Insult + Blutdruck

Hallo zusammen,

am WE hatten wir eine interessante Unterhaltung über den Blutdruck beim Schlaganfall.
Wir wissen ja, dass ein dauerhaft zu hoher Blutdruck das Risiko für einen Schlaganfall erhöht.
Wir wissen auch, dass ein zu hoher Blutdruck dazu führen kann, dass ein Gefäß im Hirn (mit oder ohne Aneurysma) platzt und so zum hämorrhagischen Insult führt.

Aus meiner Erfahrung haben sehr viele unserer Pat. mit Insult einen hohen Blutdruck wenn wir vor Ort kommen.
Leider halt auch fast immer eine art. Hypertonie als Vorerkrankung.

Nun die Frage.
Führt ein Insult auch zu einem erhöhten Blutdruck?
Versucht der Körper die Minderperfusion im Hirn nach einem Insult (ischämisch sowie hämorrhagisch) durch einen erhöhten RR auszugleichen?

Bei meiner Google Suche konnte ich nur Artikel zum Blutdruckmanagement beim Insult finden. Falls also jemand was verwertbares dazu im petto hat, würds mich freuen.

es gibt den Cushing-Reflex bei erhöhtem ICP. Da erhöht der Körper den Blutdruck damit der den zerebralen Perfusionsdruck aufrechterhalten kann (CPP=MAP-ICP). Hab ich tatsächlich schon bei schweren SHTs beobachtet. Ob das bei einem hämorrhagischen Insult wo du ja auch eine gewisse ICP Erhöhung hast, auch auftreten kann, weiß ich allerdings nicht.

In der Tat ist es so, dass der Körper beim ischämischem Insult den RR kompensatorisch hochfährt, um eine ausreichende Perfusion besonders des zurzeit ischämischen Gebiets sicherzustellen (Kollateralflüsse, am Thrombus vorbei etc). Dies ist der Grund, wieso vor etwaiger Lyse oder Thrombektomie der RR hoch gehalten werden muss (> 160/90). Bei Carotis-OPs, wenn also zB eine Carotis abgeklemmt wird um den Thrombus zu bergen, muss ich als Anästhesist den RRsys hochhalten (zB > 140 → Noradrenalin), um durch Kollateralflüsse die Perfusion der nun minderversorgten Region sicherzustellen. Das wäre also dasselbe Prinzip.

Beim hämorrhagischen Insult ist zumeist ein massiv entgleister RRsys die Ursache für die Blutung, dh oft ist der hohe RRsys nicht die Folge der Hämorrhagie, sondern die Ursache. Entsprechend ist der RRsys baldigst (zB 1h) auf RRsys < 140-160 mmHg zu senken, um eine weitere Schädigung des Gehirns durch Hirndruckanstieg zu verhindern. Hier bietet sich die Narkoseeinleitung mit einem cardiovaskulär depressiven Hypnotikum wie Propofol an, welches zusätzlich auch den Hirnstoffwechsel drosselt & dadurch den Energieverbrauch senkt.

Hoffe das hilft :slight_smile: (y)

Hast du dazu evtl. etwas nachschlagbares?
Ich konnte dazu eben nichts gescheites finden…

Klar. Im Pharmakologie-Buch von Thomas Karow (2022) steht, dass beim ischämischen Insult die Autoregulation im Gehirn gestört ist, sodass die Perfusion letztlich direkt vom RRsys abhängt. Dh bei entgleisten Patienten sollte der RR > 160/90 gehalten werden & eine Senkung nur erfolgen bei Extremwerten (RRsys > 220, RRdia > 120). In den Leitlinien zur Akuttherapie des ischämischen Schlaganfalls der Dt. Gesellschaft für Neurologie (2021) gibt man sich etwas reservierter, dh das genaue RR-Ziel ist nicht wirklich bekannt, man soll aber auch erst ab einem RRsys > 220, RRdia > 120 & dann auch nur maximal 25% in den ersten 24h senken. Also auch dort wird prinzipiell bei entgleisten Patienten ein hoher RR favorisiert. Bei Patienten mit RRsys < 120 mit soll man laut Karow / DGN mit Kristalloiden eingreifen, sofern eine Exsiccose als ursächlich erachtet wird. Hochkomplexes Thema!

Etwas nachschlagbares hab ich im Moment auch nicht parat, aber ich kann zumindest aus meiner klinischen Erfahrung von knapp 1 Jahr auf einer Stroke Unit ebenso berichten, dass frische ischämische Insulte quasi alle einen erhöhten RR haben, aus den bereits erwähnten Gründen.

Anästhesie vom Larsen hat das ganz gut drinnen.

de.m.wikipedia.org/wiki/Zerebraler_Blutfluss
(y)

Ich wollt hier nur schnell danke sagen für die wertvollen Diskussionsbeiträge. (y)

Ja. Danke dafür.
Von der Autoregulation hatte ich bisher noch nix gehört. Sehr interessant und sicherlich hilfreich zu wissen im Einsatz draußen. Vor allem beim hypo-/hypertensiven Patienten.

Zusammenfassend:
Autoregulation im Gehirn gestört durch Faktoren wie Ischämie, Hypoxie, Hyperkapnie, Hirntrauma, div. Anästhetika → Hirndurchblutung folgt passiv dem MAD.