt, Gruppenleitern aus Health, Safety & Enviroment und einigen RS/NFS im Betrieb angesetzt.

Meine Fragen wären nun:

Ist das ganze überhaupt rechtlich machbar? Denn schließlich ist mein Arbeitgeber keine HiOrg mit Chefarzt o.ä.

Genauso, was haltet ihr von den vorgeschlagegen Inhalten der Ersthelfer-Plus Ausrüstung?
Was würdet ihr euch in diesem Fall noch dazu nehmen / weglassen?

Was mir noch dazu einfallen würde wäre z.B Sauerstoff.

Denn z.B. ein noch so tolles EKG würde wenig Sinn machen - ich weiß dann zwar was am EKG abgeht, aber alleine als Ersthelfer kann man da nicht viel machen - und für die Rythmen die wichtig sind reicht ein Defi vollkommen aus.

Allgemein sind natürlich auch andere Punkte / Vorschläge die man dort einbringen könnte wilkommen.

MfG Thomas

Also ich habe bei mir am Arbeitsplatz einen vollständigen FR Rucksack stehen. Dies aber auch deswegen, weil wir (an mindestens einem Tag der Woche) viele Ärzte im Haus haben. Wenn es notwendig ist, werde ich im Rahmen meiner Kompetenzen meiner HiOrg handeln. Auch wenn ich in einem anderen Bundesland tätig bin. Das Bundesgesetz (und Lehrmeinung inkl. bundesweit einheitlicher Arzneimittelliste) gilt auch dort und die Anwendung ist somit meiner Meinung nach kein rechtliches Problem.

Ich sehe das unproblematisch.

Man bewegt sich hier nicht im (rechtlichen) Rahmen eines Rettungsdienstes, sondern in Bereich der Ersten Hilfe („rechtfertigender Notstand“).

Problematisch könnte das ganze bei Medikamenten und sterilen Medizinprodukten sein, die müssten halt vom Betriebsarzt bezogen und überwacht werden (Kein wirkliches Problem, jemand muss halt für Wartung und Einschulung gem MPG sorgen). „Echte“ Notfallmedikamente wie den Epi-Pen sehe ich völlig unproblematisch, diese sind nach nach vielen Richtlinien absolute Ersthelfermedikamente (zb ASS würde ich auch dazu zählen).

Auch andere Medikamente sehe ich dann nicht als Problem, wenn der betreffende „Patient“ zustimmt. Die eigenmächtige Heilbehandlung (§ 110 StGB) liegt hier eigentlich nicht vor. Sie muss aber bedacht werden weil sie zumindest entfernt denkbar ist.

Die Strafbestimmungen nach dem SanG sind irrelevant, auf die Idee kommt eh keiner und außerdem kann man den Tatbestand sowieso nur herbiegen wenn man sich sehr bemüht.

P.S. Ein Problem sehe ich nur (eventuell) bei Benzos, die gelten als psychotrope Stoffe (iSd § 3 SMG iVM Anhang IV des Übereinkommens von 1971 über psychotrope Stoffe). Dabei muss man ein bisschen aufpassen, ist nicht so schlimm wie mit Suchtmitteln, die Weitergabe ohne persönlichen Vorteil ist auch nicht strafbar (§ 30 SMG). „Frei zugänglich“ würde ich sie allerdings auch nicht aufbewahren, Missbrauchspotential ist ja sicherlich gegeben.

Hi,

ähnlich hätte ich das auch gesehen dass dass über Erste Hilfe abläuft und desswegen ok ist.

Medizinprodukte sollten mit der Unterstützung des Betriebsarztes nicht unbedingt problematisch sein.
ASS oder ähnliche „Gewöhnliche“ Medikamente wie z.B Mexalen wären durchaus auch interessant.

Weiters würde ich keine Probleme mit dem SMG bezüglich Benzos o.ä. sehen da solche Medikamente meiner Meinung nach nicht unbedingt beim Ersthelfer schon verfügbar sein müssen - allerdings lasse ich mich gerne mit Argumenten umstimmen.

Interessant wären eben auch noch vielleicht andere Vorschläge was man alles in den Rucksack geben könnte außer klassischem Verbandszeug und den von mir oben genannten Arzneimitteln.

also ich muss gestehen, dass ich das nicht so unproblematisch sehe.

Denn die Sanitäterausbildung hat schon auswirkungen auf die Hilfeleistungspflicht. Natürlich muss man helfen, aber dieses „man kann in der ersten hilfe nichts falsch machen“ prinzip fällt weg. denn dieses Prinzip sagt, Notruf alleine reicht aus. Das wird für einen sanitäter nicht erlaubt sein.
Rein theoretisch dürfte ein laie auf alle fälle einen Epi-Pen verabreichen, denn er unterstützt lediglich und ist rechtlich nicht belangbar. Ein Rettungssanitäter hingegen weiß genau das er das als RS nicht darf. Aber der Epi-Pen ist eh nicht vorgesehen für den RS in deinem plan. Schwierig wird es aber wenn IRGENDWAS schief geht.
Denn wenn man zB beim Larynxtubus irgendeinen fehler gemacht hat, hat man den ja nur eingesetzt weil man sanitäter ist. Aber man ist zu diesem Zeitpunkt nicht als Sanitäter im Dienst, also besteht der Versicherungsschutz über die HiOrg nicht. Man führt aber diese Maßnahme nicht als Ersthelfer durch, sondern als Sanitäter. Somit wird man dann auch so behandelt. Und plötzlich steht man ohne Rechliche Basis da. Mir wäre da die rechtliche gefahr einfach zu hoch.

Und übrigends, braucht man das zeug denn wirklich als ersthelfer?

Blutzuckermessgerät & Glucose (schätze mal in essbarer form, sonst bräuchtest du einen NKV)
Damit er es essen kann, muss er bei bewusstsein sein, dann kann er auch selbst messen, und ein diabetiker wird normal sein Messgerät sowieso mithaben. Das kann er dann entweder selbst anwenden, oder mit einem Laien gemeinsam anwenden.

Epi-Pen - wird ein starker Allergiker sowieso mithaben, aber das sehe ich noch am ehesten ein,

Inhalatoren - Asthmatiker haben die Inhalatoren eh meistens mit.

Larynxtubus und Airway set - Ich sag nur „Hands-Only CPR“ - ich denke da hat man als Sani eh genug damit zu tun die CPR gescheit zu machen (die ich nicht so einfach an einen Laien übergeben würde, auch speziell wenn ich den Defi Einsetze.

Abgesehen davon find ich es als Botschaft für die Normalen Arbeiter relativ negativ, da der Wert der Erste Hilfe somit verloren geht und die Botschaft ist, holt die Sanis die bei euch arbeiten weil ihr könnt das sowieso nicht richtig.

Bin bis heute (als NKV auf einem NEF aber auch SEW, PHTLS Advanced Provider, Lehrbeauftragter, Praxisanleiter und Lehrsanitäter) immer noch der meinung das man auch als Sanitäter ganz normale Erste Hilfe anwenden kann, da die Basismaßnahmen so viel wichtiger sind als irgend ein Dosieraerosol zB.
Die Rettung ist in ca 10. Minuten bei euch in der Firma. Diese 10 Minuten nutze ich für eine ordentliche Anamnese gemäß ABCDE und SAMPLE und übergebe meinen Eintreffenden Kollegen im Anschluss den Patienten. Als Erweiterter Ersthelfer würde ich auch nie die rettung stornieren oder sagen man brauch keine rettung, da ich vor ort die Entscheidung nicht treffen würde weil immer etwas sein kann.

Was ich evtl noch verstehen könnte als Ausrüstung, wäre eine Blutdruckmanschette mit Stetoskop, aber das ist dann auch schon alles.

Und ich hatte letztens in einer Firma einen EH Kurs, die so einen sehr engagierten Betriebsarzt haben, die diese ganzen späße haben, inkl. einem Lifepak 1000 mit EKG Funktion und sogar Güdel- und Wendeltuben. Brauchen tut es kein mensch dort… sollen lieber eine Stabile Seitenlage machen.

Also, zusammengefasst, für mich eine Kosten-Nutzen Rechnung. Kosten (Epi-Pen usw läuft ja auch ab, sogar im RTW, also erst Recht in Firmen EH-Kästen) aber vorallem die Potentiellen Rechlichen Komplikationen. Nutzen? Minimal!

Übrigends ist der LV Steiermark ebenfalls der Meinung das RS und NFS als Ersthelfer keine Sanitäter sind, da sie nicht im Dienst sind. Deswegen können sie sich jederzeit beim der Landesleitstelle in Dienst stellen mit einem Telefonanruf damit sie die Kompetenzen als Ersthelfer anwenden dürfen. Bis inkl.NKI ist dann alles erlaubt, da die Mitarbeiter dann auch im Dienst sind. Sonst gilt die Erste Hilfe

„Ersthelfer plus“…welch Schwachsinn!! :laughing:

was kommt als nächstes? Ersthelfer „super premium“ ? :laughing:
Würde man die erste Hilfe Maßnahmen ordentlich und lückenlos so wie derzeit empfohlen durchführen würde die Rettungskette weitaus problemloser funktionieren als momentan. Basismaßnahmen haben bei vielen Rettungssanitätern anscheinend einen „minderen“ Stellenwert als Ketanest, Larynxtubus&co.
Diese Verblendung kann man sich im täglichen Betrieb ansehen, wenn manche Sanitäter es nicht mal schaffen ein Dreieckstuch anzulegen.
Bleibt lieber am Boden und versucht euren Mitarbeitern in der Firma die Basis Erste Hilfe ordentlich beizibringen.

Manche Posts sollte man mit einem Like-Button versehen. Sprichst mir aus der Seele, Rheobase

Der Like-Button ist ab sofort in Arbeit :smiley:

(y) gefällt mir (y)

[size=70]…sry für OT…[/size]

@Rheobase:

Genau wegen solchen Aussagen (und vorallem der guten Erklärung dazu) habe ich eben die Frage auch bei euch reingestellt.

Geht eben darum dass - wenn es sinnvoll ist - man das durchaus verbessert und nicht unnötiges Zeug rumliegen hat nur weil es möglich wäre das ganze IRGENDWANN einzusetzen.

Eine Idee für eine Firma dieser Größe (wurde höchstwahrscheinlich schon umgesetzt aber erwähnen möchte ich diese trotzdem):
Eine Firma dieser Größe hat sicher einen Portier und vielleicht auch mehrere Zufahrtswege. Bei der Alarmierung des Rettungsdienstes wird sicherlich der Leitstelle durchgegeben wo sich genau der Notfallort befindet. Hier könnte man zusätzlich den Portier informieren (der sich in der Firma sicherlich gut auskennt), dass dieser auf einem Grundrissplan schnell den Notfallort einzeichnet und den Weg wie man am Besten und auf schnellsten Weg zum Notfallort gelangt. Diesen Plan könnte dann der Portier dem Rettungsdienst-Team mitgeben, damit diese schneller den Notfallort erreichen.

Beispiel größere Metallverarbeitungsfirma in der Steiermark: Das Gelände (sehr groß - mehrere Quadratkilometer und eigenes Straßennetz in der Firma) hat insgesamt nur eine Einfahrt mit mehreren Schranken (wo auch die Zulieferer udgl. zufahren). Bei einem Schranken wartet der Portier mit der Wegbeschreibung zum Einsatzort und gibt noch schnell Tips wo man dann wo abbiegen muss. Dies erleichtert bei dieser großen Firma das schnelle Erreichen des Einsatzortes ungemein. (Nebenbei hat die Firma auf jeden Werksgelände auch First Responder installiert, welche schnelle Erste Hilfe leisten können. Diese werden von der Landesleitstelle informiert und disponiert.)

Ich erlaube mir den Thread zu reanimieren und kurz das erweiterte EH-Wesen bei meinem Arbeitgaben (ca. 100 MA am Standort) näherzubringen.
Wir haben dzt. 14 Ersthelfer, 2 RS und mich als NFS als „Personal“. Da sind wir also gut durchsetzt mit geschultem Personal. Die nächste RK-Ortsstelle ist im ort, die übernächste ca. 5 Min. entfernt und das NEF so ca. 10 Min. Als Sani ist man natürlich etwas paranoid bzgl. Notfällen und will auch immer vorbereitet sein.
Wer Arbeitsunfallalarmierungen kennt, weiß dass diese oft sehr dürftig sind („Anrufer dritter Hand“) und bei größeren Betrieben der Notfallort oft nicht leicht zu finden ist. Deswegen sind bei uns die Ersthelfer angehalten, selbst 144 zu wählen und nicht über Empfang/Sekretariat/… Den zweiten Punkt haben wir erledigt, dass es einen definierten Eintreffpunkt für den RD gibt (bei der Adresse in der RK-Leitstelle hinterlegt).
Die weiterte EH in Form der Sanis soll v.a. zur Unterstützung sein, um die Situation etwas zu beruhigen, schließlich sind die Ersthelfer auch keine routinierten Helfer. Da braucht’s keine Geräte dazu, sondern einen Zettel mit den Durchwahlen der Leute.
Jetzt erst kommt die Ausrüstung ins Spiel. Wir haben einen Defi und auf dessen Kastl steht die erweiterte Ausrüstung. Als spezielles Matieral stehen Beatmungsbeutel mit Masken, VBM-Handabsaugpumpe, große saugende Wundauflagen und Peha-haft zur Verfügung. Im Prinzip sind das sehr einfache, unkaputtbare Matierialien (stehend i.d.R vor Gebrauch mehrere Jahre rum). Mehr braucht man nicht, da dann eh schon der RD da ist.

Schön mit Maß und Ziel. Gefällt mir…

Ich dann auch mal:

Bürobetrieb mit ca. 200 MitarbeiterInnen am Standort. Im Erdgeschoss 9 Arztordinationen, wo jedoch keine Therapie sondern ausschliesslich Diagnostik betrieben wird.
Pro Stockwerk haben wir 4 Ersthelfer, im Haus selber sind auch noch 2 RS und 2 NFS beruflich tätig und sind als Ersthelfer gemeldet.

In jedem 2ten Stockwerk hängt sehr zentral beim Stiegenhaus ein AED Lifepak CR+ sowie ein EH Koffer nach Önorm auf dem auch die Durchwahlnummern der Ersthelfer groß auflaminiert wurde.

Zusätzlich haben wir eine Ergometrie, in der neben dem EKG mit Defibrillationsmöglichkeit (auf Rollwagerl) auch eine Notfallausrüstung in Ulmer Koffern gelagert wird. (Prinzipiell eine Grundausstattung inkl. Larynxtuben und O2).

Bei Notfällen im Haus wird der Chefärztliche Dienst alarmiert (Internist & DGKS) sowie (bei einem schwereren Notfallgeschehen) auch die Ersthelfer (bevorzugt die Sanitäter - je nach Notfallgeschehen). Ausserdem wird vom Portier ein Lotsendienst organisiert (einige selbstsperrende Türen im Haus, die nur mit Berechtigungkarte passiert werden können) und der Rettungsdienst auch in Empfang genommen.

Was ich persönlich als wichtig und gut empfinde ist, dass wir diesbezüglich jedoch auch von externer Stelle durch unseren Betriebsarzt (selber Notarzt) und der Sicherheitsfachkraft (selber Notfallsanitäter) auch laufend evaluiert werden (aktuelle Fälle besprochen und auch die Ausrüstung gegengecheckt).

Notfälle selber haben wir ca. 1-2 pro Monat, welche jedoch hauptsächlich im Kundenverkehr stattfinden.