Interaktives Fallbeispiel

Hat er sonst etwas genommen was er sonst nicht nimmt oder etwas weggelassen? Ja der Druck ist nicht berühmt aber anscheinend reicht ihm das für ausreichende Perfusion. Mir fällt sonst dazu nix ein

Auf die schnelle hab ich jetzt keine Antwort gefunden daher: Was ist die Vorgeschichte zur Narbe am Unterarm ?

Und nur weil ich grad zufällig dran gedacht hab, ganz basic: Ist dem Patient erwähnenswert warm/kalt ?

Nein. Hat nix sonst eingenommen.

Dort und am Unterschenkel wurden Gefäße für den 4-fach Bypass entnommen.
Den Bypass hat er nach einem Hinterwandinfarkt vor 3 Jahren bekommen.

Nein. Haut ist trocken und normal temperiert.

Ich geb’ zu, das EKG ist am Ausdruck deutlich länger und besser zu sehen.
Aber in II, III, aVF und über der Vorderwand sind doch recht gut Hebungen zu sehen, nicht?

Ja finde auch, dass man vorallem in III durch eine deutliche Hebung sieht.
Du schreibst 98% SpO2 bei Raumluft. Gibt es durchgehende SpO2-Messung? Sieht man bei Belastung auch einen Abfall der SpO2-Werte?

Ich schließe mich auch der Arbeitsdiagnose PE an. Auch das EKG mit den leichten Hebungen würde das aus meiner Sicht unterstützen.

Ja. Gibt es. Wir haben den Pat. aber nicht belastet. Daher kann ich die Frage nicht beantworten.

Die Hebungen sieht man (Hinterwand fraglich, da die Basislinie nicht stabil ist). Für so ein STEMI bräuchte es eine „typ III wrap around LAD“ (Ich hab auf Deutsch nichts dazu gefunden :confused: ).
Außerdem bestehen die Symptome seit 4 Tagen, d. h. wenn ein STEMI die Symptomatik auslöst, müsste man mittlerweile ein späteres Stadium des Herzinfarktes sehen.

Bei so nem Blutdruck und verzögerter Rekap ist der Patient bereits am zentralisieren und zum dekompensierten Schock fehlt nicht mehr viel.
Die Belastungsdyspnoe mit 98% Sättigung sehe ich eher als sekundäres Symptom.
(Für ne PE die eine solche Hypotonie auslöst, müsste ein größeres Gefäß dicht sein und es dadurch Stauungszeichen geben und die Sättigung schlecht sein)

Wie sieht denn der Volumenstatus des Patienten aus?
Hat er Durchfall? (Kann bei Antibiotika-Einnahme durchaus vorkommen)
WIe sehen die Schleimhäute aus? Trocken? Stehende Hautfalte?

Ich würde kardiale Dekompensation oder Hypovolämie ganz oben auf meine DD-Liste setzen.
Wenn ich Hinweise auf letzteres hätte → Schocklagerung und Emi im Schuss
Wenn der Patient nicht dehydriert wirkt → NEF für Katecholamin-Therapie

Der Pat. ist ja schon „etwas älter“ und trinkt etwas zu wenig, wie es ältere Leute gerne tun.
Schleimhäute sind nicht wirklich trocken aber auch nicht richtig feucht. Minimal stehende Hautfalte.
Kein Durchfall.
Keine ganz klaren Anzeichen für eine relative oder absolute Hypovolämie.

Es kann durchaus sein, dass er die Tage davor nur eine arge Stenose hatte und eben jetzt den kompletten Verschluss. Von daher kann man aufgrund der dauer der Beschwerden nicht wirklich ein akutes kardiales Ereignis ausschließen.
Ich habe mir eine Erklärung für die ST-Hebungen geben lassen. Die werde ich auch mit euch teilen. Vll. kommt aber noch jemand drauf.

ahh… Schocklagerung… Maßnahme X… RR steigt im Verlauf auf 90/60 und auch die HF steigt auf 75 (wie im EKG). Dyspnoe verschwindet fast komplett.
Da das für die Stabilisierung von RR und HF gereicht hat, haben wir auf „Emi im Schuss“ verzichtet.

Das NEF wurde zur Sicherheit bestellt, weil der Pat. auf Nachfrage X gesagt hat, er habe bei seinem Infarkt damals exakt die selben Symptome gehabt. Keinerlei Brustschmerzen, keine Übelkeit, kein Druck auf der Brust, kein Brennen, nur Belastungsdyspnoe und niedrigen Blutdruck
Die Aussage in Kombination mit dem nicht ganz sauberen EKG hat uns als Team nicht so ganz gefallen.
Da der Pat. bei potentiellem kardialen Event ins KH mit Kardiologie sollte und das Nachts bei uns nur nach vorheriger Abklärung durch den NA mit dem Kardiologen (Rufbereitschaft) geht, haben wir das NEF geholt und das EKG telemetriert.

Meiner Erfahrung nach, übernehmen die Kardiologen die Pat. nur dann direkt aus der Präklinik wenn eine eindeutige Symptomatik + EKG Zeichen bestehen. Ansonsten schicken sie einen ins nächste KH um die Blutwerte zu bestimmen. Leider führt das nicht selten bei asymptomatischen Pat. oder auch bei voll symptomatischen NSTE-ACS Pat. zu Verzögerungen in der Therapie.

Auch in diesem Fall wurden wir ins lokale KH geschickt.

Danke für diesen lehrreichen Fall Menico!

Macht spaß mitzuraten. :slight_smile:

Werd wenn ich Zeit finde auch einen spannenden Einsatz posten :wink:

Ja die Hebung sieht man in einem Zyklus, im nächsten dann nicht mehr, dazu gibt es keine Spiegelbildlichen Senkungen, er erfüllt nicht die STEMI Kriterien und er hat keine ACS Klinik. Die Qualität des Ausdrucks hier ist endenwollend wenn man immer hin und her scrollen muss. Gibt es ein VergleichsEKG?
Wenn dann natürlich im Gespräch nach Sherlock Holmes Manier aufploppt (zumindest klingt es so als müsste man hier alles aus der Nase des Patienten herausziehen) das es damals genauso war, soll es so sein, dann würde ich mir jetzt auch einen NEF holen weil es das Bild verändert. Auf einmal steht das ACS ganz prominent im Raum.

Und die Auflösung?

Wenn anamnestisch und im EKG kein Hinweis auf akute Coronarokklusion besteht, der Pat. nicht rhythmisch instabil ist und er keine analgetikaresistente AP hat, hast keinen Benefit von einer Akut-CAG, also passt das Vorgehen schon.

Im EKG aus dem Beispiel würd ich persönlich keine Hebungen reininterpretieren. Die Baseline in den inferioren Abltg. hat da a ordentliche Welle drinnen (wenn man zB die Höhe der einzelnen P vergleicht), aber im Verlauf zu dieser würd ich die ST Strecken als weitestgehend isoelektisch bewerten. Außerdem keine Senkung in I oder aVL sowie anterior, also kein STEMI im engeren Sinn. Was aber auffällt sind die tiefen Qs inferior, das wäre z.B. mit einer alten Infarktnarbe vereinbar - darf man schon mal nach CABG haben.
In der Vorderwand is der J-Punkt schon a bissl erhöht, aber keine 2mm und bei den riesigen QRS Komplexen wohl eher mit einer LVH in Verbindung zu bringen.

Niedriger Pulse Pressure und Besserung auf Flüssigkeitsbolus und Leg Raise sprechen ganz gut für eine Hypovolämie (im Rahmen des stattgehabten Infektes?). Die Herzfrequenz is a bissl komisch, aber bei B-Blocker spielt die auch nicht immer so mit wie man es sonst erwarten würd.

Ergänzend könnte man fragen (weil ein paar mal die PE gefallen ist) ob Thrombosespritzen während des Rotlaufs verabreicht wurden, nochmal ganz genau die Beine anschauen, und man könnt nochmal kurz aufs Herz und die Vena Cava schallen wenn die Motivation riesig ist. Ändert aber alles das präklinischen Procedere in diesem Fall überhaupt nicht…

Finds ein gutes Beispiel! Zeigt einem ganz gut, dass (Belastung)Dyspnoe nicht immer Zeichen einer Hypoxie sein muss, sondern auch ein Symptom einer Minderperfusion sein kann (y)

Ja. Im KH gab es dann Vergleichsekgs.
Ich weiß auch nicht warum die Qualität so mies ist. Am gedruckten Streifen war es deutlich besser erkennbar.
Wir haben aber auch mehrfache EKGs geschrieben. Sieht wohl danach aus, als hätte ich das schlechteste davon zugeschickt bekommen.

Beim nächsten mal nehme ich mir einen Ausdruck mit zum scannen. Ich bin diesmal leider erst zu spät draufgekommen.

Das mit dem „aus der Nase ziehen“ war bei dem Pat. extremst mühsam. Es fällt mir inwzischen sehr oft auf, aber ist ja eig. auch logisch. Die Leute wissen ja nicht welche Informationen für uns wichtig sind und welche nicht. Da kann man also nicht wirklich einen Vorwurf machen. Ich bin aber auch oft wie der letzte Idiot dagestanden bei der Übergabe weil die Geschichte auf einmal ganz anderst erzählt wird als noch vor 15 minuten.

Ich sag den Leuten auch immer beim gehen, dass sie wichtige Arztbriefe für den Notfall griffbereit haben sollen. Dann weiß zumindest der nächste woran er ist.

Das war auch die Erklärung des Internisten bzgl. der ST-Hebungen. Vor allem im Vergleich mit vorbestehenden ekgs. Leider konnten wir das vor Ort nicht wissen, weil kein Arztbrief oder sonstiges da war in dem das erwähnt gewesen wäre. Was ich mir eig. bei nem Pat. mit Z.n. Infarkt und 4-fach Bypass erwarten würde. Somit mussten wir davon ausgehen, dass das neu ist.

Ja. Hat Thromboseprophylaxe bekommen. Ultraschall gibts bei uns am NEF nicht. Es gibt einen niedergelassenen der sein mobiles ab und an im Dienst dabei hat.

Freut mich. Vll. kann der eine oder andere was davon mitnehmen.

Pat. wurde nach einer Nacht stationärer Überwachung ohne genaue Diagnose nach Hause entlassen.
Keine PE, Kein Infarkt, Keine Dekompensation…
Ist leider ein bisschen unbefriedigend nicht zu wissen was es genau war, aber was will man machen.

Danke für s mitmachen!

Auch von mir ein Danke für das interessante Fallbeispiel :slight_smile:

Wieder mal ein schönes Beispiel für Alarmierung/Leitsymptom muss nicht immer das Hauptproblem sein :wink: