Transportindikationen von Covid Patienten

Hi zusammen,

da die Zahlen von Infizierten ja extremst durch die Decke gehen, wüsste ich gerne von euch nach welchen Kriterien ihr Covid Patienten mitnehmt bzw. belasst?
Welche Schutzmaßnahmen trefft ihr bei Patientenkontakt / Transport noch?

Grade in meinen letzten Diensten waren sehr sehr viele Covid Patienten die halt mit den üblichen Symptomen zu kämpfen hatten (Fieber, Husten, Kopf- und Gliederschmerzen, etc.). Also nix weltbewegendes.
U.a. auch vermehrt kleine Kinder mit Fieber.
Der Transport ins KH bindet Ressourcen und fast immer kommt ne Stunde später der Auftrag für den Rücktransport durch den nächsten RTW (Infektionstransporte sind bei uns von RTW durchzuführen).
Covidärzte die Hausbesuche machen, sind leider äußerst selten verfügbar.

Im Gespräch mit anderen (auch hauptberuflichen Mitarbeitern) kommt oft heraus, dass eig. immer mehr auf die persönliche Schutzausrüstung verzichtet wird (Einwegmantel, Schutzmaske, etc.)

Habt ihr von euren Organisationen / Kliniken indikationslisten bekommen nach denen ihr entscheidet ob ein Transport sinnvoll ist oder verlasst ihr euch da jeweils auf eure Erfahrung?

Schutzmaßnahmen nach wie vor Kittel+Gesichtsschutz und Maske sowieso.
Ist ja in Wahrheit auch nur ein minimaler Mehraufwand.

Sobald ich zu dem Patienten alarmiert werde, nehm ich ihn mit. Wir fahren unabhängig von CoV so viel nicht indizierten Schwachsinn durch die Gegend, da fang ich nicht bei diesem gesellschaftlich heiklen Thema an zu selektieren.
Da ließe sich ein eigenes Forum mit dem Thema füllen, das ist aber ein großräumiges strukturelles Problem.

Relativ am Anfang habe ich teilweise auch bei bestätigten Cov pos auf Einmalschürzen verzichtet. Diese haben nur den vordersten Bereich von Hose und Polo abgedeckt und bei Wind im Außenbereich ist die Schürze durch die Luft geflogen. Gab da auch immer wieder durchaus Schimpfer ad KH. Würde ich glaube ich aber auch nicht mehr so machen…

… bei bestätigt pos / Verdachtsfall / Kontaktperson akutell Schutzbrille über der richtigen Brille + OP Kittel/Ganzkörperanzug und 2x Handschuhe. Kopfhauben haben wir keine, die Schutzbrillen werden allgemein eher selten verwendet. Großer Nachteil je nach Temperatur laufen dann teils auch für längeren Zeitraum bei Wechsel von Auto/Wohnung beide Brillen an.

Beziehungsweise mangels verpflichtender Abdeckung teils auch bei nicht kontaminösen patienten einen 141 Arzt aufzutreiben… Teilweise würden sich ambulante Versorgungen sicher vermeiden lassen, aber dazu gibt es halt weder Wille noch Geld.

Entscheide ich primär aus Erfahrung, teilweise wissen sich ja Erwachsene nicht zu helfen wenn sie Fieber haben oder kennen die Symptome nicht bei einer Covid Erkrankung oder wie man sie auch mit Hausmitteln lindern kann. Auch die Rettungsleitstelle alarmiert sehr gerne 1450 Anrufe bei cov pos, da ja wenig überraschend viele davon Brustschmerzen oder subjektive Dyspnoe haben. Bringt auch nichts den Patienten zu hospitaliseren und noch bevor das Auto gereinigt ist, ist der Heimtransport schon wieder offen. Wo ich schon eher Hospitalisierung anstrebe ist bei Säuglingen oder kleinen Kindern, außer die Symptome halten sich sehr in Grenzen.

Prinzipiell tragen wir als Schutzmaßnahmen die Kittel, 2 paar Handschuhe, FFP2 Maske, Face-Schild, Brille und OP-Haube. Des Weiteren schauen wir, das wir prinzipiell das wichtigste Material schon im Auto bereitgelegt haben. O2 Brillen Beispielweise, damit wir keine Schränke (automatisch) zusätzlich öffnen müssen.

Die Alienanzüge / Ganzkörper-Kondome sind weitgehend vom Auto verschwunden, weil die praktisch nie benutzt wurden.

Eine weitere Maßnahme bei direktem Patientenkontakt ist auch, das wir ihnen frische Masken geben. Die Masken von denen sind schon öfters relativ viel getragen und dementsprechend abgenutzt…

Bezüglich der Symptomatik:

Ich treffe eher, öfters auf Patienten welche genauso gut einen grippalen Infekt haben und meistens eh nicht ins Spital wollen. Sondern sich allein gelassen fühlen und grundsätzliche Fragen haben. Wie: „Kann man ein Mexalen bei leichten Fieber verwenden?“ Diese werden auch i.R. von uns nicht hospitalisiert, sondern daheim belassen.

Werden aber dementsprechend auch vorher von uns einmal, den Diagnostischen Möglichkeiten berücksichtigt, untersucht.

Sind auch so bei einer Patientin ohne irgendwelche Beschwerden, auf eine Silent Hypoxemia gestoßen. Wurde dementsprechend auch hospitalisiert…

Aber bei denen die einfach nicht ins Spital müssen und auch nicht wollen, fahren wir nicht auf Zwang.

Bei Kindern ist das halt was anderes, da hospitalisiere ich wirklich nur dann nicht. Wenns absolut nicht notwendig ist, und bringe auch die kleinste Lappalie in die Notaufnahme…

Eine Liste oder ähnliches liegt meines Wissens nach nicht vor, auch ist das immer Entscheidung welche vor Ort getroffen wird. Auch im Beisein des Patienten werden allmögliche Szenarien besprochen und wie in welchen sich zu Verhalten ist. Sofern wir eine Reversbelassung durchführen.

Beispielsweise:

Patient bekommt später einen Brustschmerz, dann sagen wir ihm/ihr klar, das 144 zu wählen ist.

Bei Patienten die eher im Richtung Husten und rinnende Nase gehen, informieren wir über den Ärztefunkdienst.

Anmerkung: Gerade durch die Aufklärung, das es auch einen ÄFD gibt, lässt sich subjektiv feststellen dass die Hospitalisierungen stark zurückgehen. Die Patienten wissen nämlich oft gar nicht, das es den gibt. Auch fällt mir auf, dass die Heros von 1450 den Patienten teils sehr interessante Empfehlungen am Telefon aussprechen…

So hatten wir erst eine Patientin, welche dort wegen einer Auskunft anrief, was man am besten bei Schmerzen am Kniegelenk tun kann.
Hat man dieser gesagt, dass sie 144 wählen soll. Da es sich um eine Metabolische Entgleisung handeln könnte…

Wie die Calltakerin auf diese Verdachtsdiagnose gekommen ist, ist mir bis heute schleiferhaft…

(y) Dem habe ich nichts mehr hinzuzufügen.

Und eine Antwort auf deine Frage: Nein in SBG haben wir keine Kriterien bekommen.

Ja, da möcht ich mich anschließen. Wenn der Gesetzgeber wollte, dass der Rettungsdienst ein allgemeinmedizinischer Hausbesuchsdienst ist, der entscheiden soll, ob jemand hospitalisiert gehört oder nicht, hätte er uns das ins SanG geschrieben. Ich übernehme sicher keine gesetzlich nicht vorgesehenen Aufgaben, nur um ein System am Rennen zu halten, das ich nicht erfunden hab (und nicht gut finde).

Wenn doch noch die ganz große Krise kommen sollte, und es für uns einen klaren Indikationskatalog gibt, gerne. Aber aktuell sicher nicht.

Kommen wir ein bissl zur Medizin: es ist eh bewusst, dass Covid a bisserl mehr ist, als eine potenziell schlechte Sättigung wegen der respiratorischen Erkrankung? Wer kann dir denn präklinisch sagen, dass die Blutgerinnung noch soweit in Ordnung ist, dass nicht 10 Minuten nach deiner Belassung eine PE, Beinenvenenthrombose oder sonstwas passiert?

Naja, prinzipielle Frage: Wann darf ein Patient mit der Rettung fahren?

  1. Einweisung mit Transportschein
    Da gibts dann keine Diskussion.

  2. Nofall
    Das Gesetz definiert den Notfallpatienten als „Patient, bei dem im Rahmen einer akuten Erkrankung, einer Vergiftung oder eines Traumas eine lebensbedrohliche Störung einer vitalen Funktion eingetreten ist, einzutreten droht oder nicht sicher auszuschließen ist.“

Das sind die Gründe warum man mit der Rettung mitfahren kann. Und exakt NUR deshalb.

Ein CoV Patient (Alpha, Beta und Delta Variante) in voller Blüte ist meist schlecht gesättigt, hat die Lunge voller Wasser und bekommt deshalb nur mehr sehr schlecht Luft. Dieser Patient ist per Definition ein Notfall. Punkt 1. greift.

  1. Ein CoV Patient (Omikron) in voller Blüte hat meist nur einen Schnupfen. Hat er den Hausarzt gesehen und dieser stellt eine Einweisung samt Transportschein ein, greift Punkt 2. Wenn es dem Patienten (bei Omikron die Ausnahme) sehr schlecht geht wird er zum Notfallpatienten und dann greift Punkt 1. wieder.

Man kann die Logik auf jede Erkrankung, jeden Patienten anwenden.
Man verzeihe mir das „nicht“ Gendern. Alles geschriebene gilt natürlich auch für weibliche Patientinnen.