Der GKTW - Erleichterung für den RD?

Aufgrund des immensen Aufkommens an Krankentransporten, bei denen die Patienten nicht wirklich Krank sind, sondern einfach nur „schlecht zu Fuß“, gibt es in unserem Bezirk seit ein paar Monaten einen Großraum-KTW (GKTW). Ziel ist es unsere SEW,s wieder für Primäreinsätze frei zu bekommen.
Wir hatten regelmäßig das Problem, dass z.B. am Montag Vormittag im gesamten Bezirk kein einziges Fahrzeug verfügbar ist- auch kein ATW (BKTW). Vorhaltung gibt es seit der Umstellung von RTW/KTW auf SEW-das tolle Auto für eh alles- nicht mehr…
Somit wurde bei uns „in Eigenregie“ ein Fahrzeug geschaffen, welches die Patienten der Reihe nach aufsammelt und ins KH bringt (in unserem Bez. gibts keins).
Das Fahrzeug ist ein VW Crafter mit 2 Tragsesseln, einer Rollstuhl Halterung und noch einem „normalen“ Pat. Sitz, sowie 2 Sitze entgegen der Fahrtrichtung fürs Personal.
An Med.Equipment führt er die selben 2 Rucksäcke (Notfall+Trauma) mit wie der SEW (PAX Berlin), einen Lifepack CR+ und einen Ambu-Twin- eher für Einsätze als FR denn als richtiges Rettungsauto.
Besetzt ist er mindestens mit: 2RS+ 1"Betreuer"
In der Regel ist der Betreuer jedoch oft Zivi und eh auch RS.
Die 2RS sind in der Regel HAM, insbesondere der Lenker- da gehts nicht ums Blau-Fahren, sondern darum, dass bloß keiner einen Kratzer ins neue Auto fährt.
Dies führt oft zu der Situation, dass man am GKTW 2HAM findet und auf den 3-4 SEW´s ausschließlich Zivis. :question: :question: :question: :exclamation:

Der GKTW war jetzt einen Monat auf unserer OS und wird momentan auf einer anderen erprobt.
Mein Feedback nach diesem Monat:
Dienst am SEW:
Wunderbar, der GKTW ist eine riesen Entlastung für uns, wir fahren nicht einmal mehr die Hälfte. Und dann nur mehr die „qualifizierten“ KT und Primäreinsätze.
Auch in punkto Vorhaltung siehst viel Besser aus, wir hatten kaum mehr Situationen wo keiner mehr verfügbar war.
Dienst am GKTW:
Der Horror: 0600 Dienstbeginn, 0605 zum ersten mal Ausrücken, 1600 theoretisches Dienstende, 1700-1800 reales Dienstende…
Und dazwischen Dauerfahrt, eingerückt erlebt man den GKTW kaum.
Zeit von der Aufnahme des ersten Pat. bis zum Absetzen des Letzten 1,5-2 h.
Feedback der Patienten:
Einerseits hoch erfreut: „Ein Rettungsauto bei dem man auf beiden Seiten aus dem Fenster sehen kann und auch viel Platz hat…“
Andererseits sauer bis wütend darüber, dass eine Fahrt, welche mit einem einzelnen Patienten 30-45 min dauert, jetzt doppelt so lange dauert. Das einsammel der Patienten in den KH´s dauert mit unter schon mal 30 min und mehr…

Gibt es solche Systeme/Fahrzeuge auch anderswo?
Hat jemand bereits Erfahrung damit?
Wie sind sie ausgestattet?
Wie kommen sie bei den Leuten an?
Stellen sie Wirklich eine Entlastung dar?

Ich weiß, dass der Bezirk Vöcklabruck seit ein paar Wochen ein solches Fahrzeug hat. Meinst du den oder gibt’s das mittlerweile auch anderswo?

Hab von dem in VB gehöht, hat soweit ich weiß 2 Tragen.
Unserer ist ein reiner „Sitzendtransporter“

Das nennt man in Wien einen KTW-Dienst. Gut, nicht immer mit Überstunden… aber der Rest haut hin…

Ist wohl eher ein BTW?

Unter GKTW (Großraumkrankenwagen) verstehe ich (und generell der deutschsprachige Raum) ein Fahrzeug, welches über mehrere Tragen und Tragsesseln verfügt und entsprechendes medizinisches Material für die Behandlung von mehreren Patienten an Board hat.

Fahrzeuge (Sprinter) mit 2 Tragsesseln und 1 Rollstuhlplatz und 3 Gehende sind bei uns BTW/BKTW und seit mindestens gut 15 Jahren Standard für simple Krankentransporte (was nicht unbedingt einen KTW) benötigt. Haben so ca. 10 davon im Dienst.

GKTW sind bei uns lange Sprinter mit je 2 Ferno-Tragen und 2 Tragsessel. Früher hatten wir auch einen MaN-Bus für 6 liegende Patienten.

Also nur weil der Crafter bei Euch größer als der eingesetzte SEW ist, würde ich den noch lange nicht als Großraum-KTW bezeichnen, vor allem wenn keine Trage drinnen ist.

Ich finde alles was denn Rettungsdienst entlastet und in Richtung einer Systemtrennung geht einen Schritt in die richtige Richtung.

Außerdem sind Wartezeiten für Patienten super. Je schlechter das Service, desto eher steigen sie auf Taxi oder Privatauto um. Das reduziert die unnötigen Fahrten von all jenen, die nur aus Bequemlichkeit und weils gratis ist mit dem KTW fahren.

Also das angesprochene Vöcklabrucker Fahrzeug ist kein reiner Sitzendtransporter, sondern verfügt über Platz für 2 Tragen sowie 2 Tragsessel + Sitzplätze für das Personal sowie die Standardausrüstung eines OÖ SEW (Notfallrucksack, Traumarucksack, Defi, Absaugeinheit & Co). Das dürfte wohl eher an einen GKTW herankommen.

Dann klingt das nach einem fast identen Fahrzeug, welches bei uns als GKtW eingesetzt wird (Beschreibung oben) - gibts Fotos von dem Fahrzeug in VB?

„Patienten“ die „einfach nur schlecht zu Fuß“ sind aber keine qualifizierte medizinische Betreuung benötigen sind per se nichts für ein Rettungsauto - egal ob man es jetzt KTW/RTW/SEW/NKTW/GKTW/wasauchimmer nennt. - Hier beginnt schon mal der österreichische Systemfehler.
Wer nicht gehen kann braucht ein Rollstuhl-/Tragsessel-/Liege-Taxi aber noch lange keinen KTW, denn er braucht weder medizinisches Equipment noch einen ausgebildeten Sanitäter.
Ein Krankentransport ist für Personen die medizinische Betreuung benötigen: z.B. Infektionstransporte/Personen mit red. AZ/Verwirrt od. Desorientiert/u.ä. - Ein KTW für einen Gipshaxen oder für die alte Dame die nach dem Rausheben aus dem KTW mit dem Rollator selbstständig einkaufen geht ist einfach nur eine völlig irrsinnige Geld und Ressourcenverschwendung.

Ganz genau!

Wenn die amal ein paar Stunden warten müssen vergehts ihnen. Und das find ich eine gute und sinnvolle Erziehung. Am besten also quer durch den Bezirk alle zusammensammeln :wink:

Der GKTW könnte man bei uns vergleichen mit einem BKTW, der kann auch 2 Sitzende + 2 Rollstühle gleichzeitig mitnehmen ^^

Ist es nicht so, dass ein KTW billiger ist als ein Taxi für längere Strecken (>15 min)? :frowning:

nope … in NÖ und Tirol definitiv nicht … wir haben mal eine vom KH Entlassen und diese hatte eine Fahrt von genau 70km vor sich… Transportbescheinigung für KTW/BKTW gabs nicht da keine ärztliche Begründung (brav).

Kosten Taxi: 130 Euro
Kosten Rettung: 170 Euro und 2 km weiter (anderer Bezirk) wärens 190 Euro gewesen

Das Beispiel stammt aus NÖ!

In Tirol sind nochmals saftigere Preise zu berappen aber dort hab ich das Schema nicht im Kopf bzw. bei der Hand

Der qualifizierte Krankentransport und mangels Trennung auch der Rettungsdienst werden regelhaft als Taxi missbraucht. Ein Grund dafür ist aber sicher auch, dass es keine Alternativen gibt. Außerhalb von Großstädten kenne ich keine/kaum Anbieter die Rollstuhl-/Tragsessel-/Liege-Taxi-Transporte durchführen.
Und genau da beginnt auch der Teufelskreis: solange die KK alle Transporte mehr oder weniger ohne Hinterfragen zahlt und die HiOrgs für den Spotttarif der KK fahren haben alternative Anbieter vermutlich einfach keine Chance am Markt Fuß zu fassen. Die KK hat kein Interesse am bestehenden System etwas zu ändern, weil es für sie wahrscheinlich nicht günstiger wird. Ich glaub auch nicht, dass die HiOrg großartig das bestehende System ändern wollen. Solange also nicht irgendwer mal „auf den Tisch haut“ und sagt so geht es nicht weiter wird sich nichts ändern. Und ich kann mir nicht vorstellen, dass sich irgendwer diesen schwarzen Peter freiwillig zuschieben lässt, weil die öffentliche Wahrnehmung von dem, der das bestehende System ändert sicher keine gute sein wird.

Leider Ja!
Die Krankenkassen zahlen uns für jeden Transport (mit Sanitäter) 48€- egal ob vom örtlichen Altenheim 2x ums Eck zum Hausarzt, oder von Linz aus 60km in die Pampas…
Da die meisten unserer Fahrten eher in die letzte Kategorie fallen, und ein Taxi für diese Distanz etwa 100€ aufwärts verrechnen würde, wird die KK nichts an dem Transportschein-Irrsinn ändern wollen…

Na ja dann braucht man sich aber ned wundern. Das ist ja ein selbst geschaufeltes Grab.

In diesem Sinne kann man nur so viele Patienten in ein Auto packen wie möglich und hoffen das genug für die echten Notfälle übrig bleiben.

Sind eigentlich eh alle zufrieden? Oder sind die Medien in OÖ alle gleichgeschaltet? Weil irgendwie ist ja (auch die Geschichten von den Zivibombern) klar, dass ein System so nicht ganz Rund laufen kann.

Die öGERN Stellungnahme war sicher auch ein Weg in diese Richtung, sie ist ja auch genau auf dieses System gemünzt: Wenn die Leitstelle unter ihren Rettungsmitteln die Auswahl hat (Also Zivi-SEW vs SEW mit NFS) dann muss sie zum kritischeren Einsatz den höherqualifizierten Sani schicken. Auch wenn man vielleicht umdisponieren muss oder sonst wie.

Ich bin überzeugt, dass die Finanzierungsfrage ja DAS grundsätzliche Problem im österreichischen Rettungsdienst ist. Solange die Krankenkassen die Verrechnenung der Fahrten über haben, werden sie immer darauf aus sein den Preis zu drücken. Weiter oben hat jemand geschrieben, dass einer kommen müsse, der da ordentlich „auf den Tisch haut“, aber so einfach ist das leider nicht, denn eigentlich müssten neun solche Entscheidungsträger auf den Tisch hauen und die neun Gebietskrankenkassen überzeugen mehr zu zahlen.
Das wird es aber so nicht geben, denn die öffentliche Wahrnehmung ist ja, ganz im krassen Gegensatz zu unserer Eigenwahrnehmung, davon überzeugt, dass bei uns eig alles Bestens ist.
In diesem Zusammenhang möchte ich auch aus meiner eigenen Situation berichten: ich bin an einer Dienststelle im Zentralraum Niederösterreich tätig und wir haben mehrere Patienten mit Daueraufträgen in unserem Einsatzgebiet, einer davon wohnt sogar vis-a-vis von der Dienststelle. Unsere Leitstelle schickt jedoch regelmäßig einen Zivi-KTW zu diesen Patienten und wir können dann vom Fenster aus zuschauen. Gerade für eine Dienststelle im ländlichen Bereich ist es eben oft eine Frage der eigenen Legitimation solche „Taxifahrten“ für die eigene Bevölkerung durchzuführen. Das sollten einige KollegInnen hier, die manchmal eine etwas „zu wienerische“ Perspektive haben, mitbedenken.

Vielleicht sollte man halt endlich mal darüber nachdenken, den Rettungsdienst vom Krankentransport zu entkoppeln.

*würde eine Diskussion ähnlich wie beim Berufsheer entfachen… :astonished:

*und da müssten so manche Leitstellen wirklich mal darüber nachdenken, was ein Notfall ist und was nicht… :laughing:

Ich denke, das man den Rettungsdienst nicht zwangsläufig vom qualifizierten KT trennen muss, gerade im Ländlichen bereich ist dies oft schwierig umzusetzen. Viel wichtiger ist es, den Krankentransport von den Taxifahrten zu entkoppeln!
Wenn der RKD von dieser „Last“ befreit ist kann ich auch ein „SEW-System“ fahren, Voraussetzung ist aber, das dieser SEW auch für Notfälle gerüstet ist, und nicht eigentlich ein KTW ist, der halt auch so Notfälle fährt.
Das heist:
Crafter/Sprinter
Corpuls 3 oder LP15
Medumat
AML-Medis
Und mind. 1 NFS-NKV

Das Problem muss meiner Ansicht nach auf seiten der Hausärzte angegangen werden, welche die Transportscheine ausstellen. Denn so lange ein Arzt glaubt, einen Transportgrund zu finden („gehunfähig“) muss auch schon ein Rettungsauto ausrücken.
Interessantes Erlebnis von vor ein paar Wochen am Rande dazu:
Habe dienst auf einer kleinen OS, auf der am Wochenende nur ein SEW besetzt ist. Um die Mittagszeit werden wir in die nahe gelegene Ordi eines Hausarztes gerufen- Fußverletzung. Wir gehen rein, nehmen gleich die Trage mit. Die Dame am Empfang sagt uns gleich, dass wir die eh nicht brauchen, der Pat. kann eh gehen. Darauf meine Frage, wofür sie uns dann brauchen… :wink: „Na damitsn ins KH fiats“
Pat. im KH abgeliefert- Rückfahrt- kurz darauf Funkspruch: Mit Einsatz in die Ordi (die Selbe), Pat. mit MCI.
Treffen nach gut 20min dort ein. Das erste was uns der Doktor fragte war: Wos is blos mit eich los, wo bleibts denn so laung…

der letzte Absatz…ein Traum XD

Foto habe ich jetzt leider keines bei der Hand, wenn ich das Fahrzeug wieder einmal sehen sollte, kann ich aber gerne eines machen.

Zu den Krankenkassenzahlungen: Im Vergleich zu OÖ scheint NÖ ja direkt großzügig zu sein, davon können wir hier nur träumen. Einer der Gründe für die Anschaffung eines solchen Fahrzeuges ist ja unter anderem auch, dass damit kosteneffizienter gefahren werden kann. Die Pauschalen die bezahlt werden sind entfernungsmäßig derartig eng bemessen und dermaßen großzügig (Ironie Ende), dass jeder Kilometer der zu viel gefahren wird, einen Verlust bringt. Trotz ZVD und EA ist es bei solchen Bedingungen schwer, überhaupt kostendeckend zu arbeiten. Das Highlight bei uns: Die Bauernkrankenkasse bezahlt seit letztem Jahr keine Taxi-Fahrten mehr. Und zwar für solche Patienten, die ein wenig schlecht zu Fuß sind, aber wo es keine medizinische Transportindikation gibt. Die sollen lieber mit „der Rettung“ fahren. Genau gegensätzlich zu den oben vorgebrachten, meiner Meinung nach absolut gerechtfertigten Argumente. Warum? Weil bei den Pauschalen ein qualifizierter Krankentransport günstiger ist, als ein Taxi… :astonished: