EKG im RD - eure Erfahrungen?

Liebe Kollegen,

wie die meisten hier sicher schon mitbekommen haben, rüsten jetzt auch die mittelalterlichen Landesverbände kräftig auf. Damit einher gehen natürlich auch (endlich) höhere Ansprüche an das System und die operierenden Personen. Sehr erfreulich, immerhin gehts in die richtige Richtung!

Aus diesem Anlass möchte ich daher wieder einmal um Erfahrungsaustausch bitten, speziell von Kollegen die schon längere Zeit mit EKGs im Einsatz arbeiten. Wir alle wissen, das präklinische EKGs oft schwierig zu beurteilen sind, z. T. sogar für manche Notärzte.
Mich würde daher folgendes interessieren:

  • Wie geht ihr die Interpretation generell an und wie tief geht ihr dabei ins Detail (zB. exakte „Diagnose“ vs. generische Beurteilung wie „rhythmische Schmalkomplextachykardie“)?
  • Habt ihr die Möglichkeit, im Zweifelsfall Telemetrie zur zusätzlichen Abklärung zu nutzen? Wenn ja, wie ist eure Erfahrung damit?
  • Wie weit können eure RS mit dem Gerät und der Interpretation umgehen, wie weit die NFS?
  • Welche Rolle spielt eure Beurteilung des EKGs bei der Übergabe an SRM oder in der Notaufnahme?
  • Kennt ihr gute Quellen um die Interpretation zu trainieren?
  • …?

Bitte gerne auch zusätzliche Punkte, die dem Erfahrungsaustausch zuträglich sind, einwerfen!

Freue mich auf eine interessante Diskussion!

Hallo,

wir machen eine rudimentäre Diagnose durch erfahrene NFS oder durch den NA vor Ort.
Je nach Routine und Wissensstand reicht das von „das schaut seltsam aus“, über „Schenkelblock“ bis zur genauen Infarktlokalisation inkl. möglichen Therapien.
Bei v.a. Infarkt wird für die genaue Diagnose immer das EKG telemetriert und der NA vor Ort hält Rücksprache mit dem diensthabenden Kardiologen bzgl. gewünschter Therapie (wieviel Herparin etc.) und Entscheidung Herzkatheter ja/nein.

Da die Qualität der Ausdrucke oft so lala ist, ist auch eine genaue Diagnose (wenn man es kann) nicht immer einfach.

RS können bei uns in der Regel eine normale 12er Ableitung kleben, EKGs erfassen, drucken und telemetrieren. Bei den Refresherkursen wird auch immer wieder auf häufige Pittfalls aufmerksam gemacht.
NFS sollten zumindest klare Infarktzeichen, Schenkel- und AV-Blöcke erkennen können. Unterrichtet wirds recht gut. Die Praxis zeigt allerdings, dass viele einfach keinen Bock drauf haben oder ihnen schlicht die Routine fehlt.

Die Beurteilung durch den Sani spielt bei der Übergabe eine untergeordnete Rolle. Der Ausdruck bleibt im KH als Referenz und Auffälligkeiten werden kommuniziert.
Es sei denn wir haben wirklich was außergewöhnliches dokumentieren können.

Quellen?.. hmm… Mein LV bietet Fortbildungen diesbezüglich an. Dr. Süssenbacher von KH Zams bietet Seminare an. Während Corona waren da einige Gratisveranstaltungen dabei. Von einer habe ich noch das Video „Akutes Koronarsyndrom - Von der EKG-Diagnose zur Therapie“.
Wenn gewünscht, kann ich einen Downloadlink hier freigeben. Er macht das recht gut.
Das Buch zum ALS Kurs hat auch einige intressante Erklärungen. Das meiste Wissen habe ich aber einfach über die Jahre angesammelt indem ich Ärzte, speziell Kardiologen und Internisten im Dienst ausgefragt habe.
Das kann ich so nur weiterempfehlen, weil Dinge oft nicht wie im Lehrbuch sind und man auch erklärt bekommen muss wie man gewisse Sachen in Kontext zu setzen hat.

Ich persönlich versuche bei der Interpretation so korrekt wie möglich zu sein. Nicht unbedingt ins Detail gehen wenn es nicht nötig ist oder zu Lasten der Genauigkeit geht. Lieber mal etwas generischer, dafür aber korrekt.

Ich kann dir auch empfehlen intressante EKGs von deinen Patienten für dich nochmals auszudrucken und evtl. mit jemandem der Ahnung hat in Ruhe zu besprechen (natürlich darauf achten die Patientendaten geheim zu halten).

Ich kann die Beobachtungen von Menico zum Kompetenzlevel und dem Wert der Diskussion von schwierigen bzw. interessanten EKGs mit Kollegen und vor allem Ärzten teilen. Ich würd noch sagen, dass neben den Kursen und Büchern vor allem die regelmäßige Anwendung wichtig ist. Wir (meine Dienstmannschaft) machen bei einem großteil der internistischen bzw. auch chirurgischen Pat ein EKG. Neben der Tatsache, dass man doch immer wieder wichtige Dinge entdeckt, hilft es auch ungemein eine Base-Line zu bilden und damit in den Fällen wo es wirklich wichtig ist (so halbwegs) sattelfest zu sein.

Bei der Übergabe im Krankenhaus ist es unterschiedlich. Wenn man es in der Übergabe entsprechend erwähnt, wird es meiner Erfahrung nach vor allem von den Ärzten aber auch Pflegekräften sehr wohl aufgenommen. Manche (meistens Pflegekräfte) interessiert es aber auch nicht. Da war meine Vermutung meistens, dass sie selbst wenig damit anfangen können. Ausdruck wird immer übergeben.
Wenn ich etwas relevantes entdecke bennene ich es auch (z.B. tachykardes VHF) aber ansonten beschreibe ich bei den Übergaben oft was ich mir alles angesehen habe und für mich unauffällig wirkt. Z.B. Regelmäßiger Sinus, QRS Komplexe und QT Zeit unauffällig bei der Synkope. „EKG ist unauffällig“ trau ich mir nicht zu sagen, das überlasse ich den Internisten und co :slight_smile:

Ich kann Dr. Smith’s ECG Blog empfehlen. Voraussetzung ist aber, dass man mit Inhalten wie z.B. Rhythmusbeurteilung, erkennen von klassischen STEMIs und zumindest Schenkelblöcken einigermaßen vertraut ist . Und dann darf man sich von der anfänglichen Lernkurve nicht abschrecken lassen (die ist schon hart und steil als NFS). Wenn man aber konsequent dran bleibt, bringt das definitiv einen Mehrwert und ist ein gutes Training.

Vor allem werden da pro Woche 2-3 Fälle vorgestellt, die auch umfassend aufgearbeitet und erläutert werden inkl. Hinweis auf ähnliche Fälle im Blog. Von der Quantität ist das Pensum der vorgestellten EKGs imho recht gut schaffbar und wenn man sich eine Zeit lang damit ernsthaft beschäftigt und nicht gleich das Handtuch wirft, kann man sich damit definitiv weiterentwickeln.

Blöcke sehe ich schnell und gebe diese auch weiter. Auch die meisten anderen Rythmusstörungen. Generell gebe ich alles weiter, was ich sehe und auswerten kann.

Hab ich nicht. Fahre in Wien.

Unsere RS können keine EKGs lesen. Anlegen können Sie es meistens schon.

Anhand des EKGs habe ich unterschiedliche Behandlungsschenkel und auch unterschiedliche KHs die ich anfahren muss. Insofern ist das sehr sehr wichtig.

Ich habe hier geübt und auch gleich den Kurs gemacht. 1000 EKGs ausgewertet und befundet: ekg.training/
Ansonsten Dr. Smiths ECG Blog ist klasse!

Sam Ghali auf Twitter ist auch recht interessant: twitter.com/EM_RESUS

Zusätzlich zu den bereits genannten Seiten kann ich dir noch Life in the fast Lane empfehlen.
Da gibt es alle wichtigen Diagnosen mit kurzer Theorie und unterschiedlichen Beispielen dazu.

Oder wenn du STEMI-Erkennung üben willst: https://script.google.com/macros/s/AKfycbyZEqQ5jxNsDl7Nfijw77PIEdOjY4BSbcx4mER55Ffqh4NjamE/exec
Dort bekommst du 36 EKGs präsentiert und musst bestimmen ob das ein STEMI ist oder nicht. Anschließend gibts dann ne Auswertung.

Ich bin ein großer Freund vom EKG auf jedem RTW, es hat seine Anwendungszwecke auch für RS:

  • 4er EKG zur Überwachung von Notfallpatienten (Schnell, langsam, rhythmisch) bis der NA da ist
  • 12er EKG Ausdruck für den später eintreffenden NA → Zeitersparnis

Was man jedoch dem durchschnittlichen Sani (keine große Erfahrung mit EKG) von Anfang an einprägen muss, dass die EKG-Interpretation die Behandlung nicht beeinflussen darf.
Leider schon erlebt, dass durch die EKG-„Interpretation“ zu viel/wenig gemacht wurde.

Wie immer lautet das Motto: Behandle den Patienten und nicht den Monitor :wink:

Ich kann mich noch gut erinnern, als wir die Wunderdinger zum ersten Mal im RTW hatten… :wink:

Es dauert einige Zeit, ich würde jetzt sagen so 1-2 Jahre, bis sich alle daran gewöhnt haben: die RS, dass sie das Monitieren korrekt und in annehmbarer Zeit durchführen können, die NFS, dass sie die Interpretation und die Auswirkungen auf das weitere Vorgehen umsetzen können.

Ich finde auch, dass es doch eine ziemlich steile Lernkurve gibt: am Anfang hab ich 5 Minuten gebraucht, bis ich mit dem EKG „zufrieden“ war, das geht heute sehr viel schneller. Am Anfang war der Bilderbuch-STEMI eine Herausforderung, den sehen mittlerweile die meisten beim Hinschauen. Trotzdem bin ich echt froh, dass wir in meiner Gegend die EKGs üblicherweise telemetrieren können, falls doch „komische“ Elemente drinnen sind und man sich nicht klar ist, ob das jetzt Auswirkungen auf die weitere Versorgung hat.

Kurz zusammengefasst: es ist gefühlt ein ganz anderes Arbeiten als noch vor 5 Jahren. :slight_smile:

ich glaube in 5 Jahren + / - 1jahr bekommen wir in der Steiermark auch welche in unsere „RTW’s“
war der nun gut? der Rettungsdienstwitz des Tages
glaube das kommt bei uns nie bis gar nicht, habe was läuten hören das sie uns sogar die elektrischen Blutdruckmessgeräte streichen wollen am „RTW“

Meine Erfahrung nach mehr als 10Jahren EKG im RD.

Neben einer fundierten theoretischen Ausbildung, welche in eurer Organisation erfolgen sollte, (Grundlagen verstehen, was zeigt mir welche Ableitung, usw) ist die praktische Erfahrung und die Reflektion mit Personen welche einen höheren Wissensstand (real und nicht vermeintlich) in diesem Bereich haben essentiell. FOAM hilft in diesem Bereich, weil man aus „weltweiten“ Fallbeispielen anderer lernen kann.

Besonders zu Beginn der Einführung empfehle ich viele EKGs zu schreiben, auch bei unauffälligen Patienten. Wir haben es ja oft mit älteren Patienten zu tun, welche alterstypische Veränderungen haben die für uns kein Anlass zur Sorge oder gar Intervention sind. Mit diesem Wissen fällt es dir einfacher die EKGs leichter zu erkennen, welche „nicht normal sind“. Und das ist aus meiner SIcht auch eine gewisse Erfahrung, je besser dein Musterspeicher mit Beispielen gefüllt ist, desto einfacher wirst du dann auch ausgefallenere EKGs (wie zb STEMI Mimics) erkennen. Eine strukturierte Bewertung des EKGs, zb nach ERC, hilft besonders zu Beginn ein einer ersten groben Einteilung.

EKGs sind nicht das Hexenwerk wie es vor einigen Jahren noch dargestellt wurden, man muss auch nicht mehrere Jahre dafür Medizin studiert haben (zumindest nicht in dem Umfang wie wir es brauchen, wir sind keine Kardiologen). Sich nicht entmutigen lassen wenn man mal daneben gelegen ist (und vielleicht die NA Nachforderung doch nicht indiziert war), daraus lernen, das Gelernte mit anderen teilen und weiter machen.

Jetzt könnte man noch den beliebten Stehsatz schreiben „behandle den Patienten und nicht den Monitor“. Das ist dahingehend richtig, dass ein EKG im Gesamtkontext der Klinik des Patienten zu betrachten ist (auch was die Anamnese betrifft, vor EKGs sind ungemein wertvoll). Aber auch hier wirst du mit wachsender Erfahrung EKG Bilder erkennen lernen, die auch ohne Klinik (zb symptomfreie Intervalle), Anlass genug sind die Patientversorgung in eine gewisse Richtung zu lenken. Wichtig für mich ist die Frage, „muss ich da jetzt akut handeln“ oder „hat das Zeit bis ins KH“.

So das war jetzt relativ unstrukturiert was mir zu diesem Thema einfällt.

Ich bin mit EKG im RD aufgewachsen. Ich bin im 15ten Jahr im RD und die einzigen Dienste bei denen ich keinen Monitor dabei hatte, waren die am KTW in meiner RS Ausbildung und die paar am NKTW im Jahr danach.
Ich denke dass es ein riesen Vorteil ist wenn man damit aufwächst, ich hab von Kollegen und Notärzten mit entsprechender Begleitliteratur bis zum NFS das notwendigste gelernt. Und in Wahrheit ist das bis jetzt ausreichend.
Wenn man die 6 Schritte zur EKG Diagnostik beherrscht und Ischiämiezeichen erkennt hat man das wesentliche Rüstzeug.