Arbeitszeitgesetz und ArbeitnehmerInnenschutzgesetz

Hallo!

Basierend auf einem anderen Kommentar von mir selbst, möchte ich hier mal ein bisschen nachfragen, wie es denn so läuft bei euch und wie es den Mitarbeitern so geht. (das AZG gilt jetzt grundsätzlich nur für hauptberufliches Personal - „irrelevant“ ist es trotzdem auch für EA/ZD/FSJ nicht)
Der Kommentar: viewtopic.php?f=25&t=1592&start=60#p24898

Der relevante Teil daraus nochmal:
Das Arbeitszeitgesetz ist keine Empfehlung. Das kann man nicht „manchmal vielleicht“ einhalten. Ich bin der Überzeugung, dass zumindest in den Ballungsgebieten in Österreich kein Rettungsdienst das AZG befolgt. (Wien weils Gemeindebedienstete sind bin ich mir weniger sicher)

  • Tägliche Arbeitszeit 12h nur bei Arbeitsbereitschaft möglich (Arbeitsbereitschaft heißt ich kann davon ausgehen in fast jedem Dienst ca. 1 Drittel, also 4 Stunden, NICHTS zu tun. Kein Einsatz. Kein Fahrzeugcheck. Kein Putzen. Kein Dokumentieren. NICHTS!
  • Standard Wochenarbeitszeit über 40 Stunden NUR bei vorliegen von Arbeitsbereitschaft möglich (also ich darf schon Wochen mit 48-60 Stunden arbeiten, aber im Durchrechnungszeitraum dürfens nur 40 Stunden sein. Mehr NUR bei vorliegender Arbeitsbereitschaft!
  • WENN es mal einen Tag gibt, wo ich die Arbeitsbereitschaft nicht habe, ist eine Pause von mindestens 30 Minuten Pflicht. JEDEN EINZELNEN Dienst. IMMER

Nur ganz kurz, ganz kleine Punkte. Das AZG ist ja kein Spaß. Ernsthaft.

Seit August 2018 gab es ja eine Novelle des AZG, der §4a Abs3 könnte es ermöglichen, dass auch ohne Arbeitsbereitschaft 12h Schichten möglich sind. Ausschließlich im Schichtbetrieb, das heißt eigentlich nur Autos die 24h durchfahren. Einzelne Autos, welche nicht im Schichtbetrieb fahren, (oft KTWs, zusätzlich Tagesautos, …) sind definitiv auf 10h Schichten begrenzt im AZG.

Wie seht ihr das? Wie wird das bei euch gemacht? Arbeitet ihr 40h/Woche oder mehr? (Also mehr im Schnitt oder sogar definiert im Arbeitsvertrag)? Gibt es was anderes als 12h Schichten? Gibt es bei euch noch 24h Schichten?

Zweites großes Thema: ArbeiternehmerInnenschutzgesetz. Da gibt es viel zu beachten und zu diskutieren, ich möchte ein Thema herausgreifen: Tragehilfen (Raupentragstühle elektrisch, für echte RTW auch mechanisch/passiv abwärts), elektr. Tragen, Rollboards, …
Wie sieht bei euch die Arbeitsplatzevaluierung aus? Was steht da zu „Heben und Tragen von Lasten“ drin? Welche Maßnahmen werden von den diversen Arbeitgebern gesetzt, welche werden gefordert?

Ich sags ganz plump: Wenn man das Gesetz und die Studienlage zu dem Thema liest, sind elektr. Tragen in ausnahmslos jedem Auto verpflichtend. Ebenso weitere technische Hilfsmittel. Eine Schulung zum „Rückenschonenden Arbeiten“ oder so ist im Sinne des Gesetzes nicht ausreichend, da bei Gefahren für die Gesundheit ein simples Prinzip gilt (und zwar laut Gesetz): STOP. Und zwar in genau dieser Reihenfolge, das ist eine explizite Gewichtung (pun intended) der Maßnahmen!

  • Substituieren (die Arbeit nicht oder anders machen). Geht nicht im Rettungsdienst/KT
  • Technisch - technische Hilfsmittel zur Vermeidung der Gefahr für die Gesundheit
  • Organisatorisch - das wäre zB. immer zu Dritt am Auto zu sein, oder maximal 1 mal pro Tag tragen (sonst darf man ein anderes Auto/Personal holen). Nicht realistisch im RD/KT
  • Persönlich - zB. Schulungen zum rückenschonenden Arbeiten, Fitnessstudio im Betrieb, … etc.

Die tägliche Arbeitszeit von 12h fand immer ohne Arbeitsbereitschaft statt, siehe: arbeitsinspektion.gv.at/Arb … enzen.html
§4a. Bei mehrschichtiger Arbeitsweise ist ein Schichtplan zu erstellen. Die wöchentliche Normalarbeitszeit darf

1.
innerhalb des Schichtturnusses oder
2.
bei Durchrechnung der Normalarbeitszeit gemäß § 4 Abs. 6 innerhalb des Durchrechnungszeitraumes

im Durchschnitt 40 Stunden bzw. die durch Kollektivvertrag festgelegte Normalarbeitszeit nicht überschreiten.
(3) Bei durchlaufender mehrschichtiger Arbeitsweise mit Schichtwechsel kann die tägliche Normalarbeitszeit bis auf zwölf Stunden ausgedehnt werden,
2. wenn dies mit einem Schichtwechsel in Verbindung steht.

ris.bka.gv.at/GeltendeFassu … r=10008238

In Wien wird das bei der MA70 mit einem Opt In für 48h im Durchrechnungszeitraum mit jedem einzelnen Mitarbeiter geregelt. Ob dieses Blatt Papier auch dem rechtlichen Rahmen standhält, sei dahingestellt. Bei den anderen Organisationen wird auf die 40h im Durchrechnungszeitraum meines Wissens nach geachtet. Bedenklich ist es dass in den letzten Jahren immer wieder Dienste gegeben haben soll, die aus Mangel verlängert wurden, in Richtung 13, 14+ Stunden, weil kein Personal verfügbar war,

Viele Organisationen fahren 8,5 Stunden und 12h Diensträder, und geben Zeitausgleich.

Das ist falsch. Den von dir zitierten Paragraphen gibt es seit August 2018 (!!!), davor hat es für 12h Schichten die Arbeitsbereitschaft gebraucht.

Genau - er ermöglicht zwar (Absatz 3) 12 Stunden Schichten, aber nicht die Ausdehnung der Normalarbeitszeit auf mehr als 40 Stunden / Woche. Ich weiß von mehreren Kollegen (in anderen Bundesländern), dass sie aber verträge über 48 Stunden / Woche haben. Etwas das es nach dem AZG nicht geben darf - mit sehr wenigen Ausnahmen. (siehe weiter unten)

Genau. Seit August 2018 geht das, aber nur „wenn es mit einem Schichtwechsel in Verbindung steht“. Autos die zB. verstärkend unter Tags fahren aber nicht in der Nacht sind deshalb m.E. von §4a Abs3 nicht erfasst und könnten nur 12h Schichten haben bei vorliegen von Arbeitsbereitschaft (die Regelung gibts nämlich immernoch).

Wien ist da anders (haha, ich weiß), da es sich m.W. um Vertragsbedienstete („Beamte“) handelt, da gelten nicht alle Teile des AZG. Da geht deshalb mehr.

Wo? in Wien? Da geht viel - vor allem mit einem Durchrechnungszeitraum. Was nicht geht, ist die Normalarbeitszeit über 40 Stunden/Woche hinaus zu verlängern wenn keine Arbeitsbereitschaft vorliegt (§5 AZG).
Und dass in den meisten Ballungsgebieten in Österreich keine Arbeitsbereitschaft mehr vorliegen wird ist glaub ich fast unstrittig … oder?

Das AZG gilt nicht für Mitarbeiter*innen einer Gebietskörperschaft und damit nicht für Bedienstete der Stadt Wien.

Genau - Die Wiener Berufsrettung hat da also andere Voraussetzung. RK, ASB, Johanniter, … und wer auch immer noch mitspielt unterliegen aber definitiv dem AZG, auch in Wien. Das hab ich oben gemeint mit den Vertragsbediensteten, die es nur bei der WBR gibt im Rettungsdienst.