Aussterbendes Ehrenamt

Das die MA70 Probleme hat ist eine Sache, anderen dafür „die Schuld zu geben“ aber eine ganz andere.
Hier ist die Politik gefragt bzw. jene die rundherrum den Rotstift ansetzen und sparen.
Wenn das WRK Fahrzeuge nicht besetzen kann, aus welchen Gründen auch immer, das ist das so - die MA70 ist hauptsächlich für den RD beauftragt, das ist Fakt.
Das die Leitstelle jahrelang die MA70er fleißig herrum geschickt hat und die anderen Organisationen die „Restel“ bekommen haben ist auch Fakt und das jene irgendwann zu sparen anfangen (müssen) ist auch logisch.

Nicht falsch verstehen, das alles löst die Probleme nicht aber wie gesagt - Hier ist die Politik gefragt.

@ Cyrux danke. Das ist das was ich vermutet habe. Ein Verein wollte ja schon früher einmal die MA70 übernehmen, aber dann kam die Trennung Wien und Niederösterreich und der Verein hatte plötzlich nur mehr ein Fahrzeug in Wien und es erledigte sich. Primär gilt die MA70 muss mit ihren Fahrzeugen alle RTW Einsätze abdecken können, nur bedeutete dies eine wesentlich größere Vorhaltung an Personal und Fahrzeugen als dies jetzt der Fall ist oder aber direkte Kontraktverträge mit den Vier für Wien, wo nicht der Einsatz, sondern die Bereitstellung abgegolten wird und das hieße halt ein RTW kostet in der Beschaffung 135.000 € verursacht Material und Abschreibungskosten von 45.000 € und bedarf 10,5 Stellen für NFS im Jahr also rund 440.000 € und Weiterbildungskosten von 1.000 € je Person. Damit ist man bei rund einer halben Million € für einen RTW 24/7/365 und ob das seitens der Stadt gezahlt würde kann hinterfragt werden. Nur ich kenne jetzt die Preise in Wien für einen RTW Einsatz nicht auf den Euro, aber wenn ich von 200 € je Einsatz ausginge müsste der RTW 2.500 Einsätze im Jahr fahren und ob das klappt wäre zu hinterfragen.

also ich kann dir sagen das sich 2.500 Einsätze mit absoluter Leichtigkeit ausgehen. unsere RTW´s sind 2017 ich glaube irgendwas um die 7.000-8.000 pro Fahrzeug gefahren. Und auch aus eigener Erfahrung kann ich dir sagen das man am HiOrg-RTW echt nicht lange auf Einsätze wartet.

Zu dem letzten posting darf ich mir erlauben zu sagen das ich es eigentlich eine Frechheit finde das die Ma 70 mehr bekommt für eine Einsatz als die 4fW. Den wenn es stimmt was man hört und hier bitte ich euch mich zu korrigieren wenn ich falsch liege ist es so das die Ma 70 die besagten 700 Euro bekommt und die 4fW bekommen angeblich knapp unter 500 Euro (485 hörte ich mal).
Da stellt sich die Frage dann wieso sollte ich als hiorg ein Fahrzeug stellen mit dem selben Personal, der selben Ausrüstung wenn ich dafür weniger bekomme. Vorausgesetzt meine Zahlen stimmen.

Gesetz dem Fall sie würden stimmen (was ich nicht glaube - siehe Redtigers Beitrag) dann stellt sich die Frage warum machen. Nun es wird seine Gründe haben wie zum Beispiel Förderungen, welche ein kostendeckendes operieren ermöglichen

Ganz genau!

Die einzige Frechheit bei der Verrechnung ist, dass die MA70 rein digital dokumentieren „darf“ und die Krankenkasse zahlt trotzdem während die Organisationen (sowohl am KTW wie auch am RTW) mit Stempeln in doppelter Ausführung etc. gequält werden.

Bei den Organisationen sitzt dann jemand der diesen irren Verwaltungsaufwand handeln muss und genauso bei der Krankenkasse. Das dürfte dem Vernehmen nach aber ein reines WGKK Problem sein, in NÖ wird ja dzt auch ein rein digitales Dokusystem für KTW/RTW eingeführt und die Einsätze dort wird die WGKK auch bezahlen müssen.

ich kann nur zustimmen, da muss es doch echt eine bessere Lösung geben

Jährlich ziehen 40.000 Personen nach Wien.

Eine 40.000 Stadt hat wieviele RTW’s im Dienst? Dann weiß man auch wieviele RTW’s man jährlich zusätzlich schaffen müsste.

Aber keine Sorge, diese einfache Rechnung schaffen auch andere Organisationen nicht :confused:

Die Versorgung kann ja meiner Meinung nach eh nur durch die ganzen zahlreichen KTWs / NKTWs sicher gestellt werden… ansonsten würde sowieso alles zusammenbrechen.
Auch nicht verwunderlich. Ich hab mir mal (ist jetzt auch schon eine Zeit lang her) die Mühe gemacht, London & Wien zu vergleichen (soweit man das heraus bekommt).
[Vorwort: Das ist natürlich weder wissenschaftlich fundiert, noch erhebt dieser Vergleich die absolute Wahrheit]

Während London ca. 450 RTWs (Infos von Reportage „Ambulance“ und Wikipedia) und Wien kolportierte 40 RTWs (Info lt. MA70 vor einiger Zeit, wobei ich fast glaube, dass wir da gar nicht hin kommen) täglich im Dienst hat, hat London 8,5 Mio Einwohner und Wien ca. 1,8 Mio Einwohner.
Das macht auf einen RTW herunter gerechnet in London 18889 Einwohner auf einen RTW, während wir in Wien auf 46500 kommen.

Wenn man dann noch bedenkt, dass Londons Leitstelle oft nicht klar kommt und immer wieder „Notbetrieb“, d.h. mit Wartezeiten von mehreren Stunden für Patienten ausruft… dann darf man nicht drüber nachdenken, was hier abgehen könnte/würde.

Und ja, natürlich ist mein Vergleich nur annähernd und basiert auf NICHT gesicherten Zahlen, aber ich glaube auch subjektiv, dass die Wahrheit schon so aussieht, wie man das annehmen darf und davon nicht allzu weit entfernt ist.

Ich höre jedenfalls am Tetra mehr „Derzeit kein RTW verfügbar“ als „Derzeit kein NEF verfügbar“, wie das sonst war… und das finde ich schon sehr bedenklich. Das Bild einer leeren Rettungsstation wie MHF ist jedenfalls keine Seltenheit…

Na ja in England läuft es generell ganz anders. Da wird ja teilweise auch am Telefon anders triagiert und es kommt eben NICHT ein RTW nach ein paar Stunden sondern ein Advanced Care Practicioner oä (= ÄFD) oder es kommt eine andere Form von Special Response (Psychiatric Nurse zb).

Außerdem gibts ja nicht nur die Ambulances (RTW) vom LAS sondern St. Johns (JUH Schwester-Org) betreibt quasi NKTWs, die erledigen die niedrig priorisierten Calls und sind teilweise auch ehrenamtlich besetzt (Die Fahrzeuge sind standardisiert und heißen „Crusader“ → youtube.com/watch?v=CYx8wt3Hpok). und dazu gibts eine Fülle von Sub-Unternehmen die ebenfalls Patient Transport Service machen und teilweise niedrig priorisierte Codes fahren bzw reine KTW Codes.

Das System ist also deutlich diverses, aber natürlich sind sie auch so am Limit!

Allerdings wirklich, und nicht nur so wie die MA70 (:P). Die sind wirklich „effizient“ am Limit, dh die Besatzung fährt durch, ohne „Putztouren“ etc. Das geht soweit, dass sie gut verteilte Garagen haben, wenn der RTW leer oder schmutzig ist wird er einfach abgestellt und die Besatzung steigt auf ein neues Auto um - Putzen und Nachfüllen wird von Hilfspersonal erledigt. Genauso die Rucksäcke: Man nimmt einfach einen neuen bzw ein neu aufgefülltes Modul - ein Einrücken zum auffüllen gibt es kaum und wenn man wirklich muss kann es mit minimalem Zeitaufwand erledigt werden. Angenehm ist das sicher nicht denn das Personal hat fast keine Chance der Arbeit zu entkommen.

Wenn ich da jetzt grob die 3 Mitarbeiter abzieh und die Kosten für das Fahrzeug darf der Patient nicht wirklich viel haben sonst bleib ich nicht kostendeckend.
Bei nur 2 Mitarbeitern auch egal weil,die Stunde kostet mich der Mitarbeiter (leider) nicht viel.
Aber sobald ich eine Infusion Anhänge oder gar ein Medikament brauch ist die Kostendeckung dahin.

Da frag ich mich wieso die 4fW überhaupt noch rd fahren weil als bwl‘er sag ich das kann nicht kostendeckend funktionieren.

naja warum sie es tun kann ich dir auch nicht sagen (prestige, als anziehungsfaktor für EA´s?) aber was ich dir schon sagen kann ist dass es sich hin und wieder in manchen Diensten schon ausgeht (bei uns heissts immer 8 bezahlte touren im Dienst und die kosten sind wieder drinnen), vorausgesetzt das man absolut nichts verbraucht an material. Und ich glaube es ist ja auch bekannt dass der RD mitfinanziert wird von allen anderen Einnahmequellen der HiOrg´s und anscheinend geht es sich für manche so aus.

Die Frage ist wie lange können bzw. Wollen sich die Hilfsorganisation dies noch leisten?
Weil wenn die Organisationen aussteigen dann muss die Ma 70 es alleine machen und dann wird es erst recht teuer

Ja das Ehrenamt im Rettungsdienst ist am aussterben. Das hat meiner Meinung nach mehrere Gründe, teils von den Organisationen selbst verschuldet teils aufgrund von Faktoren die man nicht beeinflussen kann.

Ad 1) Die Leute wachsen auf und leben bis zur Pension nicht mehr in einer Ortschaft, das bedeutet sie ziehen irgendwann mal um. Wenn man die Dienststelle/Organisation wechselt kann es vorkommen, dass man wieder von Vorne (inklusive gesamter Ausbildung) anfangen muss. (da ein zugereister ja nix kann) und mit 10 Jahren Erfahrung fangt man nicht bei 0 an.
Irgendwie fehlt es auch an der Mitarbeiterbindung. Wir waren 20 Leute im Kurs, nach 5 Jahren waren noch 2 aktive Mitglieder und nach 10 Jahren bin ich der einzige. Da stimmt was nicht.

Ad 2) Die Anforderungen steigen mit mehr Ausbildung, mehr Schulungen und eventuell einer gewissen Anzahl von Mindestdiensten. Die Nachtdienste (und die fahren die Freiwilligen am meisten) werden anstrengender, da es mehr Fahrten gibt und man nicht mehr zum ausschlafen kommt. Das hat dann wieder Einfluss auf den Brotberuf.

Alles im allen werden weniger anfangen und die Leute werden kürzer bleiben.
Lösung habe ich auch keine dafür.

Deshalb setzt man ja auf Quantität und nicht Qualität.

Die Aussage kann ich nur bestätigen und Ergänzen, auch die HA bleiben warscheinlich nicht bis zur Pension. Die Generation Millenium hat gerade das Arbeitsleben begonnen, die Y iloner kommen demnächst.

Wenn mir ein Rettungsdienst gehörte, da würde ich und meine Berater Tags- wie Nachts an einer neuen Working Live Balance arbeiten. Weil der Hut brennt!

@ Amphiaraos

Zu ersterem die HiOrg’s planen nur mit einem Verbleib von etwa 3 - 5 Jahren und ausgzahlt hat sich der Ehrenamtliche nach etwa 6 Monaten, deshalb muss die Ausbildungsdauer aber auch so kurz gehalten werden um schnell genug Ersatz generieren zu können. Der zweite Punkt den du ansprichst finde ich auch recht interessant, da gibt es das SanG und die SanAV und trotzdem erkennt ein Verein noch nicht einmal in ganz Österreich seine eigene Ausbildung an. Es wäre ja interessant, wenn dem Vorarlberger Zimmermann in Wien auf der Baustelle gesagt würde: „Ja die Zeugnisse sind schon gut, aber für Wien musst du die Ausbildung noch einmal machen.“ und wenns ihn dann nach Kärnten treibt, kann er nochmal drei Jahre Ausbildung machen :blush: Gleiches gilt für die Fortbildungen, da wird nur anerkannt was man im eigen "Sau"Stall gemacht hat und ansonsten steht auf den Bescheinigungen „Kann im Umfang von X Stunden gemäß §50 SanG anerkannt werden.“ Sorry entweder sind es X Stunden oder es sind Y Stunden, aber nicht bei Organisation A X und B Y und bei C Z Stunden. Wir faseln hier was von Beruf usw. im Rettungsdienst, haben eine gesetzlich normierte Ausbildung und eine Verpflichtung uns mit mindestens 16h in zwei Jahren facheinschlägig fortzubilden und da sagen trotzdem noch Organisationen „Ah nö das erkenne ich aber nicht an.“ Das Problem ist in Österreich ich bin nicht Sanitäter, sondern ASBler, Johanniter, Malteser, Rotkreuzler usw., es kommt nicht auf die fachliche Qualifikation sondern auf den am besten landsmannschaftlichen Stallgeruch an und das ist ein Problem. Ein Sanitäter oder NFS in Deutschland sagt, na welche Uniform wer trägt ist ja nun egal, hauptsache ist er kann etwas.
Den zweiten Punkt den du bringst unterschreibe ich

Ich schrieb ja schon, dass die Belastung negative Auswirkungen auf den Brotberuf hat. Den Aspekt mit den mehr Schulungen wirken die HiOrg ja entgegen in dem sie verhindern das mehr gefordert wird mit dem Verweis auf die Belastung der Ehrenamtlichen und aber auch der Hauptberuflichen, weil die Fortbildung Dienstzeit ist und diese ja keinen Gewinn erzielt und auch wenn sie so gemeinnützig und caritativ sind, schaffen sie sich doch eine gute Versorgung für Personen, welche anderswo nicht die Qualifikation für die Position hätten.

Ein neuer Artikel zu dem Thema.
Weiß wer was dazu? Was war 2014?