Paramedics made in Austria

Hallo,

da ich nicht weiß ob es schon mal Thema war, wollte ich mal nachfragen ob sich die Ausbildung in Zukunft ändern wird bzw. es so in der Art auch mal eine Paramedic Ausbildung gibt. Man hört ja hier und da immer mal wieder von einer Diplomausbildung.
Ist da was dran?

Nachdem ein auf Instagram sehr aktiver Mitarbeiter der Ma70 derzeit in Australien ist(die Beiträge kann ich sehr empfehlen!) und aufzeigt wie es dort aufgebaut ist, würde mich interessieren ob so etwas in Österreich umsetzbar wäre bzw. angedacht ist.

Ich habe gehört, dass jetzt nachdem das Ärztegesetz novelliert wurde das SanG dran ist.

Unter anderem sollen NKA und NKV in ein Modul zusammengefasst werden.

Mehr hab’ ich leider noch nicht gehört.

Der sehr aktiver Mitarbeiter der Ma70 ist ein ganz normaler Sanitäter im Fahrdienst, der sich halt als Influenzer versucht.
Es gab eine Diplomausbildung mit eigens gestaltetem Curriculum, die einige meiner Kollegen abgeschlossen haben. Derzeit gibt es eine Arbeitsgruppe bzgl. der Überarbeitung des SanG. Aber solange das RK der größte Player bleibt wird sich nicht viel ändern und wir können uns das Diplom an Häusltür hängen.

Es gibt momentan eine Evaluierung des SanG.
In der Arbeitsgruppe des Gesundheitsministeriums sind alle nennenswerten Rettungsorganisationen vertreten. Diese haben bereits einige Vorschläge zu Änderungen erarbeitet, bis zu deren nächsten Sitzungen sollen die Organisationen endgültige Vorschläge zur Novellierung einbringen.

Über einige Dinge (Anpassung der Verschwiegensheits-/Dokumentationspflicht an die DSVGO, Zusammenlegung NKA/NKV, etc.) herrscht wohl Einigkeit. Sonst gibt es aber von den diversen Organisationen diverseste Vorschläge und Wünsche, etwa weitere Notkompetenzen (i.O.-Zugang, Thoraxentlastung), NKV als Regelkompetenz, mehr Ausbildungsstunden für den RS, ausbildungsabhängige Rezertifizierungen, uvm. bis hin zum Dipl. NFS.

Wie user aber bereits so schön bemerkt hat, das RK ist unangefochtener Marktführer - alle anderen fallen damit unter „ferner liefen“. Hinzu kommt natürlich auch die politische Großwetterlage - da schaut es für die Rettung des roten Wien oder für den rot-affinen ASB (jaja, natürlich offiziell unabhängig - trotzdem lässt sich personell, als auch die historisch gewachsene ideelle Nähe nicht leugnen) wohl auch nicht so rosig aus…

Insofern, kann man damit rechnen, dass das Gesundheitsministerium sicher nichts ins Gesetz schreiben wird, was der Marktführer nicht will.

Da geht’s nicht um den Marktführer, da geht’s drum, dass die Bundesländer und Gemeinden eine Aufqualifizierung wegen zu erwartender Kostensteigerungen ablehnen.

Okay danke für die ganzen Infos!

Auch wenn ich es schade finde, dass Kosten und Politik hier einen größeren Stellenwert haben, als eine bessere Versorgung der Patienten bzw. Ausbildung.

Da bleibt nur Selbststudium und Weiterbildungen besuchen - auch wenn man dadurch nicht mehr ‚‚darf‘‘. :slight_smile:

Danke auf jeden Fall!

Zusätzliches wissen ist immer gut.

Was würde dagegen sprechen, wenn zwar ins Gesetz eine höhere Ausbildung (3 Jahre?) mit hineingenommen wird,
aber die Mindestausbildung der Besatzung gleich bleiben?

Dann könnte das RK weitere seine 2xRS "RTW"s betreiben und andere Institutionen die es wollen (z. B. die MA70)
ihre Mitarbeiter dementsprechend besser ausbilden und denen mehr Kompetenzen zusprechen.

Dagegen sprechen würde, dass es der Fläche nix bringt und genau das passieren würde was du schreibst.
Die einzig sinnvolle Änderung im SanG kann nur sein, den NFS (idealerweise mit NKV inkludiert) als Transportführer / San1 auf Notfallrettungsmitteln gesetzlich vorzuschieben (+ der Verpflichtung entsprechende Notfallrettungsmittel flächendeckend vorzuhalten).
Der Notfallpatient in Hinterniderholzhausen hat das gleiche Recht auf adäquate Versorgung wie der in Wien , aufgrund der deutlich längeren Wegstrecken vielleicht sogar noch mehr.
Und wenn ich das erreicht habe, kann ich weiter schauen.

Die Frage ist, wer soll es bezahlen?

Die Foren-Juristen mögen mich korrigieren, wenn ich falsch liege, aber meiner Einschätzung nach kann das SanG nicht vorschreiben welche Qualifikation wo vorzuhalten ist. Das SanG kann vorgeben welche Qualifikationen es gibt, welche Qualifikation auf welchem Rettungsmittel und wo diese Rettungsmittel stehen, kann nur von jedem Land für sich festgelegt werden, und zwar im jeweiligen Landesgesetz, das den RD regelt. Ohne Verfassungsänderung kann der Bund gar nicht per Gesetz vorgeben welche Qualifikation in der Notfallrettung eingesetzt werden muss, da dies eben in die Kompetenz der Länder fällt.

Ich glaube da sind sich die meisten hier einig, dass dies das Ziel sein sollte, jedoch ist die Frage wie man dorthin kommt sprich wer setzt sich dafür ein und wer bezahlt es.
Kleine Schritte sind einfacher zu machen als große.

Ein Kompromiss ist die Ausbildung ohne Verpflichtung ins Gesetz zu schreiben, so können die Institutionen, welche mehr Ausbildung wollen, das auch im gesetzlichen Rahmen machen.

Es könnte dadurch passieren, dass in NÖ Leute sich aufregen, dass die Versorgung schlechter ist in Wien 2 km weiter.
Dann hat die Öffentlichkeit (bzw. Politiker) eine Möglichkeit auf die Zuständigen in NÖ Druck machen, damit die nachziehen.
(Ja, das ist Wunschdenken :laughing: )

Die Situation haben wir jetzt schon.
Hat sich schon mal wer aus der Bevölkerung beschwert?

Ich weiß, dass ist jetzt überspitzt, aber hat er das?
Hat er das Recht auf eine Polizeistation im Ort? Oder eine Tankstelle? Oder eine Apotheke? Oder auf ein Kino, ein Hallenbad, einen Schilift? Eher nicht. Warum sollte er dann ein Recht auf identische präklinische Versorgung haben? Aus meiner Sicht wird man in der Fläche andere Systeme brauchen als in Ballungsräumen. Man kann nicht zu jedem Heustadel einen Großraum RTW mit einem NKV stellen.
Versteht mich nicht falsch, ich bin auch sehr für ein heben des Standards, gerne auch überall. Aber ein Stadt Land Gefälle ist vorprogrammiert. Jeder der sich entscheidet in der Pampa zu leben entscheidet sich aktiv für viele Vor- und Nachteile. Ein Nachteil ist halt auch, dass die Rettung länger braucht und mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Sani kommt der weniger Erfahrung hat als ein Stadt-Hauptberuflicher.

Nicht direkt, aber auf Umwegen.
Wenn man endlich den Ermessensspielraum von " Durchführung lebensrettender Sofortmaßnahmen" beim RS bis zu „mitunter eigenverantwortliche Versorgung von Notfallpatienten“ beim NFS endlich klar stellt, könnte man auf diesem Wege die Landesrettungsgesetze quasi over-rulen.

Also wie beim RTW Typ C, den hat auch das Land über die Mindestausstattungsverordnung in den Ring geworfen und gehofft das die Gemeinden das von selbst wollen und zahlen, hat auch bestens funktioniert, oder?

Eben nicht.
Wenn ich als (Landes-)Gesetzgeber will, dass Notfallpatienten durch Typ-C RTW versorgt werden, muss ich ins Landesrettungsgesetz auch reinschreiben, dass zu solchen Patienten z.B. in 95% der Einsätze innerhalb von 15min ein solches Fahrzeug vor Ort sein muss. Damit sind dann die Gemeinden und HiOrgs gezwungen, eine entsprechende anzahl solcher Fahrzeuge vorzuhalten.
Und mit dem NFS könnte man es über das SanG ähnlich machen.

und es wirkt ziemlich evident, dass der Gesetzgeber nicht will, sonst würde er es eben vorschreiben (wie in Wien und Tirol)

Nachdem sie es nicht wollen, zahlen die Gemeinden es auch nicht und die Organisationen können (zb NÖ) bzw wollen (zB OÖ) nicht leisten (OÖ deshalb nicht, weil sie dann Spendengelder hernehmen müssten und das nicht tun - aus gutem Grund - Rettungsdienst darf nicht auf Spenden angewiesen sein)

Das Problem in Niederösterreich ist das dass Land weis das sie diese Diskussionen immer gut umlenken können und solang alle wissen das unsere notrufzentrale Weltspitze ist haben die Leute ein sicheres Gefühl weil sicher schnell Hilfe kommt. Was da dann kommt ist Nebensache. Solang jemand kommt der schnell da ist und nichts kostet…

Ja, jeder hat ein Recht auf eine adäquate, qualitativ hochwertige und einheitliche präklinische Versorgung, ganz egal ob er in der Stadt oder am Land lebt. Die Länge der Wege hat doch nichts mit der Qualifikation des Personals und der Ausstattung der RTWs zu tun!!
Klar, kann nicht jeder Ort seinen eigenen RTW-C haben und ja man benötigt im ländlichen Bereich zum Teil ein anderes / adaptiertes System als in der Stadt – z.B. First Responder, etc…
Die meisten die am Land leben, wissen aber ob der längeren Wege und leben mit den Vor-/Nachteilen. Meiner Erfahrung nach rufen dort viele, im Gegensatz zur Stadt, auch nicht wegen jeder Bagatelle die Rettung.

Gerade wenn ich an die längeren Anfahrtswege des Notarztes bzw. die längeren Wege ins nächste Krankenhaus denke, benötigt man doch eher im ländlichen Bereich eine entsprechende Ausbildung, um diese Zeiten ordentlich überbrücken zu können, als in der Stadt, wo man vielleicht dreimal umfällt und in einem Krankenhaus ist.

Auch wenn ich am Land einen längeren Weg z.B. zu einer Apotheke habe, hat doch der Apotheker am Land das gleiche Studium absolviert wie der in der Stadt.
Das trifft, mit Ausnahme des Sanitäters, auf so fast alle anderen Berufsbilder ebenso zu. Es ist nur komisch, dass sich in diesem Fall keiner aufregt…
Das liegt aber wahrscheinlich zum größten Teil am Marketing DER Organisation in AT und den Politikern, die von ihr dahingehend beeinflusst – ich hätt jetzt fast manipuliert gesagt :open_mouth: – werden.

Und da sind wir auch schon bei dem Problem der ganzen Sache.
Es liegt in der Verantwortung des Gesetzgebers, die Standards und Anforderungen an den Rettungsdienst zu stellen und letztendlich auch zu finanzieren.
Wenn mich aber die Organisation diesbezüglich „berät“, die dann auch der Dienstleister ist, dann haben wir genau den Schei… den wir jetzt in AT haben – den kleinsten gemeinsamen Nenner. Ein minderwertiges System, das dem Auftraggeber und der Bevölkerung als das beste System der Welt verkauft wird und einen Auftraggeber der sich freut, dass die ganze Geschichte, dank der Freiwilligen, recht günstig ist.
Deshalb wird auch jedes neue NEF oder ein zusätzlicher NAH als Quantensprung für das Rettungssystem gefeiert und der Rest wird einfach unter den Tisch gekehrt.

Zum Abschluss noch ein recht plakatives Beispiel, das das Problem sehr gut verdeutlicht:
Eine Friseurin muss eine dreijährige Lehre absolvieren, damit sie mir die Haare schneiden darf (bitte nicht abwertend verstehen).
Wie lange ein Sani braucht, damit er an einem kritischen Patienten herumdoktern darf, brauch ich euch jetzt ja nicht zu sagen…