Hubschrauberwahnsinn der Leitstellen

Hallo!

Ist es eigentlich nur in OÖ und SBG so extrem, dass nahezu überall ein NAH primär entsandt wird?
Ich bekomme es in beiden Bundesländern (mehr aber OÖ) mit, dass ein NAH ohne jegliche einsatztaktische Überlegungen überall primär hingeschickt wird.
Speziell in meinem Bezirk hatten wir etliche Diskussionen zwischen NEF und RLS, warum zu gewissen Dingen primär ein NAH alarmiert wird, obwohl NEF verfügbar und in den meisten Fällen gleich schnell und tlw. sogar schneller (fährt bis vors Haus - NAH landet z. T. etliche Hundert Meter entfernt).
Hieraus geht hervor, dass eigentlich das Computersystem entscheidet, und der Dispo nur der „Affe“ ist, der den Knopf drückt. Sprich, NEF und NAH werden als völlig gleichwertige Rettungsmittel behandelt - mMn ein völliger Schwachsinn. Für eine Schmerztherapie nach Schenkelhalsfraktur braucht man z. B. keinen NAH - auch wenn das NEF lt. Computer 2min langsamer wäre - das werfe ich jetzt einfach mal hier in den Raum.
Möchte mal wissen woher eine solche Vorgabe kommt?

Aus diesem resultieren dann etliche Fehleinsätze für den NAH, hohe Kosten für die Versicherungen und blockieren des NAH für wirklich wichtige und dringende Einsätze (selbst mehrmals erlebt, dass von der RLS etliche Telefonate geführt werden mussten, bevor nach Anforderung durch RM vor Ort irgendwo aus weiter Entfernung endlich ein Hubschrauber aufgetrieben werden konnte). Und der größte Wahnsinn ist, dass der NAH dann die Patienten trotzdem übernimmt, da ein Fehleinsatz weniger bis gar keine finanzielle Entschädigung durch die SV-Träger bedeutet. Daher wird ein „Fehleinsatz“ von den Crews wirklich nur geschrieben, wenn der Patient nahezu gesund ist (in Sbg. gibts da anscheinend einen anderen Vertrag, damit meine ich nur OÖ)

Mein persönlicher Eindruck ist auch, dass Disponenten (v. a. junge?) es wahnsinnig erregend finden, einen Hubschrauber zu alarmieren und mit diesem tlw. völlig sinnbefreit hin und her zu funken.

Was ist nur bitte mit diesem System los?

Würd mich mal interessieren wie es anderen LVs hier geht…

Kann hier nur aus Sicht der Steirischen RLS berichten:

Grundsätzlich entscheidet der NEM-Dispo (nicht der PC!) was für ein Notarztmittel hinkommt…Hängt halt auch von der Einsatzart und und den entsprechenden Entfernungen zu möglichen Schwerpunktkrankenhäusern ab.

Wenn das Einsatzmittel vor Ort explizit was anfordert kommen wir dem ganzen auch nach (außer es ist Einsatztaktisch völliger Blödsinn). Das es jetzt eine „über Disponierung“ von NAH’s bei uns geben würde könnte ich jetzt nicht bestätigen. Lediglich nach dem NA selbst wird in gewissen Bezirken sehr oft geschrien…Aber das is ja eine andere Sache :wink:

Tatsächlich ist es in OÖ so, dass immer der lt. Algorithmus festgelegte schnellste Notarzt entsendet werden muss.
Disponenten, die das aus einsatztaktischen Gründen overrulen, handeln aktiv gegen ihre vorgesetzten Stellen.

Fehleinsätze haben die Notärzte in OÖ mehr als genug, egal ob bodengebunden oder aus der Luft.

Allerdings wird in meinem Bereich, sowohl bodengebunden als auch aus der Luft, ein nicht unerheblicher Anteil der Patienten an den RD übergeben.

In NÖ wird sehr wohl unterschieden - hier die Infos von NNÖ:

notrufnoe.com/ausrueckordnung-detail/

Ab ALS beginnt die NA-Ausrückeordnung. Auf jeden Fall wird nicht „gerne“ ein NAH entsendet, sondern wenn das Alarmierungsstichwort und die Distanz passen. Oft fragt der Dispo wohl direkt beim NAH an, ob sie gewisse Einsätze übernehmen.

Sbg entscheidet auch der Disponent - alles was außerhalb bspw des Stadtgebietes Sbg ist wird geflogen (da schneller). Und nach ÖO fliegt man generell meistens leer zurück, weil eben nicht indiziert. Restliches Bundesland ist genau vorgegeben wo primär welches EM hinkommt (der schnellere) und grundsätzlich muss es auch egal sein - der schnellste NA gewinnt. Das TRansportmittel für jenen darf keinen Unterschied machen - Ausnahmen exponierte Stellen bei bestimmten Indikationen bspw Apoplex macht eine gezielte Alarmierung eines NAH zwecks ausfliegen auf eine Stroke ja zusätzlich Sinn und ein vital stabiler Apoplex ist per se bei uns keine NA Indikation.

Ich sitze in einer Leitstelle in OOE.

Der NAH ist dem NEF gleichgestellt. Es zählt die Verfügbarkeit und Geschwindigkeit.
Wenn wir einen Prio 2 Einsatz haben, dann wird ein Sonderrettungsmittel entsannt. Egal ob NAH oder NEF.
Und ja, wir haben viele NAH stornierungen. Immer wenn die SEW Mannschaft dann da ist und sich herausstellt, dass alles wieder mal halb so wild ist…

Naja das sollte eigentlich durch den Calltaker im Vorfeld bereits halbwegs festgelegt werden. Unabhängig davon, dass das NA Mittel dann auch nicht storniert wird …

Stornierungen sind das eine. Nachforderungen zu Situationen, die keiner notärztlichen Versorgung bedürfen und Fehleinsätze produzieren gibt es aber auch zu Hauf. Aber das ist OT.

Fakt ist, dass in OÖ nicht unterschieden wird (werden darf/soll), ob der NA mit dem NEF oder mit dem NAH kommt.

Ich erinnere mich daran, dass in NÖ zu einem Unfall auf der Autobahn immer ein NA-Mittel alarmiert wurde, weil es sich ja um eine Hochgeschwindigkeitsstrecke handelt… Da gab es aber dann jede Menge Durck diesen Schwachsinn abzudrehen.

Aus was für einer Idee ist das den entstanden?

Klar sind das höhere Geschwindigkeiten…aber da ist doch auch die Mechanik selbst ausschlaggebend. Bei DIAS (Abfrageschema Stmk) wird auch auf der Autobahn konkret nach dem Mechanismus gefragt weil dieser auch entscheidet was für eine Priorität rauskommt (PKW vs Leitschiene ist prinzipiell ein RTW mit Licht , PKW überschlag automatisch ein NA etc…)

Haha… Das ist ja schon für fachkundige Personen vor Ort „schwierig“ einzuschätzen. Geschweige denn über Telefon mit einem aufgeregten Ersthelfer.

Ich bin im Frühjahr auf der Autobahn privat zu einem Unfall dazugekommen. Hab’ die Polizei geholt und explizit dazu gesagt, dass keine Personen verletzt wurden.
Ein anderer „Sani“ der nach mit ankommt ruft gegen meine Anweisung bei der Leitstelle an und bestellt 2(!) RTW (für eine beteiligte Person) und ein NEF (Hochrasanztrauma, Hochrasanztrauma…).

Der „Pat.“ läuft derweil gemächlich um sein Auto und macht Fotos für die Versicherung.

Die ziemlich junge Notärztin fährt mit dem Patienten im Tragstuhl (!!) in den nächstgelegen Schockraum. :confused:
10 Minuten später sitzt der gehfähige Patient vor dem Röntgen und wartet auf den Radiologen.

Untersuchungsergebnis: 1 Blauer Fleck an der Schulter.

Den Anschiss den die Notärztin ausgefasst hat, könnt ihr euch Vorstellen.

Ich glaub du hast es falsch verstanden…

Der 2.RTW war für den Kollegen weil er vor lauter Aufregung fast synkopiert is :smiley:

Was ich damit sagen will ist, dass in vielen Leitstellen dem Dispo das mitdenken verboten wird und er sich stur daran zu halten hat was ihm vorgegeben wird.
→ „fachkompetenter“ Anforderer => schicken was er verlangt, auch wenns keinen Sinn macht
→ Ausrückeordnungen einzelner Bezirksstellen sind zu berücksichtigen
→ Stur nach Rädchen alarmieren anstatt kompetenzorientiert

Dazu kommt noch, dass die Lageeinschätzung am Telefon oft alles andere als einfach ist (Sprachbarriere → Das Problem wird meiner Erfahrung nach eher schlimmer als besser).
Daher lieber mal zu viel schicken als zu wenig.

Ich möchte mir nicht ausmalen, mit welchen Schuldgefühlen ein Dispo zu kämpfen hat, wenn er eine Situation falsch einschätzt und ein Pat. sein Leben verliert, weil er das falsche Mittel geschickt hat.
Ich denke, die sturen Vorgaben und sehr großzügigen Ausrückeordnungen sollen die Dispos auch vor solchen Überlastungen schützen. Es ist definitiv ein zweischneidiges Schwert (wenn er z.b. den NKV RTW zum KT schicken muss und dann einen richtigen Notfall hat, oder er das NEF für einen Fehleinsatz für etwas wichtigeres blockiert hat), aber meiner Meinung nach schützt es die Dispos mehr als es ihnen schadet, weil sie die Verantwortung dafür nicht alleine tragen müssen.

Ich denke die Lösung für viele Dispositions Probleme wäre ein Video Notruf.
Wenn der Disponent sieht wie „das schwer Kranke Kind“ vergnügt spielt oder wie gefährlich die „starke Blutung“ aus dem Finger wirklich ist lassen sich deutlich vernünftigere Entscheidungen treffen als mit „kommen schell, viel Blut, Frau nix gut“.

Also mir ist zu Ohren gekommen das in der Stmk. wenn die Fallzahlen fürn Hubschrauber im Monat nicht passen, der NAH zu allen sachen fliegt damit die Statistik passt! da kann schon mal ein NAH zur Schnittverletzung am Finger mit Papier der Haubschrauber kommen!

betrifft jetzt zwar die Leitstelle nicht direkt, muss aber eine lustige Anekdote loswerden :slight_smile:

Vor einigen Jahren, im Rahmen eines Hochwassers in Dürnkrut, hörten wir einen Hubschrauben mit ungewöhlichem Klang…
war eine BlackHawk vom Bundesheer im Anflug auf das LKH Mistelbach und dann ist ein Feuerwehrmann mit einer Schnittverletzung an der Hand ausgestiegen.

Wir habe gefragt „warum“ und die Antwortvon der Besatzung war…sie waren dort in Bereitschaft, Langeweile und brauchten auch Flugzeit und haben daher diese Gelegenheit einfach genutzt :slight_smile:

Kann ich mangels Wissen jetzt nicht bestätigen. Aber vom Gefühl her kommt es einen sehr oft so vor.

Also mir ist auch schon viel zu Ohren gekommen, über den RD in der Stmk und den RD in Österreich. Wenn ich alles was mir zu Ohren kommt hier posten würde, wäre ich nach 3 Tagen durch einen Admin gesperrt…

Ich weiß jetzt nicht woher du deine Infos beziehst, aber trotz Bekannten in der RLS und auf einem der Hubschauber hab ich davon noch nie gehört. Und auch aus der eigenen Diensterfahrung in mehreren Bezirken hätte ich sowas noch nie miterlebt. Hubschrauber hatte ich bis jetzt eigentlich nur wenns wirklich notwendig war.

Kann ich so unterstreichen…

Gerade in der Steiermark wird zum Teil schon fast penibel darauf geachtet das der NAH nur absolute Indikationen fliegt. Liegt vermutlich auch zum Teil daran, dass viele der HEMS bei uns als NEM-Dispo sitzen

Na kannst Du nicht.
Die Leute am Telefon erzählen Dir viel Blödsinn.
Bei den 70ern fahren wir auch zu jedem Scheiss hin, nur weil durch das Abfragesystem ein Delta Code rauskommt, wo in wirklichkeit gar nix ist.
Speziell das Thema Atemnot… wird bescheuert abgefragt. Jeder zweite hat „Atemnot“, Pausen zwischen den Sätzen. In wirklichkeit ist es aber meist so, dass man einfach fragt ob man gut atmen kann und da kickt dann das subjektive Empfinden rein. Jeder mit einer verstopften Nase wird sagen dass er nicht gut atmen kann, sättigt aber 95%…

Der Calltaker kann da besser arbeiten, aber bei der Anzahl an anrufen ist es halt schon sehr schwer.