Ja, das ist heute die Runde gegangen und hat viel Empörung verursacht.
Man muss verstehen, wie Gerichte funktionieren um diese Entscheidung zu verstehen.
Der OGH kann nur basierend auf dem Gesetz entscheiden. Das SanG2002. ist hier der Knackpunkt. Dieses differenziert sich doch klar vom Gesundheits- und Krankenpflegegesetz. Der Sanitäter (auch NFS) ist de jure kein Gesundheitsberuf. Es ist ein „Anlernberuf“. Es ergab sich sogar einmal in einem Arbeitsrechtsstreit die Frage, ob ein Sanitäter als Arbeiter oder Angestellter zu bewerten ist. Es überwiegt die manuelle Arbeit, weniger die „intellektuelle“ Leistung, so die damalige Rechtsprechung.
Das Problem im SanG ist, dass es keine eindeutige Unterscheidung zwischen Sanitäter und Notfallsanitäter gibt. Auch ist die Ausbildungszeit eine sehr kurze gegenüber einem Lehrberuf oder einem Studium. Die Ausbildungen und definierten Tätigkeiten unterscheiden sich zwar, aber es gibt de jure keinen Qualitativen unterschied. Dies ist auch der Grund warum NFS und RS in fast allen Kollektivverträgen exakt ident (schlecht) entlohnt werden können.
DGKP hingegen führen ein Staatsdiplom. Und dies ist quasi „akademisch“ zu bewerten. Die Ausbildungszeit (auch wenn diese zu über der Hälfte aus Praktika besteht) ist 3 x so lange wie beim NFS. Der neue „Gehobene Dienst“ ist seit 2018 akademisch (BSc Healthcare/Medical Sciences). Es gibt hier eine eindeutige Differenzierung zwischen DGKP und PFA (in Stunden) und dies spiegelt sich auch in der unterschiedlichen Entlohnung wieder.
Genau diese Trennung zwischen RS und NFS gibt es aber im SanG nicht. Es gibt nur eine „Kompetenzerweiterung“ des Sanitäters. Am Ende ist man aber Sanitäter. Der NFS hat da eben eine Zusatzausbildung und darf „mehr“. NFS ist aber kein eigenes Berufsbild und hat deshalb auch keinen Berufsschutz. De jure ist der Sanitäter oder NFS ein „Anlernberuf“. Etwas was jeder machen kann. So wie auf der Baustelle. (Ist leider so).
Ebenfalls sieht das SanG. nur ganz spezifische Tätigkeiten vor. Anders als beim DGKP. Im Vordergrund steht beim NFS die Assistenz eines Notarztes und nur in absoluten Ausnahmefällen die eingenverantwortliche Tätigkeit. (Das SanG. spricht hier von „Notfällen“, in welchen das erlaubt ist).
So etwas, wie in Wien die MA70 (also quasi Paramedic) oder auch in NÖ gemacht wird, ist im SanG. nicht vorgesehen.
Die richtige / konservative Interpretation des SanG. sieht man in OOE. Dort hält man sich nicht an das maximal Mögliche sondern an das explizit Erlaubte. Man dehnt das Gesetz nicht wie es andere HiOrgs machen sondern nimmt es literal.
Den Erkäuterungen zum SanG. ist auch zu entnehmen, dass der Gesetzgeber das exakt so wollte. Damals wollte man keinen „Paramedic“. Man wollte dem Sanitäter, welcher bis dahin ein Hilfsarbeiter war (MTF-SHD Gesetz) eine Berufsbezeichnung mit klaren Kompetenzen geben. Das wurde geschafft.
Und genau aus diesem Grunde entschied sich der OGH im Vorliegenden Urteil so. Das Recht gibt hier nicht mehr her.
Ich bin der Meinung, dass der Kläger im vorliegenden Fall nicht hervorgestrichen hat, dass er mit 30 Jahren Praxis einen doch massiven Erfahrungsschatz hat (Wir alle wissen dass ein RS oder NFS erst über die Jahre wirklich gut wird).
Dennoch, dieses Urteil zeigt uns allen auf, wie unsere Rechtsstellung wirklich ist.
Fazit.
Das SanG2002 gehört dringend reformiert und der Sanitäter als eigenständiger Gesundheitsberuf mit einem Diplom versehen.
Just my2cents.