[D] Fokussierungsfehler im Rettungsdienst setzt sich fort

Quelle: KH-CIRS-Netz Deutschland - Fälle des Monats

Zur Erklärung was das „KH-CIRS-NETZ“ in Deutschland ist:

Das Krankenhaus-CIRS-Netz Deutschland (KH-CIRS-Netz-D) ist ein Berichtssystem für sicherheitsrelevante Ereignisse im Krankenhaus, welches dem überregionalen, interprofessionellen und interdisziplinären Lernen dient.
Überregionales Lernen, aber wie?
Die Projektträger möchten mit dem KH-CIRS-Netz-D eine Plattform schaffen auf der überregional bedeutsame CIRS-Fälle analysiert, kommentiert und von allen Nutzern gelesen werden können. Die Darstellung von Risikobereichen und der Austausch von Problemlösungen sollen gemeinsames Lernen aller Berufsgruppen im Krankenhaus fördern und Hinweise für das klinische Risikomanagement geben. Das Schweizer CIRRNET - Critical Incident Reporting & Reacting NETwork (http://www.cirrnet.ch/) dient als Vorbild.

Bin schon auf Eure Kommentare zu diesem Fall gespannt!

Na ja - theoretisch ist eine Fraktur des Dens (C2) die häufigste Halswirbel-Fraktur (aka Genickbruch) und tritt insbesondere bei älteren Patienten (Osteoporose) und Stürzen nach vorne (und bei Hochrasanztraumen (Motorradfahrern)) auf.

Dennoch: Die Reanimation hat Vorrang. Ich kann mir aber sehr gut vorstellen, dass der Patient nach Intubation ein Stifneck zur Tubusfixierung bekommt und ganz allgemein zur „Fixierung“ in einer Vakuummatraze transportiert wird.

Sollte man bei „unklaren“ Traumen ja immer machen - hier gibts einen Unfall mit dem Resultat CPR und es bleibt völlig unklar ob zuerst das Interne Problem oder das Trauma war.

Als Sani kann ichs aber auch maximal Vorschlagen, ich bin mir nicht sicher ob alle Notärzte das notwendigerweise auch so sehen.

Frage an euch: Würdet ihr auch bei gesetzten LT zusätzlich ein Stifneck zur Fixierung (also zusätzlich zur gewöhnlichen Tubusfixierung) hernehmen? In meinen Augen spricht gerade bei der Reanimation dagegen, dass der hohe Cuffdruck von innen dann zusätzlich zum Druck von Außen die cerevrale Perfusion (beziehungsweise den Rückfluss) behindert. Ganz überblicke ich die Studienlage natürlich nicht, aber sowohl zum LT als auch zu Stifnecks gibts entsprechende Artikel.

also ich denke, jemand, der zu sturz kommt, und dann reanimationspflichtig ist (vollkommen egal, was vorher und was nachher war) braucht prälinisch eine hws-immobilisation, bis eine bildgebung vorhanden ist.

das entspricht afaik auch der in österreich üblichen lehrmeinung und wird nach meinen beobachtungen auch durchwegs so gemacht.

das löst natürlich nicht generell das problem, dass eine einmal eingeschlagene „falsche schiene“ (nicht nur internistisch vs traumatologisch) die richtige diagnose stark verzögern kann, aber in der konkreten sache war die indikation zur hws-immobilisation afaik offensichtlich.

ps: die geschichte mit dem schlechteren perfusionsdruck ist eher was theoretisches, bzw etwas, das relevant wird, wenn der LT für viele, viele stunden im patienten bleibt. im RD würde ich mir über dieses theoretische problem weniger sorgen machen als um das ganz konkrete, offensichtliche problem hws-verletzung. daher klar: in diesem fall stifneck (oder ähnliches) drauf!

Tja, …eigentlich steht ja schon alles im Kommentar des CIRS Berichtes. Sowohl der Notarzt als auch das Personal in der Notaufnahme/Intensivstation sind in der Pflicht den Patienten immer wieder zu evaluieren um nicht in einer diagnostischen Sackgasse zu landen… Das so ein Patient in die korrekte Klinik gehört wo sowohl kardiale Ursachen als auch ein entsprechende Traumata versorgt werden können steht wohl ausser Frage. Leider funktioniert dass zumindest in Österreich in der Praxis nicht so wirklich… viele Häuser wollen oft schon vom NA eine konkrete Diagnose um eine bestimmte Fachrichtung damit zu bespielen, der NA kann das allerdings nicht immer bieten weil man manche Diagnosen vor Ort eben nicht stellen kann.So finden viele Notfallpatienten leider erst über Umwegen und Zeitverlust die richtige Therapie. Etwas Helfen würde eine wirkliche zentrale Notaufnahme in die ALLE Notfallpatienten gebracht werden. Aber davon sind wir leider weit entfernt, da uns die komplette Infrastruktur dafür fehlt. Auch wenn immer wieder behauptet wird dass es bereits Krankenhäuser mit solchen Notaufnahmen gibt, Tatsache ist das es keinen universellen Notfallmediziner als Fachrichtung in .at gibt und somit auch keine universelle Notaufnahme.
Zum LT kann ich nur sagen, das Perfusionsproblem würde ich als NA mit der endotrachealen Intubation umgehen. Dass ist bei solchen Patienten sowieso unumgänglich.

wobei man auch bedenken muss, dass auch die total universale notfallmedizinische abteilung (die ich begrüße), nicht all diese probleme löst.
zb gibts auch mit einer solchen nicht in jedem KH ein herzkatheterlabor.
auch da kann also die falsche präklinische schiene dazu führen, dass der patient erst wieder lang und breit verlegt werden muss.

ad endotrachealtubus: das ist eh klar, aber die frage war ja konkret auf den LT bezogen.

zumindest in „Vollversorgungszentren“, also den grossen Kliniken wären sie deswegen. sinnvoll, nur momentan leider nicht durchführbar. Eine 100% Sicherheit dass alles immer und sofort diagnostiziert wird gibt’s natürlich nie… :frowning:

dann gibts in ganz wien kein vollversorgungszentrum (also eine klinik, deren HK-team 7 tage/woche 24h/tag vor ort ist) :wink:

Ist das wirklich so? Dachte im AKH ist zumindest für „eigene“ Patienten ein HK bereit? Beziehungsweise das es außerhalb der Kernzeiten jedenfalls immer ein HK Team (Mit dem Kardiologen im Haus und dem Rest in Rufbereitschaft) gibt…

kann ich mir im akh eig. auch nicht vorstellen dass überhaupt kein kardiologe im grössten klinikum österreichs 24/7 da ist… Ich denke eher, dass die akuten Bereitschaften in Wien einfach aufgeteilt werden? Vielleicht kann uns da wer aufklären wie die Angio Vergabe in Wien läuft?
andererseits hat sich durch die „Dienstplan Reform“ auch im AKH einiges verändert. :open_mouth: so gesehen könnte das stimmen , würd mich aber doch sehr wundern.

Grundsätzlich von Mo-Fr ein anderes Spital HK, AKH ist immer Backup, jedoch auch nicht immer verfügbar!!!

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Sofort verfügbar ist es nicht, aber meines Wissens muss zumindest die Pflege im Herzkatheter so wohnen, dass sie hier und da auch mal Rufbereitschaft machen können und innerhalb von kurzer Zeit schnell im AKH sein können. Spricht für einen 24/7-Katheter light.

von „kein kardiologe im haus“ war keine rede, sondern von einem jederzeit voll besetzten HK.
und den gibts auch im akh wien nicht.

hk-system in wien schaut so aus:
mo-fr jeden tag ein anderes kav-spital 24h dienst
sa-so akh 24h dienst

akh außer sa&so:
mo-fr ca. bis 16:00: interventionist und team vor ort
ab ca. 16:00 interventionist immer vor ort, team (RTAs, pflege,…) auf rufbereitschaft

dh natürlich krieg ich im akh jederzeit einen hk, wenn ich einen brauch.
aber wenns mo-fr nach 16:00 ist, muss ich warten bis das (nichtärztliche) team hereinkommt, während im jeweils diensthabenden spital alle da sind, und sofort loslegen können

und damit sind wir wieder bei meinem eingangs genannten punkt: der RD muss wissen, welches KH heute hk-dienst hat. einfach den patienten zentral in der notfallmedizinischen einrichtung abgeben können reicht nicht.

ps: das hat übrigens nichts mit dienstplanreform zu tun, weil es hier ausschließlich um das NICHTÄRZTLICHE personal geht, hier hat sich nichts geändert.
pps: prinzipiell ist es ökonomisch durchaus sinnvoll, dass in der nacht in wien nur 1 hk voll besetzt ist, das reicht nämlich für die fallzahlen aus.

Ein jederzeit 100% voll besetztes KH wird man wohl heutzutage weltweit suchen,…
Tatsache ist aber anscheinend, das eine Intervention im HK Labor innerhalb eines gewissen Zeitrahmens 24/7 durchgeführt werden kann. Bei diagnostisch im Vorhinein unklaren Fällen wie im obigen Beispiel wird das in der Regel ausreichen, da für den eindeutigen Infarkt sowieso die Akut PCA angefahren wird.

Noch ökonomischer wär´s dann wohl wenn dies in der Nacht das AKH wäre.

„innerhalb eines gewissen zeitrahmens“ kann sie wohl überall durchgeführt werden.
nachdem aber zeit bekanntlich muscle ist, sollte es für den akuten infarkt dann halt doch das KH sein, wo idealerweise direkt durchgefahren werden kann.

das ist das was ich sag… dazu muss der rettungsdienst eben wissen, in welchem KH es die gerade gibt. zentrale notfalleinrichtung hin oder her

keine ahnung obs ökonomischer wäre. vermutlich ists wurscht, ob man der RTA der rudolfsstiftung oder des AKH die bereitschaftszeit zahlt.
prinzipiell spräche nichts dagegen, die bereitschaft ausschließlich in einem KH zu konzentrieren, man hat sich bei einführung des systems vor vielen jahren aber eben für dieses rotationssystem entschieden. hat wohl auch damit zu tun, dass sich die patienten nach der intervention nicht in luft auflösen, sondern weiter ein bett brauchen, darum ists wohl gescheiter sie auf mehrere spitäler zu verteilen.

na gut…Wien ist eben anders.
Eigentlich stand folgende die Frage im Raum : Gibt’s in Österreich ein Krankenhaus mit 24/7 Vollversorgung oder nicht? Denn nur dann hätte auch eine zentrale NFA auch einen Sinn. Wir wissen also, dass es auch in sehr grossen Häusern Lücken gibt, die (zumindest in Wien) aber aufgrund der Versorgung in anderen Häusern gerechtfertigt sind. Da stellt sich ausserdem die Frage was heisst eigentlich Vollversorgung? Eigentlich müsste es lauten „Akut-Vollversorgung“ o.ä. denn es geht bei Notfällen ja meist nicht um akute plastische Chirurgie oder akute Strahlenmedizin. D.h. zur „akuten“ Vollversorgung brauche ich nicht die komplette medizinische Palette einer Uni Klinik, sondern die Fächer mit denen ich logischerweise akute Probleme schnell beheben kann, und solche KHs gibts in Österreich sehr wohl. als ein Beispiel kann ich hier zb. St.Pölten nennen. 24/7 Anästhesie/intensiv , Interne/PCA, Unfall,Neuro,Chirurgie, Gefässchirurgie, Herzchirurgie,Neurochirurgie, HNO, Geburten, Gyn, Augen, Pädiatrie, Neonat, Radiologie etc,… Auch in diesem Spital gibt’s viele Fächer mit Rufbereitschaften, aber den z.b. Kieferchirurgen oder Orthopäden brauch ich eben so gut wie nie akut auf die Minute. Somit wäre eine zentrale Notaufnahme in solch einem KH ein doch nicht unwesentlicher Vorteil für einen Patienten wie er oben im Beispiel beschrieben wurde. Ein lang und breites Selektieren nach Läusen und Flöhen könnte sich der NA bzw. auch nicht-ärztliches Personal bei solch komplexen Patienten eben z.T. ersparen. Aber wie gesagt, von einer zentralen NFA sind wir deswegen so weit entfernt, da unser System eigentlich völlig konträr dazu verläuft.

Also eine Zentrale NFA macht immer Sinn, auch wenn das KH nicht alles hat, was es so in der Medizin gibt.
Das Wesen einer zentralen NFA ist ja, dass ich dort aus jeder (im Haus befindlichen) Fachabteilung jemanden habe/haben kann um an einer Stelle einen Patienten mehreren Fachrichtungen gleichzeitig vorstellig zu machen.

Wenn der RD ein Unfallspital mit einem internen Patienten anfährt, dann ist das blöd. Aber das ist unabhängig gleich blöd, ob es eine zentrale NFA gibt oder nicht.

Funktionierte in der Praxis in den letzten Jahren leider nicht so toll wie man sich das vorstellte. Zumindest in den IABs/IAS/EEBs die ich kenne sind Fachärzte oft Mangelware gewesen und man hat den Patienten als NAW nicht allzu selten dem Turnusarzt übergeben (mit Nachdruck dem Arzt mit ius pract.) Anscheinend soll sich die Situation nach einigen unglücklichen Events gebessert haben. Grosse Ausnahme war die Notaufnahme des AKH Wien, aber das ist ja eh in aller Munde - obwohl auch keine komplette interdisziplinäre NFA.

Optimaler wär in einer wirklich zentralen NFA natürlich der „Facharzt für Notfallmedizin“ wie es ihn schon in vielen Ländern (seit langem) gibt. Dieser kann autark Notfälle und andere Akute „Problemchen“ aller betroffenen Fächer behandeln und wird natürlich auch von allen anderen Fächern unterstützt. Ausserdem wäre dieser der Grundpfeiler eines wirklichen Paramedic Systems.

Ja, nur auch die weigern sich leider, einen Patienten aufzunehmen, nur weil es kein Bett im Hintergrund für ihn gibt. Aber eine Stunde auf der NFA im AKH ist für den z.B. frisch reanimierten Patienten sicher gesünder, als statt dessen in einem stehenden RTW/NEF/NAH zu liegen…

eine stunde am GANG im akh zu stehen ist für den reanimierten patienten sicher ungesünder, als in einem anderen wiener krankenhaus auf der intensiv zu liegen.
ein spital ist leider kein schwarzes loch, in das man patienten hineinschmeißt, und dann verschwinden sie, mitsamt allen problemen die sie machen.
darum ists so wichtig, dass im notfallmedizinischen bereich arbeitende menschen sowohl die probleme der „straße“ (steh mit dem frisch reanimierten da und keiner nimmt ihn mir ab) als auch des krankenhauses (rettung überfüllt mich mit intensivpflichtigen patienten, die ich ebenfalls nirgends anbringe, und selbst nicht alle versorgen kann, weil auch meine räumlichen und personellen ressourcen begrenzt sind) mal erlebt haben.

Wobei die grosse Intensivbettenlüge immer noch von vielen missbraucht wird um eventuellen Aufnahmen und der damit verbundenen Arbeit zu entgehen. „Wir haben kein Bett frei“ ist wohl die häufigste Auserde die ich im Notfallrettungsdienst in den letzten 15 Jahren immer wieder gehört habe. Tatsächliche nicht „virtuelle“ Erschöpfung von Schockraum und/oder OP und Intensivkapazitäten v.a. in etwas größeren Häusern hab ich nur in Ausnahmefällen erlebt.
Und gerade deswegen wäre ein NFA als „Puffer“ ideal. Gerade viele internistische Probleme und Problemchen würden sich bereits hier ansatzweise lösen lassen. Wenn allerdings die Kapazitäten wieder nur mit Betten im Hintergrund ausgeschöpft werden können macht´s natürlich keinen Sinn.