ABC(DE) ?!

Liebe Kollegen,
Eine Frage die mich interessiert: Inwiefern ist euch das ABCDE Schema ein Begriff? Wer verwendets, und in welchem Umfang? Bei jedem Patienten, oder nur bei Erster-Blick-Diagnose: potentiell kritischer Patienten? Oder doch nur beim Trauma? Was haltet ihr davon? Dokumentiert ihr bei einem (kritischen) Patienten dann auch im ABCDE Schema?

Ich gehöre zu den Sanis, die nie das ABCDE-Schema gelernt haben, ich war zwar kurz davor einen PHTLS-Kurs zu absolvieren, investierte die 550 Euro dann doch lieber in etwas Sinnvolleres. Dennoch wurde es mir im Zuge meiner letzten Notkompetenz-Ausbildung abverlangt, den Patienten nach ABCDE zu untersuchen, zu beurteilen und regelmässig zu reevaluieren. Und ehrlich gesagt, ich habe mir etwas schwer getan, weil im Grunde ist das ABCDE-Schema das, was ein Sanitäter immer schon am Patienten gemacht hat, nur, dass dies jetzt einen international anerkannten Namen hat und extrem standardisiert/systemisiert wurde. Früher hieß es eben BAK und sonst wie, aber eigentlich war es das Selbe. Der Sanitäter hat immer schon geschaut, ob der Patient atmet, wie er atmet, ob er Kreislauf hat, wie der Rhytmus ist, ob er Zeichen eines Traumas oder zum Beispiel eines Schlaganfalles hat, wie, wann, wo, etc. Bei der Prüfung wurde halt verlangt, dass man man Dinge, die man sowieso immer schon gemacht hat - sei es bewusst oder unbewusst - deutlich anspricht, erklärt und begründet. Das war das Schwere daran.
Aber ich finde es nicht schlecht. Das ABCDE-Schema ermöglicht, dass sich der Saniäter an einer Linie orientieren kann, die Wahrscheinlichkeit etwas zu übersehen wird verringert, mehrere Sanitäter an einem Patienten schauen linear nach den selben Sachen und es kann recht schnell beurteilt werden, ob ein Patient kritisch ist oder nicht. Das ist schon nicht schlecht. Mittlerweile ist das ABCDE-Schema - was ich weiß - ja bereits in der RS-Ausbildung Standard, also dauert es nicht mehr lange, bis es wirklich jeder Sanitäter im Schlaf macht und kann.

Also ich kann mich mit dem Schema insofern nicht anfreunden, als es eben alles, was ein guter Sani sowieso immer schon gemacht hat, neu benennt. Und ich gebe es zu, dass ich mir mit mehr oder weniger sinnvollen Abkürzungen oder Akronymen sehr schwer tue, mir wäre es lieber man würde alle einzelnen Punkte auswendig lernen als man steht da und überlegt, was nochmal Punkt „xy“ ausgedeutscht heißt.
Ich habe selbst noch keinen amerikanischen Abkürzungskurs besucht sondern kenne das nur von vereinsinternen Fortbildungen und ich unterstelle einmal, dass das sture Anwenden von irgendwelchen Algorithmen bei jedem Patienten ohne Nachdenken nicht im Sinne des Erfinders ist (und wenn doch, dann halte ich noch weniger davon).
Und abschließend ist mir aufgefallen, dass sich gerade Anfänger sehr schwer tun, weil sie können zwar irgendwas abfragen, Vitalparameter erheben und ähnliches aber mangels Erfahrung die gewonnenen Erkenntnisse nicht in ein Gesamtbild einordnen.

Da stimme ich dir natürlich zu. Man sollte nicht nur wissen, was z.B. A heißt, und vor allem was es „übersetzt“ bedeutet, sondern auch, was ich machen muss, wenn A nicht in Ordnung ist. Dazu gehört natürlich auch, dass ich mein Handwerk, z.B. das Setzen eines Güdeltubus, auch perfekt kann.
Das Erheben von Vitalparametern, hier betone ich besonders zum Beispiel das Messen des Blutzuckerwertes, sollte mittlerweile Standard sein und auch die dazu benötigten Mittel sollten auf jedem kleinsten KTW verfügbar sein.

Mhmm… also ich höre heraus, dass es bei den dienstälteren und erfahrenen Sanis nicht so gut ankommt, aber warum denn? In Wirklichkeit hat sich ja nichts geändert, außer dass die Benennung eine andere ist. Insofern könnt ihr weiter arbeiten wie ihr wollt, wichtig ist doch nur, dass das Outcome für den Patienten das gleiche ist. Ich habe das ABCDE-Schema gelernt und bin damit recht gut gefahren. Nach einiger Zeit weiß man ja schon, auf was man achten muss. Bei dem klassischen Bauchweh-Rucker zu Mitternacht am KTW macht es natürlich keinen Sinn sich zuerst zu fragen wie es mit der Atmung aussieht, usw.
Aber eine Sache spricht (für mich zumindest) sehr dafür: Man kann bei diesem Schema nicht durch die offensichtlichen (manchmal schlimmer wirkenden) Verletzungen/Probleme irre geführt werden und wird quasi einmal zum Innehalten und Durchatmen gezwungen. Das ist gerade am Anfang wichtig, wenn alles noch ganz aufregend und spannend ist.

Und unbewusst machst du es trotzdem, indem du in die Wohnung kommst, „guten Abend“ sagst, in der Regel eine freundliche Antwort erhälst und somit weißt, dass A, B und wahrscheinlich auch C in Ordnung ist. :wink:

Meiner Meinung nach tun sich die dienstälteren Sanitäter - nicht alle - deswegen schwerer, weil bei Prüfungen (wie z.B. Rezertifizierungen) das Schema ganz genau verlangt wird, mit genauen Bezeichnungen, englischen Ausdrücken, allen Subtiteln, etc. Und wenn du das nie so genau gelernt hast und sich ein wenig die Routine eingeschlichen hat, ist es eben nicht so einfach, außer man lernt es brav auswendig.

Ja da hast du schon recht :slight_smile: aber bei so etwas macht es dann natürlich keinen Sinn mehr das ABCDE-Schema zu verwenden.

Dann sollte da aber das Ausbildungszentrum daran etwas ändern. Das Schema ist meiner Meinung nach eine tolle Erfindung, allerdings soll es ja nur Mittel zum Zweck sein und wenn man es ohne auch alles schafft sollte das ok sein.

Ich bin ein eigentlich ein großer Fan vom ABCDE-Schema auch wenn ich es auch ursprünglich nicht bzw. nicht so ausführlich gelernt habe. Ich wende es auch bei jedem Patienten den ich beurteile (sind derzeit nicht so viele, fahr in letzter Zeit leider fast nur NAW weil der deutlich schlechter besetzt ist) an. Natürlich passe ich den Detaillierungsgrad an die Situation an, aber Grundsätzlich halte ich mich im Kopf an das Schema. Es stimmt natürlich dass ich das meiste aus dem Schema auch schon vorher gefragt/erhoben habe, aber eben unstrukturiert und deswegen war die Chance größer etwas zu vergessen, das auf den ersten Blick bei dem Patienten oder in der Situation nicht wichtig ist. Aber gerade solche Informationen können manchmal einen Unterschied machen.

Dokumentiert wird auf dem Einsatzprotokoll, das mehr oder weniger nach ABCDE aufgebaut ist.

Ich hab übrigens schon genug Sanis erlebt die auch der Meinung waren, dass sie auch ohne ein Schema alles Abfragen und Erheben weil sie das eh immer schon so gemacht haben und dann aber doch immer wieder (teilweise wichtige) Dinge vergessen. Es ist klar, dass es nicht leicht ist eingelernte Routinen zu ändern aber ich glaube dass es für die wenigen % der Patienten wo nicht alles offensichtlich ist, wichtig ist, dass sie richtig beurteilt und behandelt bzw. ins richtige KH gebracht werden. Bei den meisten Patienten weiß man mit etwas Erfahrung oft auf den ersten Blick was der Patient hat und diese Patienten würden auch ohne Schema gleich gut versorgt werden aber eben nicht bei allen.

Hallo, ich bin ein überzeugter Anhänger des ABCDE Schemas, aber NUR, wenn man es ganz durchmacht. Während meiner Ausbildung zum RS haben wir noch kein Schema gehabt, dann kam das BAK, aber eher als „Merksatz“. Mit der Einführung des ABCDE SAMPLE/SKAMEL in den neuen Kursen war man als Praxisanleiter ja auch gezwungen sich das Ganze anzueignen, da man einfach von neuen Mitarbeitern danach gefragt wurde. Tja und mit dem AMLS PHTLS Kurs bin ich davon überzeugt, dass man einfach viel weniger vergisst. Wichtig ist jedoch das Ganze Schema durchzumachen(SSS ABCDE S-OPQRST-AMPLER) so übersieht man einfach nichts wesentliches. Und zu einer wahrscheinlichen Diagnose kommt man auch recht angenehm.

Auch wenn es überall heißt: „Das haben wir eh scho immer so irgendwie gemacht. - Warum soll ma das jetzt anders nennen?“, ich verwende das Schema (Szenenüberblick - Ersteindruck - ABCDE - Verlaufskontrolle) sehr gerne. Es verhindert, wichtiges zu vergessen oder zu übersehen und ist somit ein hervorragender roter Faden in der Patientenbeurteilung bei jedem Notfallpatienten.

ich muss sagen, ich bin ein ausgesprochen großer freund der ABCDE / SAMPLE sachen usw… natürlich was es vorher nicht brutal anders und natürlich hat das ein guter sanitäter mehr oder weniger bewusst sowieso gemacht…
dennoch, wie es auch wendltubus sagt, ist es ein wunderbarer roter faden durch die versorgung, und standardisiert den ablauf recht angenehm. jeder der beteiligten sanitäter, die vllt gerade assistieren, wissen genau wie es weiter geht und was der kollege als nächstes machen wird.

was ich noch ganz gern hab, und persönlich auf allen (trauma)protokollen vermerke, ist das MIST… kommend von den USA, speziell aus TCCC und field hospitals in irak und afghanistan…
MIST gibt nur eine groben situationsüberblick.
M - Mechanism (zB Sturz aus großer Höhe)
I - Injury Sustained - (zB Fraktur untere extremitäten)
S - Signs (sypmtome und werte)
T - Treatment (therapie)

kann zB so aussehen

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