Bericht: Fortbildung "Vernetzung Psychiatrie"

Gestern fand im Hörsaal der Berufsrettung Wien eine Fortbildung für Ärzte und Sanitäter statt.
Als Vortragende waren ein Vertreter der Polizei Wien, der Chefarzt der Polizei-Amtsärzte in Wien, ein Abteilungsprimar aus dem OWS, sowie ein Vertreter des Psychosozialen Dienstes Wien - Weiters war eine OÄ aus der ärztlichen Direktion des OWS sowie ein NA aus der Rettungsakademie der MA70 anwesend welche für spezielle Fragen sowie die Moderation zur Verfügung standen.

Seitens der Polizei/Amtsärzte wurden die rechtlichen Grundlagen entsprechend Unterbringungsgesetz und Sicherheitspolizeigesetz in Erinnerung gerufen (Vorliegen für eine Zwangseinweisung gemäß UbG müssen: Psychiatrische Erkrankung, sowie eine damit im Zusammenhang eine akute ernstliche und erhebliche Selbst- bzw. Fremdgefährdung) - hier konnte dann auch ausreichend auf Fragen und Problemfälle aus dem Publikum eingegangen werden.
Interessante Infos daraus: Sollten zwischen RTW und Polizei Differenzen über die Notwendigkeit eines Amtsarztes bestehen, so ist ein NA anzufordern. Dieser hat das medizinische Urteil zu treffen ob ein Amtsarzt notwendig sei oder nicht. Sollte sich die Polizei dem NA gegenüber weigern einen Amtsarzt anzufordern, so kann dieser über die Polizei einen telefonischen Kontakt zum Amtsarzt anfordern um das Problem im Arzt-Arzt-Gespräch zu klären.
Amtsärzte dürfen die von ihnen eingewiesenen Patienten (außer im Falle einer notwendigen erweiterten Erste-Hilfe Leistung) nicht Heilbehandeln (z.B. eine Sedierung). Dies wäre die Aufgabe eines Notarztes. Die Beschwerde seitens der Notärzte das sedierte Patienten auf der Psychiatrie in der Regel abgewiesen würden - weshalb durch die NÄ keine Sedierung durchgeführt würde, konnte nicht restlos geklärt werden. Seitens des Psychiatrischen Primars wurde eine Sedierung für sinnvoll erachtet, allerdings kann auch er nicht ausschließen, dass es evtl. Probleme mit einzelnen OA gäbe die solche Patienten nicht annehmen würden. - Man beabsichtige hier allerdings Lösungen in der Vorgehensweise zu finden.

Anschließend führte der Vortragende des PSD die Aufgabengebiete und Leistungsangebote des PSD vor.
Interessante Info daraus: Der PSD hat von Mo.-Fr. 8-16 Uhr 2 mobile Teams. Der PSD hat Rund um die Uhr mindestens ein Ambulatorium geöffnet und ist auf der Telefonnummer des PSD erreichbar. Für Fälle die nicht unter das UbG fallen, die Patienten allerdings einen freiwilligen Transport auf eine Psychiatrie ablehnen, kann Kontakt mit dem diensthabenden Psychiater des PSD aufgenommen werden. Hier kann über Alternativen gesprochen werden, und evtl. ein Besuch eines mobilen Teams oder ein Transport zu einem Ambulatorium des PSD vereinbart werden - sofern der Pat. damit einverstanden ist.

Der abschließende sehr interessante Vortrag durch den psychiatrischen Primar klärte über die Praxis und Behandlung von psychiatrischen Patienten auf. Dargestellt wurde auch, welche Informationen für die Behandlung von Patienten auf der Psychiatrie notwendig wären und wenn möglich durch den RD erhoben werden sollten (Situation am Notfallort/Wohnumstände/Soziale Umstände, Hinweise auf Alkohol/Drogen/Medikamente, familiäre Umstände, etc.).
Im Anschluss ergaben sich interessante Diskussionen über Probleme im Schnittstellenmanagement zwischen RD und den psychiatrischen Abteilungen. Insbesondere wurde über sicherheitstechnische Probleme beim Transfer von Patienten der „geschlossenen“ forensischen Psychiatrie (die unter die Zuständigkeit der Justizvollzugsanstalt fällt), (Justizwache im OWS hat keine Personalressourcen, Polizei fühlt sich nicht zuständig, etc.) und Lösungsmöglichkeiten gesprochen. Sowohl Polizei als auch die Leitung des OWS wollen sich hier um eine baldige Lösung mit der Justizwache, auch in Absprache mit der ärztlichen Leitung der Berufsrettung bemühen. Auch über Probleme bei der Übergabe der Patienten (lange Wartezeit trotz vorheriger telefonischer Avisierung) wurde gesprochen - hier sollen Lösungen erarbeitet werden.
Interessanter Input auch hier: Eine vorherige Abklärung des RDs im Bezug auf die Meldeadresse des Patienten vermeidet Probleme bei der Übernahme durch die Psychiatrie. Hierzu kann die entweder anwesende Polizei bzw. die nächste Polizeiinspektion eine Meldeauskunft veranlassen und hiermit Klarheit verschaffen.

Die NFS+ bzw. NAs welche an der Fortbildung teilgenommen haben, erhalten nun die Möglichkeit einen Praxistag auf einer klinischen psychiatrischen Abteilung (OWS, KFJ, DSP, KAR) bzw. einem Ambulatorium des PSD bzw. bei einem mobilen Team des PSD zu absolvieren. Der Praxistag ist ebenso die Veranstaltung im Hörsaal als Fortbildung für Sanitäter und Ärzte anrechenbar.

Das Projekt wird als Pilotprojekt zur Verbesserung des Schnittstellenmanagement zwischen Psychiatrie, PSD, Polizei, Amtsärzten und dem Rettungsdiensten gesehen. Sollte das Projekt zur Zufriedenheit aller Beteiligten entwickeln, so sind weitere Veranstaltungen in dieser Richtung angedacht.