Verschwiegenheitspflicht

Rein Interesse halber würde ich gern eure „Fachmeinung“ dazu hören.

krone.at/2944540

Ich erinnere mich, leider nicht mehr genau, in Halmich‘s Buch gelesen zu haben das es einen Sanitäter in Ausübung seiner Tätigkeit nicht erlaubt ist, illegale Funde oder Bemerkungen (wie z.B. Drogen) an die Behörden weiterzuleiten da dies unter die Verschwiegenheitspflicht fällt.
Natürlich gibt es auch Ausnahmen wie z.B. den Verdacht auf Kindesmisshandlung, wo es sogar verpflichtend ist den Verdacht zu melden.

Natürlich bin ich persönlich froh darüber das es in diesem Fall gemeldet und eventuell schlimmeres verhindert wurde. Trotzdem würde mich die rechtliche Sicht der Dinge dazu interessieren.

Mir fallen dazu genau drei Worte ein:
Gefahr im Verzug.

Die Verschwiegenheit ist ein Rechtsgut, dass recht nicht von meinen Nachbarn weggebombt zu werden überwiegt dies aber wohl bei weitem.

Stimme ich dir prinzipiell zu, aber 1. war das Haus wie im Artikel bereits erwähnt abgelegen. Und 2. kann ein Nachbar ja alles anzeigen was er sieht, hört oder vermutet, der hat ja auch keine Verschwiegenheitspflicht unterschrieben.

Ich bin auch kein Experte, aber ich denke SanG § 6. (2) das regelt:

Die Verschwiegenheitspflicht besteht nicht, wenn die Offenbarung des Geheimnisses nach Art und Inhalt zum Schutz höherwertiger Interessen der öffentlichen Gesundheitspflege oder der Rechtspflege unbedingt erforderlich ist.

Aus meiner Sicht ist hier ein höherwertiges Interesse der Rechtspflege gegeben.

Patient hat einen Joint geraucht → Verschwiegenheitspflicht
Im Nachbarzimmer liegt eine Leiche → höherwertiges Rechtsgut

Waffenlager mit automatischen Waffen ist noch leicht einzuschätzen, dazwischen könnte es haglich werden… :confused:

Na, im Ernst. Das nicht genauer geregelt und das ist wohl auch gut so. Es ermöglicht dir einen Ermessensspielraum, in den du als Sani auch das Wohl des Patienten mit einberechnen kannst. Bei meiner Organisation wäre es auch problemlos möglich, ein Gespräch mit einem Juristen zu führen und dann zu entscheiden, ob man eine Anzeige macht oder nicht.

Zu diesem speziellen Fall: ein illegales Waffen- und Sprengstofflager anlegen und dann die Rettung dort hinrufen, so dass die das sehen, das spricht jetzt nicht für geniale planerische Fähigkeiten in Bezug auf Putsch/Weltuntergang/sonstwas…

Kann natürlich absolut verstehen, dass einem dieser Fall aus fachlicher Perspektive interessiert.
Aber wenn ich zu einem Einsatz (hier der absolute worst case) hinkomme und auch nur annähernd etwas von einem riesigen Arsenal mit zum Teil vollautomatischen Schusswaffen und Sprengstoff mitbekomme, ist eine potenzielle Juristerei und Verschwiegenheitspflicht das letzte und möglichst schnell uniformierte Kollegen in Blau (natürlich sobald außerhalb v. Gefahrenzone für Sanis und Pat) das erste an was ich denke.
Hoffe ich bin nicht der einzige der das so sieht :smiley:

.

Selbst wenn es nur eine Waffe ist statt einem Lager, auch mit der Waffe kann genug Schaden angerichtet werden. Im Zweifel daher immer die Polizei beiziehen.

Das Beispiel mit dem Joint ist eher ein schlechtes bzw kommt selten vor, dass nur deswegen der RD gerufen wird. Generell können Drogendelikte schon eine sehr haarige Sache sein. Nicht erst seit dem Fall Leonie weiß man, wozu sie eingesetzt werden können.
Daher lieber einmal mehr die Polizei beiziehen als zu wenig.

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Nehmen wir ein Beispiel - Einsatz bewusstlose Personen. Du kommst in die Wohnung, eine bewusstlose weibliche Person wird vorgefunden, weißes Pulver, Löffel, Spritzen etc. am Tisch. Eine zweite männliche Person die angerufen hat ebenfalls anwesend. Patient wird versorgt, kommt ins Krankenhaus, dort stellt sich heraus, dass das weiße Pulver neben Heroin auch Strychnin enthalten hat und die Dame vergewaltigt wurde. Täter bleibt unbekannt. Polizei hast du nicht gerufen, weil du der Meinung bist Verschwiegenheitspflicht gilt.
Du hast eine vermeintliche Verwaltungsübertretung nicht begangen, aber dafür ein schweres Gewaltverbrechen gedeckt?!

Also nochmal tief in dich gehen und überlegen ob sowas die Intention der Verschwiegenheitspflicht ist :wink:

Also aus der Praxis weiß ich, dass es bezüglich Beiziehung der Exekutive mit dem RD in Wien keine Probleme gibt. Da wird die Polizei eher zu oft als zu wenig gerufen. Da geht man doch lieber auf Nummer sicher. Mir wäre auch kein Fall bekannt, wo es danach zu Problemen wegen der Verschwiegenheitspflicht kam.

Das fällt unter im „Nachhinein ist man immer gescheiter“. Wenn ich bei jeder bewusstlosen Person präventiv gleich die Polizei verständige, weil eventuell ja ein Verbrechen begangen wurde, würde es bei uns bald ziemlich rund gehen. Bei jedem betrunkenen Patienten am WE weil eventuell Alkoholausschank an Minderjährige oder ein Verkehrsunfall mit Fahrerflucht. Bei jeder älteren Person weil eventuelle Vernachlässigung … .
In deinem Fall, wenn Rock hochgerutscht und Höschen bei den Knien würde ich auch die Polizei informieren, ansonsten nicht.

uiuiui… da wäre ich schon etwas Vorsichtig. Das sind schwerwiegende Anschuldigungen die, wenn sie ungerechtfertigt sind, jemandem das Leben zerstören können.
Der Drogenkonsum an sich geht uns nicht wirklich was an, denke ich.

Da wäre ich an der Einschätzung eines Juristen intressiert.

Zu dem ursprünglichen Fall. Mich stört dass in den Medien der RD als Tippgeber genannt wird. :exclamation:

Die Drogen inkl. Besteck am Tisch hast du bewusst nicht bedacht?!
Da du das nicht hast, passt deine Antwort auch nicht, weil nicht die Rede war, dass bei jedem Bewusstlosen die Polizei hinzugezogen werden soll.

Aber um dein Kommentar aufzugreifen - gerade bei betrunkenen Minderjährigen ist die Polizei hinzuzuziehen. Zum einem wegen der Angehörigen Verständigung und zum anderen ist der Ausschank an Minderjährige keine Kleinigkeit.

Es geht doch nicht um irgendwelche Anschuldigungen die man macht, sondern dass man einfach die Daten des Zweitbeteiligten hat. Gerade bei Drogendelikten. Um alles andere kümmert sich danach eh die Polizei. Als RD hast du halt weder die rechtliche, noch die praktische Möglichkeit diese zu bekommen.

Die Polizei darf doch nicht einfach irgendwelche Personalien aufnehmen auf Vorrat ???

Da brauchts einen begründeten Verdacht. Sonst ists Essig.

Stellst du dich nur so oder bist du tatsächlich so?! Soweit ich weiß ist Suchtgift in Österreich immer noch verboten und eine Verstoß ein gerichtlich, strafbares Delikt.
Ich lass mich gern aber von dir belehren, warum die Polizei bei dem von mir geschilderten Beispiel, keine Daten aufnehmen darf. Also los!

Wenn du weiter mit mir diskutieren willst, würde ich dir ans Herz legen deinen Ton etwas zu mässigen.

Ich dachte in dem Beispiel gehts um eine vermutete Vergewaltigung?

Wegen dem Suchtgift die Polizei zu rufen um die Personalien auf Vorrat zu bekommen, damit man sie wegen der vermuteten Vergewaltigung hat ist schon ein arg zusammenkonstruierter Fall.

Der Suchtgiftmissbrauch fällt meiner Meinung nach nicht unter „höheres Rechtsgut“ welches die Verschwiegenheitspflicht aufheben würde. Deswegen kann man die Polizei also nicht holen. Wenn du sie holst mit „v.a. Vergewaltigung“ ist das für mich schon auch ein heißes Eisen. Vor allem am Land wo jeder jeden kennt.

Ich hab die Situation geschildert. Aber das Suchtgift hat man halt weggelassen… Weiß schon, dass viele dazu eine liberale Einstellung hat.
Die Daten hat man nicht auf Vorrat, die Daten hat man wegen der Ermittlungen bezüglich des Suchtgiftdeliktes. Ergeben sich im Zuge der Ermittlungen noch weitere Delikte, dann darf man die Daten sehr wohl verwenden bzw hängt ja alles zusammen.

Naja wenn das Leben und die Gesundheit kein höheres Rechtsgut sind - zur Aufklärung die höchsten Rechtsgüter im StGB sind Leben, Gesundheit, Freiheit und Eigentum.

Bei Drogendelikten wo es eben zu einer lebensgefährlichen Situation kommt, ist daher immer die Exekutive beizuziehen.
Die Exekutive selbst, behandelt Suchtgiftleichen besonders. Da wird dann die große Kommission zusammen gestellt und die Laiche gerichtlich obduziert. Selbst wenn ein Fremdverschulden eindeutig ausgeschlossen werden kann. Unter anderem weil die Gefahr besteht, dass verunreinigtes SG im Umlauf ist, eine neue Droge usw. Da gilt es dann schnell zu handeln, bevor es zik Todesopfer gibt.

Ich glaub’ nicht dass das was mit „liberaler“ Einstellung zu tun hat. Eher mit Vertrauensbildung. Wir sind nicht die Exekutive und keine Hilfssherrifs. Es geht uns schlicht nix an was Leute privat so strafbares tun solange sie keine Gefährdung für uns oder andere sind.

Das ist mir wichtig!
Ich möchte wirklich nicht, dass jemand bei einer Überdosis die Rettung nicht ruft, weil er Angst haben muss dann bei der Polizei gemeldet und strafverfolgt zu werden.
→ das würde dann wirklich zu mehr Toten führen.

Ich habe zum Glück auch nie erlebt, dass bei einem Drogeneinsatz die Polizei geholt wird nur wegen der Drogen.

Also lieber Straftaten decken die eventuell damit in dem Zusammenhang stehen?!
Einen zweiten Fall Leonie lieber riskieren? Nicht nur rechtlich, sondern auch moralisch höchst bedenklich.

Im übrigen, meinst du wirklich dass jemand der die Rettung ruft, ernsthaft weiß, dass diese die Exekutive nicht beiziehen? Dass sie wissen, dass es da eine Verschwiegenheitspflicht gibt, die möglicherweise gegen die Verständigung der Polizei spricht und das ganze ganz Geheim abläuft? Auch ein wenig lebensfremd.

Mal abgesehen davon, dass in typische Giftler Wohnungen der RD sowieso nicht ohne Exekutive rein geht.