AV Block + Hypertonie

Hallo zusammen,

hatte am WE einen Pat. mit AV Block 3 und Hypertonie (RR > 220)
Wäre hier eine Blutdrucksenkung indiziert oder gefährlich? Habe dazu im Netz keiner Infos gefunden.

Hättest du eine ausführlichere Anamnese zu diesem Patienten? Symptome, bek Erkrankungen, Meds. Anhand welcher Kriterien hast du den AV-Block 3 diagnostiziert?

Hab’ ich.

Pat. kommt eigenständig in die Hausarztpraxis des Wochenendnotdienstes, weil ihn der selbst gemessene Blutdruck (sys. > 220) beunruhigt und sein Herz so langsam schlägt.
Als wir eintreffen liegt der Pat. voll monitorisiert auf einer Untersuchungsliege. Keine akuten Beschwerden. Keine Kaltschweißigkeit. Keine Synkopen. HF bei 40 und rhythmisch. Sättigung 99%. RR 180/80.
Pat. macht einen „guten“ Eindruck und fühlt sich auch nicht krank.

Im EKG sind die P Wellen deutlich von den Kammerkomplexen disassoziiert. QRS-Komplexe sind breit. Hin und wieder kommt jedoch ein schmaler QRS Komplex durch.
Die P-Wellen kommen mit einer Frequenz von ca. 80-90 (somit auch keine Bedarfstachycardie erkennbar).

Als Vorerkrankung ist nur der Bluthochdruck bekannt gegen den er einen Betablocker einnimmt (welchen genau, weiß er nicht).

In diesem Fall wäre es natürlich sicher unangebracht gewesen etwas Blutdrucksenkendes zu geben da er keine Symptome gehabt hat. Aber es hat mich ins Grübeln gebracht ob man bei Bradykardien bzw. Herzrhythmusstörungen generell den RR nicht angreifen sollte.

Danke.

Nun, wenn du hin und wieder schmale QRS-Komplexe gesehen hast, kann kein AV-Block 3 vorgelegen sein. Hast du nicht zufällig das EKG?

Leider nein.

AV I und AV I (Mobitz 1 und 2) haben wir aber definitiv ausgeschlossen. Die schmalen Komplexe waren vll. 2 bis 3 pro Minute.
P-Wellen waren auch klar erkennbar, daher war es auch einfach zu erkennen, dass kein Zusammenhang zu den QRS Komplexen bestand.

Da die P und T Wellen „normal“ konfiguriert und auch die QT Zeit angemessen war, haben wir die Elektrolyte ausgeschlossen.

Naja könnte ja ein Mobitz mit 5:1 (oder sowas) Überleitung und ventrikulärem Ersatzrythmus gewesen sein.

Darauf haben wir explizit geschaut. Es war keine Regelmässigkeit erkennbar.

Laut NA sei es durchaus möglich, dass beim AV 3 auch mal eine Erregung normal übergeleitet wird.

man möge mich korrigieren aber betablocker als therapie für hypertonie bei keiner bekannten komorbidität ist eher ungewöhnlich, gerade weil die beta-blocker bradykardien/av blöcke auslösen können.

Nein, Labetalol wäre mitunter das am besten geeignete Mittel. Ist bei uns halt nicht so verbreitet, in US ists 1. Wahl.

Der Beschreibung nach klingt das nach einem höhergradigen AV-Block II.

Der höhergradige AV-Block II ist definiert mit:

  • Überleitung von 3:1 oder höher
  • Unterschied zum AV-Block III ist, dass es eine Verbindung zwischen zumindest einer P-Welle und einem QRS-Komplex gibt

Quelle: litfl.com/av-block-2nd-degree-h … -av-block/

Bei Herzrhythmusstörungen mit Hypertonie stellt sich mir die Frage, ob die Hypertonie direkt/indirekt durch die HRS enstanden ist.
Wenn ja, macht es nicht viel Sinn den Blutdruck zu senken, stattdessen sollte das Hauptproblem behandelt werden.

Danke.

Es gab leider gar keine erklärbare Regelmäßigkeit. Hin und wieder kam ein schmaler QRS nach 12 P Wellen. Dann wieder mal nach 8. Dazwischen nur extrem breite Kammerkomplexe.
Laut NA kann es anscheinend beim AV III schon vorkommen, dass ganz vereinzelt Erregungen von Supraventrikulär durchkommen…

Meine Anfrage an den Chefarzt diesbezüglich wurde inzwischen beantwortet. Er geht auch davon aus, dass es eine Bedarfshypertonie aufgrund der Bradycardie gewesen ist und nicht gesenkt werden darf.

Ich frage mal meinen Spezi vom Cardiac Survival Training Network bzgl. des Rhythmus. Ich lass mir mal das EKG aus der Datenbank schicken.

Inhaltlich hab ich nix beizutragen - möchte nur anmerken, dass ich es voll klass find, dass ma wieder amal a gscheite Falldiskussion haben! :slight_smile:

Anbei wie versprochen die Daten aus der EKG Datenbank.
Im LZ EKG sieht man deutlich dass die schmalen Komplexe mit keiner Regelmäßigkeit kommen.
Die P-Wellen sind jedoch regelmäßig und die Kammerkomplexe auch. Somit wäre die komplette Disassoziation gegeben.

Jetzt wo ich das EKG nochmal sehe, zweifle ich daran, dass die P-Wellen bei den schmalen Komplexen irgendeinen Zusammenhang haben. Ich denke eher, dass die Erregung dort aus dem HIS Bündel kommen und daher schmal sind.

Vitalparameter:
VP.png

Ruhe EKG 1:
12er.png

Ruhe EKG 2:
12er_2.png

Langzeit EKG:

LZ_EKG.jpg

Der Patient wurde am Dienstag nochmals verlegt zur Schrittmacherimplantation. Die Diagnose bei der Verlegung war ebenfalls AV-Block III

Für mich ist das ein AV-Block Grad 2 Typ Wenkebach mit hin und wieder ventrikulärem Escape-Beat (die QRS-Komplexe die anders aussehen als jene, die mit den P-Wellen im Zusammenhang stehen). Man braucht sich nur den langen Rhythmusstreifen ansehen, wie die PQ-Zeit immer länger wird.

Also für mich ist das auch eindeutig ein IIer-Wenckebach.

Aber in Wirklichkeit streiten wir hier um des Kaisers Bart: es ist nämlich in diesem Fall irrelevant, da sich der Patient vital bedroht präsentiert.

Ob man jetzt das Atropin auspackt oder gleich Dormicum und Fenta und Strom nimmt, wird nicht den großen Unterschied machen.

Der Patient hat ein Problem mit dem AV-Knoten. Und zwar ein bedrohliches.

Kann mir jemand seine Herangehensweise für den Wenkebach erklären? Für mich ist das immer noch ein AV-Block 3 mit Capture Beats, auch zu sehen an der deutlich anderen QRS Konfiguration. PQ Zeit hat keine Regelmäßigkeit und P-Wellen sind eindeutig komplett vom QRS Rhythmus dissoziiert.

So sieht das mein ultimativer EKG-Guru auch… Ich ziehe meinen Wenckebach zurück und behaupte das Gegenteil. :wink:

Sein Kommentar:
Also so meine vermutung, der pat hat bei bestehenden bifaszkilurämen block begonnen einen kompleten AV Block zu entwickeln
der aber nicht durchgehend besteht sondern ein schenkel immer wieder überleitet

Meinst du evtl. einen TRIfaszikulären Block (equivalent zu AV III) bei dem einer hin und wieder überleitet?

Wenn es ein BIfaszikulärer Block wäre, würden die P-Wellen ja über den dritten faszikel überleiten.

Der Pat. war vital stabil (defacto sogar Hyperton) trotz der Frequenz von nur 40 und es musste nicht interveniert werden.

Wirkt Atropin bei AV III überhaupt?