31D3 - Freezing oder Schlaganfall?

Ein Einsatzbericht, meine Gedanken dazu und hoffentlich bald eure konstruktiven Beiträge:

Wir kommen hin, kurz vorm NEF, FR bereits vor Ort, dürfte aber nicht lange vor uns dort gewesen sein, daher kam von ihm auch kaum info außer laut seiner Anamnese Verdacht auf TIA, und den einen oder andern Wert hatte er schon gemessen.

Ich beginne mit meiner initialen Patientenbeurteilung: Pat. ansprechbar, ABC unauffällig, D initial auch. Aufgrund der Verdachtsdiagnose will ich mit einem Neurocheck beginnen werde dann aber vom eintreffenden NA-Team abgebrochen.
Jetzt lief dann parallel die Patientenanamnese durch den Notarzt (vorallem Fremdanamnese der Angehörigen), und die weitere Patientenanmanes durch NEF-NFS und NEF NFSiA, und mit meiner „Beteiligung“.
EKG wurde geschrieben (inkompletter RSB, HF 50), EKG wurde vom NFSiA für „in Ordnung befunden“. Die restlichen Werte waren im Normbereich. (bradikardie und inkompletter RSB wurden offensichtlich vom Pat gut toleriert kein Schwindel, Übelkeit etc…).

Im Zuge eines „Neurochecks“ durch den Notarzt wurde dann folgende Auffälligkeiten festgestellt: Zunge hängt nach Rechts, Sprach deutlich Verwaschener als sonst.
Die Fremdanamnese durch den NA ergab: bek. Parkinson in einem Schwerpunktkrankenhaus auf der Neuro in Behandlung.

Anamnese ergab wie folgt: Pat. wurde zunehmend Müde (um die Mittagszeit), wollte sich dann ins Bett legen, und plötzlich gaben seine Füße nach er konnte sie nicht mehr bewegen, und er sackte zusammen und konnte sich nichtmehr bewegen (kein „Schwarz vor Augen“, kein Schwindel, keine Übelkeit, etc…). Seither war auch die Zunge auf der Seite und die Sprache verwaschen.

Der NA stellte nun die Verdachtsdiagnose Freezing - bei bek. Parkinson.

Der NA fragte auf andrängen der Angehörigen nach ob ein Transport in das Wiener Schwerpunktkrankenhaus möglich sei - wurde von der Leitstelle verneint. (Von der Möglichkeit Stammpatienten IMMER in ihr Stammspital zu bringen wenn es um die dort behandelten Beschwerden/Grunderkrankung ging macht der NA keinen Gebrauch.

Wir wurden vielmehr angewiesen den Patienten ohne NA Begleitung ins örtliche KH zu transportieren (mit lediglich den Stationen Intern, Chriurgisch die auch ein bisschen Unfall machen kann und Gyn).

Und da lag meines erachtens der große Fehler: Egal ob Schlaganfall (der nach unserer Anamnese keinesfalls ausschließbar war) oder Freezing der Patient braucht auf jedenfall ein Spital mit einer Neuro im Hintergrund, am besten das Spital wo er schon in Behandlung ist.

Wäre der Einsatz ohne Notarzt gewesen hätte ich zumindest die Symptome u. Krankengeschichte vorher telefonisch mit der Stroke abgeklärt, ob sie sich den ansehen wollen oder nicht. Außerdem wäre ich mit der Stammpatientenregel ins Krankenhaus wo er schon in Behandlung ist gefahren, oder so das wegen massiver Überfüllung überhaupt nicht möglich gewesen wäre, zumindest in ein KH mit einer Neuro.

  • Wie seht ihr das?
  • Wartet ihr in so einer Situation bis der NA weg ist und handelt dann gegen die Anweisung?
  • Hat man euch auch in der Ausbildung beigebracht, dass man bei Differenzialdiagnosen immer von der gefährlicheren Erkrankung ausgeht, solange man sie nicht sicher ausschließen kann?
  • Oder seid ihr der Meinung die Wahrscheinlichkeit eines Schlaganfalls ist so gering, dass man sie komplett vernachlässigen kann?

PS: Wenn euch noch Informationen fehlen um die Fragen beantworten zu können - bitte mitteilen :wink:

also erstmal, ich würde nicht gegen die weisung des notarztes arbeiten, prinzipiell nicht! es ist seine verantwortung, seine entscheidung und ich bekomme probleme wenn ich dagegen arbeite.

das würde ich mir mit ein paar hundert stunden ausbilung als NKV nicht trauen, dass ich mich im schlimmsten fall vorm richter rechtfertigen muss, wenn ich gegen die dokumentierte anweisung des notarztes antworte. (beispiel, patient wird reanimationspflichtig zwischen der distanz des örtlichen krankenhauses und des krankenhauses, das du unrechtens anfährst… wird nciht gut ausgehen für den sani)

was mir an infos fehlt ist das alter des patienten bzw medikation. kommt bei uns auch immer wieder mal vor das eine 95 jährige mit blutverdünnung nicht in ein KH mit neuro gefahren wird, sondern ins örtliche. sie kann sowieso nicht lysiert werden und eine blutung kann ich auch ohne neuro feststellen und müsste dann eh auf eine neurochirurgie (die unsere stroke nicht dabei hat) - da geht es ins nächste krankenhaus damit symptomatisch behandelt wird… in diesem fall könnte ich die überlegung verstehen

Alter etwa 80, Medikamentation hab ich leider nichtmehr genau im Kopf, weiß nur das was „Blutgerinnendes“ dabei war. Grunderkrankung außderm askl, KHK, st.p. myokardinfarkt vor 5-6 jahren. Zum thema örtliches KH: das ist vom BO gleichweit entfernt, wie das genannte schwerpunkt kh. Dazu ist aber zu erwähnen dass das „örtliche“ KH dann aber sehr weit von der nächsten neuro entfernt liegt.

  1. würde an deiner stelle nicht gegen die klare anweisung des NA handeln, da kannst du nur probleme kriegen
  2. hätte den patienten (mit den infos, die ich aus dem posting habe, vor ort kanns natürlich ganz anders ausschauen) in ein krankenhaus mit neuro gebracht
  3. die „stammpatientenregelung“ ist ein vollkommener schwachsinn. auf der notfallaufnahme/etc, wo der patient dann hinkommt, wird er ja wohl kaum stammpatient sein, und wenn dieses krankenhaus gerade mit patienten übergeht, und keine kapazitäten hat, ist es gescheiter, ihn in ein anderes zu bringen, wo die akutversorgung exakt genau gleich gut funktioniert

Die „Stammpatientenregelung“ ist ein Rundschreiben des KAV, es hat zumindest bei uns den Status einer Dienstanweisung. Wenn nix geht dann geht nix, ich werd mich aber immer bemühen zb Dialysepatienten in das Haus zu bringen in dem sie die Dialyse bekommen.

das ist sehr optimisisch . geht vielleicht in wien

bei mir ist das dialysehaus häufig 80 km entfernt und 1 stunde strecke. das nächste krankenhaus 5 minuten. im ländlichen bereich ist sowas ned so einfach

Es ging eben um wien in diesem fall.

80 jähriger multimorbider Patient mit fraglichen Insult, aber vermutlich Kontraindikationen zur Lyse. Zeitpunkt des Symptombeginns und Veränderungen seither wären toll, ein RR nicht hinderlich (Cushing-Reflex bei 50HF oder Betablocker aufgrund KHK?).
Gegen die ausdrückliche Anweisung des Arztes zu handeln wird nicht gut ausgehen für dich aber das wurde schon geklärt.
Eine abschließende Meinung möchte ich mir aber mit den wenigen Informationen nicht erlauben

dann relativiert sich das mit „örtliches KH eingeliefert - KH mit neuro sehr weit entfernt von dort“ aber sehr…

die bestagten infos von NKX wären noch nett, aber allgemein wäre dieser patient mit den jetztigen infos schon nichts für die lyse (ist auch nur bis 80 jahre getestet - wird zwar darüber auch gemacht aber offiziell nicht zugelassen - so mancher notarzt würde über 80 also schon als kontraindikation bezeichnen)

das einzige wäre evtl gefahr einer blutung. aber da hilft dir die neuro auch nichts, da brauchst du eine neurochirurgie - und sowas würde ich im zweifelsfall eh fliegen, zumindest am land (kenne aber hier die fahrzeiten in wien zu wenig) - hierzu wäre auch die tageszeit und wetter noch ganz interessant, das sollte etwas sein, was der NA auch im hinterkopf haben könnte

mit den wenigen infos die wir haben, behaupte ich, das es mehrere notärzte gibt die gleich entschieden hätten…

Interessant :unamused:

So wie sich das für mich anhört:

Wie schon von allen angesprochen, gegen die Anweisung des NA zu handeln ist auch in Wien nicht ratsam.

Ist nachvollziehbar warum der NA sich mit der Diagnose so entschieden hat?

Mit der Neuro hast du meiner Meinung nach vollkommen Recht, ebenso mit dem Stammspital der Neurobehandlung (allerdings würde ich dieses erst nach telefonischer Rücksprache/Reklamation anfahren)

Prinzipiell denke ich, der Fall war dem NA kein Engagement wert (sorry wenn ich das so extrem ausdrücke, aber nach 15-16 Jahren NAW-Dienst in Wien kenne ich die Hintergründe…), ebenso wird er mit einem „Fortkommen“ des Patienten nicht mehr rechnen, daher Abliegen auf der nächsten Internen, die ja ggfs. auch Weiterschicken können…

ich glaube außerdem, das eine Stroke jedenfalls gerechtfertigt wäre, falls man den Pat. aufgrund Alter, Komorbidität usw. nicht von einer adäquaten Behandlung ausschließt, denn wenn kein Insult wird er von der Stroke sowieso sofort an die entsprechende Station verlegt.

Alles in Allem unbefriedigend für den Pat., die Angehörigen, sowie für die RTW-Mannschaft die versucht mitzudenken und sich eine Meinung erlaubt, die zumindest im anwesenden Team RTW/NAW diskutiert werden sollte. So haben wir das eigentlich immer gehandhabt und so Frustration vermieden und Wissen erweitert.