Ebrantil, Erfahrungen

Hi zusammen,

in Vlbg. haben wir jetzt Ebrantil freigegeben bekommen. Bzw. einen Onlinekurs für alle NKler und ab Februar haben wir das Zeugs am Auto.
Ich „wundere“ mich allerdings etwas über den Algorithmus den wir dazu bekommen haben.

Kontraindikationen:
Allergie auf den Wirkstoff, Aortenisthmusstenose, Dialyseshunt, Stillzeit → Alles wie im Beipackzettel

Zusätzlich noch (einiges steht im Beipackzettel als „besondere Vorsicht“ bzw. „Dosisreduktion empfohlen“):
Schwangerschaft, Starker Alkoholkonsum in den letzten 12 Stunden,
Einnahme von Antihistaminika (im Beipackzettel ist nur Cimetidin erwähnt), Leber- oder Nierenfunktionsstörungen, Cerebrales Geschehen

Außerdem dürfen wir nur 5mg verabreichen und das bis max 20mg wiederholen (also titrieren mit max. 4 Gaben)
Ich nehme an damit möchte man die Nebenwirkungen umgehen die durch „zu schnelle Gabe“ auftreten können.

Wie sehen die Algos in anderen Bundesländern aus?
Was sind eure Erfahrungen mit Ebrantil?

Bei meinen bisherigen Einsätzen haben die Notärzte immer mal mit 15-20mg angefangen (wie es auch im Beipackzettel vorgeschlagen ist) und dann geschaut was sich tut. Ggf. dann nochmal soviel gegeben und bei ausbleibender Wirkung mal was anderes probiert.
2020-01-07 13_25_22-Arzneimittelliste 2_Hypertensive Krise.pdf - Adobe Acrobat Reader DC.png

Schau dir doch einfach im Vergleich die SOPs in Deutschland an, z.B. vom DBRD, oder vom Rhein-Neuss-Kreis.

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Warum beidseits eine manuelle Blutdruckmessung? Gibt es da ein Begründung, insbesondere wo doch in Vorarlberg auf allen RTWs ein C3 vorhanden ist? Eine Kontrollmessung ist ja durchaus sinnvoll, bevor man mit der Therapie beginnt, aber warum ist dezidiert festgehalten, dass beide Messungen manuell erfolgen müssen?

/edit: ASB NÖ bzw. die Liste vom Bundesverband sieht maximal 25mg Urapidil in je 5mg-Schritten im Abstand von 3 Minuten vor (bei RR > 200mmHg). Die Art der Messung und Quantität wird hierbei nicht angegeben.

/edit2: Wird der Nitrospray in Folge aus der AML gestrichen (für den Hypertensiven Notfall) und fällt dieser für die Indikation dann raus (so wie wie im restlichen Österreich beim RK ja bereits vor längerem geschehen)?

im Vergleich dazu Wien bei MA70:

  1. RR > 230mmHg mit Symptomen
  2. Kontraindikationen sind: Unverträglichkeit/Aortenstenose/Ateriovenöser Shunt/Stillzeit/Alter <= 16
  3. Zielwert = max 20% vom Ausgangswert & Besserung der Symptome
  4. Verabreichung: 5mg langsam und titriert über 5min., 1x wiederholbar.

Bis jetzt 2x gemacht, in beiden Fällen schon mit 5mg → RR <200 (einmal 175, einmal 190) mit Sympt.-Besserung.

und ASB Wien:

  1. RR > 200mmHg mit Symptomen
  2. Kontraindikationen: Unverträglichkeit/neur. Symptomatik/ACS/Aortenstenose/Alter < 8 Jahre/keine Zuverlässige Anamnese
  3. Zielwert nicht unter 160mmHg & Besserung der Symptome
  4. Verabreichung: 5mg alle 3 Minuten, max 25mg + Isotone kristalloide Lösung mit langsamer offenhaltender Flussrate.

Kann ich mir schon erklären - automatische RR-Messung ist bekanntlicherweise fehleranfällig auf Artefakte (Anzeichen die dafür Sprechen, dass der Wert ein Schmarrn ist, sollten allerdings jedem bekannt sein) und man will damit wohl verhindern das irgendwer der den Monitor anstatt den Patienten therapiert und vielleicht irgendwem mit Normotonie einfach abschießt weil er irgendeinem Fantasiewert am Monitor vertraut. Mit der beidseitigem RR-Messung will man wohl verhindern, dass eine mögliche Aortendissektion die auf einer Seite 200/110 und auf der anderen Seite 130/80 hat abgeschossen wird. - Warum man dann nicht den V.a. auf Aortendissektion als Kontraindikation reinschreibt ist mir auch nicht ganz klar.

Weil eine Aortendissektion keine Kontraindikation für Urapidil ist. Vielmehr sogar eine Indikation.

Immer dieser bluthochdruck
Wenn der patient keine organschäden hat, wird nichts gemacht, tlw nicht mal transportiert und an den hausarzt verwiesen → guidelines

Btw ebrantil wirkt umso „ärger“ je schneller gespritzt wird, das erklärt viele verschiede erfahrungen der kollegen

Die beidseitige Messung ist zum Ausschluß einer Dissektion. Die war beim Nitro noch als KI gelistet. Ich glaube das ist noch ein Überbleibsel und einfach ein Fehler im Algo.
Seit dem Softwareupdate im Dezember nach dem der C3 jetzt die Signalqualität der Messung anzeigt müsste meiner Meinung das mit der manuellen Messung nicht mehr unbedingt sein.

Das Nitro ist für den Bluthochdruck jetzt komplett gestrichen. Beim ACS und kardialen Lungenödem aber noch freigegeben.
Außerdem wurde im Zuge der Umstellung auch die Dosierung von ASS beim ACS angepasst. Von 500mg auf 250mg.

Stimmt. Ich senke den Blutdruck auch nicht um des Blutdrucks willen…
Wenn keine Symptome feststellbar sind muss man halt schauen. Aber ohne Symptome wird auch selten jemand die Rettung rufen.
Letzten Monat hatte ich eine Dame mit einem Druck von 275/100… Gehfähig, keine Beschwerden. Die hat halt angerufen weil sie routinemäßig gemessen hat und ihre Medikamente nicht gewirkt haben. Die wurde dann halt normal auf die Interne gebracht.

Richtig, allerdings sollte eine Blutdrucksenkung erst mit Morphin&Betablockern angestrebt werden und erst dann zur weiteren Stabilisierung Vasodilatatoren eingesetzt werden. Einen Verdacht auf Aortendissektion sehe ich jedoch anders als eine hypertensive Entgleisung als unbedingte Notarztindikation. Mit diesem sollte man in diesem Fall vielleicht auch die Einleitung medikamentöse Therapie bis zu seinem Eintreffen telefonisch absprechen.

Was ich zwar einsatztaktisch sinnvoll, aber rechtlich interessant finde: Der NA wird erst alarmiert, wenn die wiederholte Gabe nicht erfolgreich ist. In welcher Form ist bei euch die gesetzlich geforderte „Verständigung des NA“ geregelt bzw. wie wird es praktisch gelebt? Gibt es einen Journal-Arzt bzw. etwas vergleichbares, der allgemein von NK-Anwendung verständigt werden muss?

Beim RK NÖ gibt es derzeit übrigens gar keinen Algorithmus für die hypertensive Krise, seit der Nitrospray gestrichen wurde, weil er off-label verwendet wurde…
Was man so hört soll aber eine neue, ausgeweitete AML kommen.

Wie erklärt sich der deutliche Unterschied? Wie argumentiert die Berufsrettung?

Für die „Verständigung eines Arztes“ ruft der Sanitäter bei der Leitstelle an und diese sendet dann eine SMS an den Chefarzt.

Dazu vielleicht dieser FOAM Artikel: https://dasfoam.org/2019/10/12/blutdruck-die-neue-leitlinie/

tl/dr: Blutdruck über den Hausarzt langfristig einstellen und eher Ursache Therapieren. Also Brustschmerz wie ACS, Kopfschmerz wie ICB/Insult usw…

Wie schon beschrieben wird die NK anwendung der Leitstelle mitgeteilt und diese informiert den Chefarzt per Sms und Mail.

Wir (zumindest ich) halten auch schon mal telefonische Rücksprache mit dem diensthabenden NA und bitten um seine einschätzung bzgl. Nachforderung.

Es gibt einzelne Algorithmen die eine Nachforderung zwingend vorschreiben (ACS zum Beispiel).

Bei allen anderen Situationen ist es der Einschätzung des NFS überlassen ob ein NA notwendig ist oder nicht. Im Vordergrund steht dabei immer der Zustand des Patienten und die potentielle Gefährdung.

Das System funktioniert so recht gut. Bei div. Indikationen (Blutdruckprob., zerebrales Geschehen, Krampfanfall, etc.) werden auch direkt NRTWs geschickt (NKV als Beifahrer) anstatt RTW + NEF.

Ich kenne weder die eine noch die andere Argumentation - weiß wohl nur der damalige Chefarzt der MA70 bzw. die Landeschefärztin des ASB. Wien hat grundsätzlich seit ca. 2016 keine einheitliche Medikamentenliste mehr, davor gab es eine gemeinsame 4 für Wien Liste die von der MA70 festgelegt wurde und der sich die anderen Organisationen angeschlossen hatten. 2016 hat der damalige Chefarzt der MA70 eine neue Liste herausgegeben, da konnten/wollten zumindest RK&ASB nicht mit (RK wollte seine eigene bundeseinheitliche Liste, ASB hat interne Regelung i.V.-Zugang erst ab 8 Jahren damit alle i.V.-Medikamente = Kontraindikation <8 Jahre) weshalb nun jeder wieder seine eigene Liste hat (ob die JUH jetzt auch eine eigene kreiert hat oder die MA70 Liste verwendet ist mir nicht bekannt).
Ich vermute mal, dass man bei beiden versucht hat in gewissem Maße klinischen Wünschen zu folgen, nämlich hypertensive Patienten nicht mehr präklinisch auf Normotonie/Hypotonie abzuschießen (wie es mit dem Nitro ja üblich war). Klinisch wird der Blutdruck <200 üblicherweise langsam gesenkt und nicht selten bereits über eine orale Medikation die bereits eine Vorbereitung für eine künftige Dauermedikation ist. Deshalb hat man sich wohl bei der MA70 für eher geringere Dosierungen und eher höhere Zielvorgaben entschieden. Beim ASB hat man den therapeutischen Rahmen etwas breiter angesetzt, damit auch eine höhere Maximaldosis freigegeben, anscheinend will man da doch noch mehr in Richtung milde Hypertonie gehen als nur aus der hypertensive Krise raus zu fahren.
Durchaus auch ein Grund sein kann, dass bei der MA70 Insult&ACS keine grundsätzlichen Kontraindikationen für eine RR-Senkung sind. Nun einen Rechtsherzinfarkt oder einen Insult von hypertensiven Werten nahe an die Normotonie zu bringen ist wohl beides wenig gesund. Insofern vielleicht auch die etwas geringeren Rahmen.
Mal sehen was die Zukunft bringt - schließlich hat die MA70 seit letztem Jahr einen neuen Chefarzt welcher angekündigt hat die Medikamentenlisten zu ändern, mal schauen auch ob es dann vielleicht wieder mehr Organisationen gibt die eine gemeinsame Liste haben oder es noch weiter auseinander geht…

Hehe, fährst du etwa im gesegneten land? Da muss ich auch mal dienst machen :wink:

hahaha… wir fahren massig viel schrott… aber über zuviele ungerechtfertigte alarmierungen wegen hohem blutdruck kann ich mich nicht beschweren ?

hauptbeschwerden sind meist das unstillbare nasenbluten oder der klassische druck auf der brust die sich dann als hypertonie entpuppen…

Mir schon:) Haben eine eigene die mehr an den ASB als an die MA70 angelehnt ist. (RRsys>200 + Symptomatik (KS, Schwindel etc…), Gabe so viel wie nötig um Symptome zu bessern, max 20% v. Ausgangswert)

Man munkelt ja es soll eine österreichweit einheitliche AML kommen, bei der Chefarzt der Ma70 seine Vorschläge am Tisch gelegt hat und gesagt hat „darunter machen wir nicht“. Mit dem derzeitigen Stand, dass die einzelnen Chefärzte aus dieser österreichweit gleichen AML einzelne Medikamente rauspicken oder verbieten können. Was das ändern würde am Status Quo darf sich jeder selbst ausmalen :slight_smile:

Danke redtiger und eklass für die Antworten.

falls es euch interessiert, hier der algorithmus des RK wien dazu
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