Kontraindikation(en) Beckenschlinge

Ich höre immer wieder, dass die Verwendung von Beckenschlingen (t-Pod und Sam Sling) bei bilateralen Femurfrakturen, Oberschenkelhalsfrakturen sowie instabilem Becken kontraindiziert ist. Das will sich mir nicht logisch erschließen:
Ein instabiles Becken stellt doch eigentlich gerade eine Indikation dar!
Was der Oberschenkel mit einer Stabilisierung des Beckens zu tun haben soll verstehe ich auch nicht.
Oberschenkelhalsfrakturen würde ich mir noch einreden lassen, da der Druck ja am Trochanter major anliegen soll.

Ich finde leider nichts auf den Herstellerseiten oder im Netz. Kennt jemand von euch etwas offizielles (vom Hersteller)?

Ich kenn auch keine Literatur dazu, werde mich aber umhören und berichten!

Soweit ich mich jetzt erinnern kann, waren ein komplett zertrümmertes Becken und die Oberschenkelhalsfraktur die Kontraindikationen.

Also ein kurzer Blick in die Weiten des www hat doch einiges zu Tage gebracht.Zuerst einmal eine Zusammenfassung über die beiden
Produkte:

1. zum SAM Sling von Tinovamed GmbHund SAM Medical Products™

Vom Autor der o.a. Studien, Herrn Michael Bottlang Ph.D aus Portland/Oregon, USA ,gibt es auch einen Artikel auf Deutsch, veröffentlicht im
Rettungsdienst Journal 01-2004, der Mitgliederzeitung des BVRD, dem deutschen „Berufsverband für den Rettungsdienst e.V.“, auch mit einer guten Fotodoku dazu.
Eine Fotostrecke zur richigen Anwendung gibt es ebenfalls auf den Seiten bei tinovamed.

Es gibt es auch noch ein SAM Sling™ Training Video im .mov-Format (Quicktime).

Auf den Seiten von SAM Medical Products ist auch schon das Nachfolgeprodukt SAM Pelvic Sling II verfügbar.

Ein Produktvideo gibts bei YouTube hier: SAM Pelvic Sling II Transferring Patient to Backboard

2. Zum T-POD von Pyng Medical Corporation, Richmond, British Columbia, Canada:

Hier ein einführender Artikel mit angeschl. kurzer Diskussion im Onlineportal rettungsdienst.de powerd by: RettungsMagazin:

Eine gute zusammenfassende Produktbroschüre auf Englisch gibt es hier. als .pdf-File.
Auf MyVideo gibt es ein gutes Video Anwendung des T-POD, auf Deutsch, 1:52 lang und ordentliche Qualität.
Auf YouTube gibt’s ein Vidoe mit der Bezeichnung T-POD, auf Englisch, 1:00 lang und in miserabler Qualität (240p).

Bei beiden Prodokten wird auf eine mgl. Kontraindikation SH-Fraktur NICHT eingegangen. Natürlich wird bei der richtigen Anlage genau auf beide Trochanter
der entsprechende Druck ausgeübt. Ich glaube allerdings, bei einer entsprechenden (instabilen) Beckenfraktur ist eine mögliche SH-Fraktur oder eine Mitbeteiligung der
Gelenkspfanne oder der Gelenkskugel in Wirklichkeit nebensächlich.

Bedenken muss man in diesem Zusammenhang, das eine isolierte und instabile Beckenfraktur sehr selten ist, und wenn dann oft im Rahmen eines
Polytraumas quasi als „Zusatzbefund“ auffällt.
Sollte der Gesamtzustand des Polytraumas sowieso schon schlecht sein, wird man sich möglicherweise auf Intubation/Beatmung, großzügiger Volumenersatz
(haha, wieviel gute und großlumige Zugänge haben Eure Polytrauma so?) und auf „scoop and run“ - Heli… konzentrieren.

In meiner Erfahrung gibt es einige Patienten mit tatsächlich „instabilem Becken“ oder auf Grund des Unfallmechnismusses angenommer Beckenfrakturen, allerdings
alle im Rahmen eines ausgewachsenen Polytraumas. Alle Patienten waren bei Eintreffen in einem miserablen Zustand und aufgrund des Traumamusters und des
schon vertieften Schockzustandes an der Grenze zur Reanimation. Wie Traumareanimationen statistisch und real enden, dürfte allen längerdienenden ein
Begriff sein. Ich weiß nicht, ob wir uns damals mit einer Beckenschlinge aufgehalten hätten.

Nichtsdestotrotz ist der u.U. lebenserhaltende Einsatz dieser Materialien jedenfalls zu bedenken, wenn man damit zumindest eine (innere) Blutungsquelle
reduzieren kann. Irgendwo habe ich gelesen, das ein NA oder LNA in D den Einsatz auch für den RA/NFS empfehlen würde. Das würde ich bei der derzeitigen Qualifikation
der RTW-Besatzungen (Mindesqualifikation RS) eher problematisch sehen.
Zusammenfassend, wenn vorhanden würde ich den SamSling oder T-POD jedenfall einsetzen. Meiner Meinung nach sollte das aber unbedingt im Traumatraining
entsprechend „antrainiert“ sein, damit bereits vor Lagerung des Patienten auf die Vaku darann gedacht wird.
Welches Produkt eingesetzt wird/werden sollte, würde ich u.U auch von den aufnehmenden Unfallstationen abhängig machen, da ein MRT beim Sam-Sling wegen
der Metallschnalle im Gegensatz zum T-Pod im Aufnahmeprozedere kontraindiziert ist (ich glaube die AUVA-Spitäler verwenden auch ein MRT zur Akutdiagnostik.

Folgende Fragen an die werten Forumsmitglieder hätte ich:
1.) auf welchen RTWs (eher nicht) bzw. NEF/NAWs ist eine Beckenschlinge vorhanden? (Die Kosten von in etwa € 100,-- sind ja für ein Einmalprodukt nicht ohne)
2.) Wer hat mit der Verwendung im Einsatz schon Erfahrung sammeln können
3.) Wurde jemand in einem Traumatraining (Trauma-Code) auf die Verwendung entsprechend geschult (mal vom MPG abgesehen)?
4.) Hat einer unserer Ärzte hierorts den Sam-Sling/T-POD schon eingesetzt, und würde er den Einsatz duch NFS empfehlen?

ad. 1.) Der NAW Korneuburg hat seit einigen Jahren T-POD an Bord.
ad. 2.) Ich hab den T-POD schon ein paar Mal im Einsatz verwendet.
ad. 3.) Unsere Trauma-Fortbildungen konzentrieren sich auf die Geräte die auf allen Fahrzeugen (d.h. auch auf den RTW) vorhanden sind, deswegen kommt der T-POD dort nicht vor. Bei uns wird aber regelmäßig in den ausfahrtsfreien Zeiten im Dienst geübt. Die meisten Dienstmannschaften und auch unsere Notärzte sind da glücklicherweise relativ motiviert.
ad. 4.) Ich bin zwar kein Arzt, könnte mir die Anwendung durch entsprechend geübte und geschulte Sanis aber durchaus vorstellen.

  1. Nope
  2. Nope
  3. Einmal vor Jahren kurz in der Hand gehabt.

Erstmal danke für deine Mühe, die Produktbeschreibungen ebenso wie die FAQ zum SamSling
http://www.aform.si/uploads/datoteke/SAM%20Sling%20FAQ%20rev3.pdf
habe ich zwar gefunden, aber meine Fragen wurden darin, wie du richtig angemerkt hast, nicht wirklich beantwortet. Dass es die isolierte Beckenfraktur sehr sehr selten gibt ist klar und stand auch nicht zur Diskussion. Auch fraglich ist wie oft eine Oberschnkelhalsfraktur im Rahmen eines Polytraumas als solche auffällt, anders bei bds. Femurfrakturen, aber auch hierzu konnte ich bis dato nirgends etwas finden.

Dass ein Polytrauma, das vermutlich aufgrund des Blutverlustes, „eh schon schlecht beisammen ist“ dann keine Blutstillende Maßnahme wie die Schienung einer Beckenfraktur erhält - nunja fragliche Vorgehensweise um es vorsichtig auszudrücken.

Eine Anwendung durch darauf geschulte Sanitäter kann ich mir sehr wohl vorstellen, die Anwendung bedarf ja nicht mehr handwerklichen Geschicks als ein Stifneck, es ist keine invasive Maßnahme schon eher eine möglicherweise lebensrettende.

Auch der SamSling kann bis zu 3 Tesla (vllt. kann mir wer sagen ob das viel oder wenig ist?!?!) im MRT angelegt bleiben, nicht geöffnet!
http://www.sammedical.com/products/sam-pelvic-sling-ii/
Der Samsling II ist kein Einmalprodukt, zumindest ist eine Desinfektion in den FAQs beschrieben.

Vielen Dank, wenn ich das richtig verstehe dann ist 3 Tesla also die normalerweise verwendete maximale Stärke der Humanmedizin im diagnostischen Bereich. Also derzeit ist das Produkt mMn damit als Voll-MRT tauglich anzusehen.

Ist zwar ganz nett, aber solang ein SamSling von Nöten ist wird es wohl ein MRT nicht sein.

Nur Ergänzend zur generellen Anwendung des SamSling: Meine Erfahrungen bzgl. Versorgung von Beckenfrakturen bzw. Polytraumen bezieht sich auf einen Zeitraum von ca. 17 Jahren
NAW, allerdings in Wien und in der Zeit knapp vor Markteinführung des SamSling bzw. T-POD, daher hat sich eine Verwendung natürlich einerseits nicht ergeben, und andererseits waren
die Transportzeiten in einen Schockraum in unserem damaligen Einzugsgebiet relativ kurz. Daher war immer die Frage: „Stay and play oder soop and run?“ Es galt immer den aktuell notwendigen
Mittelweg zu finden. Unser Team war lange Zeit das Selbige und extrem gut eingespielt. Bei 4 Mann/Frau am Fzg. war 1 NFS mit Ärztin Intubation/Beatmung, 2 NFS (2x DGKP) mit Venenpunktion
und Volumenersatz sowie Lagerungs- und Transportvorbereitung… :wink:

Natürlich bin ich aktuell jederzeit für einen Einsatz, abhängig vom Wissensstand der Mannschaft und -innen… Wenn man nicht schon VOR Lagerung auf Trage/Vaku ist die Frage ob man dann
den Aufwand vs. Transportzeit als notwendig erachtet.

Meine Aussage bzgl. MRT bezog sich auf die Erstversion des Sam Sling, welcher Metallanteile in der Schnalle hatte. Dieses Manko scheint es bei der Version II nicht mehr zu geben.
Quelle: Sam Sling - Anwendung von der samsplint.ch-Seite

Dann verstehe ich das Vorgehen ohne SamSling jetzt auch. Bei der Vewendung von Schaufeltrage und Vakuummatratze ist der Zeitaufwand minimal, der SamSling kann auf der Vakuummatratze vorbereitet und nach entfernen der Schaufeltrage angelegt werden. Am Spineboard dauert es wohl einige Sekunden länger, da er erst unter den Patienten platziert werden muss.
Fassen wir zusammen:
es gibt keine Herstellerseitige Kontraindikation.
es erscheint logisch, dass die Verwendung bei Oberschenkelhalsfrakturen und zertrümmertem Becken dem Patienten Schmerzen zufügt. Eine Anwendung hat dann wohl zu unterbleiben wenn es der Patient nicht toleriert.
die bds. Femurfraktur ist nicht als Kontraindikation angegeben und erscheint auch nicht logisch begründbar!?!?
weitere Kontraindikationen?

T-POD am NAW (selbes Device wie im zuständigen Schockraum); bereits problemlos verwendet; alle am NAW tätigen Personen darauf eingeschult; Übung bei div. Traumafortbildungen;
SamSling auf einem RTW; Einschulung jedoch persönlich noch keine Erfahrungswerte;

AFAIK haben z.B. die Malteser in Wien die Beckenschlinge auch am RTW und sie ist auch Teil der Lehrmeinung für Sanitäter. Ich sähe jetzt auch nichts, was gegen eine selbständige Anwendung spräche.

Detto bei der 70er.

Unsere RTWs und der NAW habens auch drin. Ist beim ASB auch NÖ weit Teil der Ausbildung zumindest von NFS. Auch bei den RS ist die Beckenschlinge mittlerweile dabei soweit ich weiß.

Und was sagen die Lehrmeinungen von Malteser/70er/ASB zur Beckenschlinge? Wann durch wen, wann nicht?

Es muss aber nicht immer ein speziell entwickeltes Gerät herhalten und am Auto sein. Man kann das Becken am Spineboard auch mit einem Leintuch stabilisieren. So wurde es bei mir unterrichtet. Indikation war ein instabiles Becken soweit es der Pat. toleriert.

Da der T-Pod ja nun am NEF NÖ vorhanden ist würde mich die Freigabe dazu interessieren. Habe gehört, dass er ab NFS zur eigenständigen Verwendung freigegeben ist. RS erst nach Indikation durch Arzt.

Im Info Nr.27 steht allerdings:
Ab Stufe RS nach MPG Einschulung UND Indikation durch Arzt.

In einer neueren Aussendung soll RS durch NFS ersetzt worden sein.

Kann mir jemand sagen was nun die Endgültige Version ist?

MA70: Indikation Beckengurt nach PHTLS: Traumageschehen mit Patienten bei Bewusstsein mit Schmerzen im Beckenbereich, Bewusstloser Patient mit Unfallkinematik welche ein Beckentrauma möglich macht.
Kontraindikation: Keine.
Durchzuführende Person: Sanitäter egal welcher Ausbildungsstufe.