Fallbeispiel 33A1F

Hallo allerseits,

Ich hab ein sehr spannendes und noch etwas frischeres Fallbeispiel für euch. Gleich vorab die endgültige Diagnose ist bek. und die betroffene Person hat auch überlebt:

Einsatzcode; 33A1F (Anforderung durch 141/ÄFD) / FT: Unklare Übergabe; Rückenschmerzen??? Pneumothorax? Sturz geschehen?

Fahrzeug und Mannschaft; NKTW mit EKG: 1x NFS-Azubi, 1x PFA i.A. und RS, 2x erfahrene RS

Einsatzort; Privatwohnung, Mehrparteienhaus Dachgeschoss, nächste Maximalversorger 6 Min und 10 Min entfernt / 8 Uhr morgens / Keine Gefahren vor Ort / Angehöriger ebenfalls vor Ort und öffnet euch die Türe / Pat befindet sich in einem Nebenzimmer

Bereits vor betreten der Wohnung könnt ihr ein lautes schnarchendes Geräusch aus einem Nebenzimmer feststellen. Im Zuge dessen berichtet euch der sichtlich aufgeregte Angehörige, dass er bereits vor mehreren Stunden beim ÄFD anrief. Da die betroffene Person über die schlimmsten Rückenschmerzen ihres Lebens klagte. Da dieser akut keine Ressourcen zur Verfügung hatte, wurde seitens des ÄFD die Rettung alarmiert.

Beim Betreten des Schlafzimmers wird eine im Bett liegende Patientin im Alter von 67 Jahren angetroffen / Beim Ersteindruck könnt ihr keinen willkürlichen Harn-, und Stuhlabgang feststellen, kein Erbrochenes, eine Menge Medikamente lassen sich auf ihrem Nachttisch erkennen / Sie ist blass, offensichtlich schweißig, zyanotisch und reagiert nicht auf eure Annäherung, Spontanbewegungen sind jedoch erkennbar

Die Patientin reagiert erst ungezielt auf Schmerzreiz, Augen bleiben weiterhin geschlossen

Aufgrund des initialen Bewusstseinszustandes wird seitens des Lenkers bereits frühzeitig der Abtransport vorbereitet (Bergetuch, Sessel, Liege), parallel dazu wird seitens des anderen RS eine Fremdanamnese und psych. Betreuung des Angehörigen im Nebenraum veranlasst. Um den NFS Azubi und die PFA i.A. / RS ein ruhigeres Arbeitsumfeld zu schaffen. Zusätzlich wird per Funk aufgrund der unklaren Bewusstseinsveränderung ein NEF angefordert. Dieses hat eine Anfahrtszeit von zirka 20 Minuten.

Hauptbeschwerde (vorläufig) für euch ist also mal der fragl. Rückenschmerz, sowie die Bewusstseinstrübung

X: Keine feststellbar

A: Verlegung der Atemwege durch die Zunge des Patienten, sowie eine Schaumbildung. Welche mittels Absauger mit dem kleinsten Lumen abgesaugt wird. Atemwege werden zunächst mittels Esmarch Handgriff offen gehalten. Wendltubus wird seitens Patienten zunächst gut toleriert.

B: Beim Auskultieren der Lunge fällt euch auf, dass die Pat links ein schwer feststellbares Rasseln aufweist, und rechts keine Geräusche feststellbar sind. AF ist tachypnoeisch, flach und stark angestrengt. Sowie zunehmend erschöpft. Spo2 (Raumluft); 64% → bei 15 L/Min über Maske mit Res. ist die Sättigung bei 72%, eine deutliche Zyanose ist ebenfalls zentral zu erkennen. Thorax hebt/senkt bds. gleich // Aufgrund der flachen, angestrengten Atmung sowie kritisch niedrigen Sättigung wird eine BMB vorbereitet. Da die Pat. einen difficult Airway (ROMAN) aufweist, sieht das Backup eine Vorbereitung einer ETI im Fahrzeug vor.

C: Periphere Pulse (Extremitäten) sind kaum tastbar, arrhythmisch und normofrequent im unteren Bereich. ReCap Zentral 4,5 Sekunden. Hautzustand; Blass, kühl und schweißig, Herztöne sind nur schwer zum erkennen

STU: Keine Verletzungen

D: GCS8 (-4 Keine; -3 Unartikulierte Geräusche, -1 Schmerzreiz ungezielt), BZ; 181, ZÖPS n.e. / FAST nicht erhebbar bzw. Speech könnte man aufgrund von unklaren Kommunikationsversuchen evtl. noch reinnehmen / Pupillen verlangsamt auf Licht, mittelweit bds. gleich / Babinski löst nicht aus

E: In der Fremdanamnese konnte euer Kollege bereits erheben, dass die Pat in der Nacht über veränderte (ungewöhnlich starke) Rückenschmerzen klagte. Weshalb der besorgte Partner 141 rief, um eine akut Visite zu organisieren. Des Weiteren erfahrt ihr, dass eure Pat. bereits als Eigentherapie verschiedene Schmerzmittel einnahm. Nämlich Buprenorphin (Pflaster) und Novalgin. Wie viel von beiden eingenommen wurde, kann dieser euch jedoch nicht sagen. Da er zu diesem Zeitpunkt in der Küche mit dem ÄFD telefonierte. Allergien oder Lebensmittelunverträglichkeiten sind lt. Angehörigen nicht bekannt.

Medikamente:

Furosemid, Buprenorphin, verschiedene Betablocker, Schmerzmittel und Blutverdünner (welcher genau weiß ich leider nicht mehr)

Vorerkrankungen; Mammakarzinom, art. Hypertonie, chr. Lumbargo, Herzinsuff.

Der letzte „normale Zustand“ soll lt. Angehörigen in der Nacht gewesen sein. Nachdem sich die Symptomatik zunehmend verschlechterte wurde der ÄFD erneut konsultiert und der RD telefonisch verständigt.

Die Ursache/Ereignismechanismus ließ sich in der akuten Situation nicht eindeutig feststellen

Risikofaktoren; Pat. seit 2 Wochen nicht mobilisiert worden, Adipositas

Vitalparameter und EKG:

RR: 86/40 (bds.) / HF: 60 arrhythmisch / Temp; 37 Grad / BZ 181 / Spo2: 72% bei lf. O2 Gabe / EKG; Bradyarrhythmia absoluta

Weitere Maßnahmen; CPR Bereitschaft, und Vorbereitung für Abtransport aus Wohnung

Was wären eure Vorläufigen Verdachtsdiagnosen. Tipp vorab, es war nicht das offensichtlichste. Sowohl das NEF, als auch wir waren bis zum Schluss weitgehend unschlüssig was unser Pat. nun hatte. Den zweiten Teil, wenn das NEF da ist, hänge ich als Kommentar dann an.

Wow… Ein krass kritischer Patient.
Grundsätzlich die Frage. Wäre es präklinisch überhaupt erkennbar gewesen?

Pat. bekommt Sauerstoff und wir sind Reanimationsbereit. Sehr gut.

Gibt es sicht- /fühlbare Emphyseme? Ist die Trachea mittig?
Kann eine Verwechslung der Medikamente ausgeschlossen werden?
Waren die Pflaster ihre eigenen?
Wieviele Pflaster hat sie geklebt?
Fällt bei der Ganzkörperuntersuchung was auf? Wie schauen die Beine aus?
Hinweise auf eine Sepsis?
Hinweise auf ein Bolusgeschehen?

Das CA könnte sich „durchgefressen“ haben zur Lunge. Einen Spannungspneu hättet ihr aber vmtl. vor Ort erkannt somit schließe ich das jetzt mal aus.
Außerdem hebt und senkt sich der Brustkorb beidseitig gleich.
Eine Lungenembolie wäre möglich. Würde die Sättigung, den Schaum, das Rasseln und evtl. auch den Schmerz erklären.
Fehlende Tachykardie vll. aufgrund der Betablocker.
Aber ich glaube das wäre zu offensichtlich.

Atemgeräusche sind bei adipösen Pat. generell nicht so einfach zu hören. Vor allem wenn der Pat. dazu noch schnell und flach atmet.

Auch wenn die Pflaster vmtl. nicht das Problem sein werden würde ich sie entfernen. Buprenorphin macht ja eine Miosis und das wäre euch aufgefallen.
Es hilft uns in der aktuellen Situation aber auch nicht. Daher weg damit.

Kann man erfragen, wie der Schmerz von der Qualität her war? So in Richtung eines Aneurysmas? Keine RR Differenz schließt ein aufsteigendes Aneurysma ja nicht aus - Würde die Schmerzen und das neurologische Defizit erklären.
Wobei die Neurologie auch schon von der Minderperfusion alleine kommen kann. Vor allem bei einem adipösen Pat. der aufgrund der Hypertonie vmtl. auch etwas höhere Drücke gewohnt ist.

Kardial kann man aktuell auch nicht ausschließen. Starke Rückenschmerzen können zu den atypischen Infarkzeichen bei Frauen passen.
Habt ihr ein EKG geschrieben?

Du erwähnst die fehlende Mobilisierung der Pat. was mich auf ein thromboembolisches Geschehen bringt.
Es ist möglich, dass ein Thrombus aus den Beinvenen einen Infakt oder Schlaganfall auslöst (offenes Foramen ovale).

Bradycardie + Hypotonie könnte auch ein Hinweis auf einen neurogenen Schock sein. Den kann es auch atraumatisch geben und würde zum Verlauf passen.
Erklärt aber nicht das B-Problem

Zur Frage, ob es präklinisch erkennbar gewesen wäre: Ja, das wäre es gewesen. Leider hatten wir uns aber auf eine falsche Diagnose fixiert. Welche Konsequenzen wir daraus zogen erkläre ich am Ende des Fallbeispiels, wenns aufgelöst wird.

Nein, weder sichtbare noch fühlbare Emphyseme, Trachea war mittig - soweit es beurteilbar war.

Eine Verwechslung des Medikamentes kann ausgeschlossen werden. Die Pflaster gehören zu ihr. Eine mögliche Verwechslung war auch deshalb auszuschließen, weil das bei Medikament als Schmerztherapie bei Tumorpatienten eingesetzt wird.

Was eventuell sinnvoll zum erwähnen ist, sie hat diese Pflaster erst seit kurzem als Therapeutische Option

Bei den Pflastern hatte sie insgesamt 4 Stück geklebt.

Bei den Beinen lassen sich keine Hinweise auf eine Thrombose finden. Auch keine Marmorierung der Haut.
Sie sind halt bds. stark geschwollen, dies ist aber der bek. Herzinsuffizienz geschuldet und der Tatsache dass diese seit längerem nicht mehr entwässert wurden.

Die Sepsis ist prinzipiell kein verkehrter Gedanke und wird mal in den Topf mit potentiellen Verdachtsdiagnosen geworfen.

Laut Unterlagen von der Onko gab’s diesbezüglich keine Hinweise darauf. Letzte Untersuchung fand diesbezüglich 3 Wochen vor dem Einsatz statt.

Ein Spannungspneumothorax haben wir ebenfalls sehr schnell ausschließen können. War auch nicht vorliegend, soviel kann ich schon verraten.

Aufgrund der langen Liegezeit und der ACS ähnlichen Symptomatik haben wir das auch mal als mögliche Verdachtsdiagnose notiert.

Bezüglich den Betablockern haben wir Initial auch mal vermutet, dass diese eine Tachykardie „verschleiern“ könnten.

Bezüglich der Schmerzananmnese: Der Angehörige meinte sie hat es in der Nacht als einen drückenden Schmerz beschrieben. Ein Aortenaneurysma ist auch bis dato nicht bekannt.

Bei ihrem Blutdruckpass waren ihre Standardwerte um die 160 Systole.

Natürlich wurde auch ein EKG geschrieben. Dort haben wir jedoch keine weiteren Hinweise auf ein eine Lungenembolie, oder einen MCI finden können. Was halt erkennbar war, eine Hyperkalämie.

Ein Stroke wäre auch keine verkehrte Idee. Gab ja auch Dinge die dafür sprachen.

Neurogener Schock wars ebenfalls nicht. Die Verdachtsdiagnose hatte der NEF Sani ebenfalls kurz gehabt.
War es aber im Endeffekt auch nicht.

Fassen wir mal also zusammen, was einstweilen im Topf liegt:

→ Sepsis
→ Insult
→ Lungenembolie (muss nicht zwangsläufig im EKG auch feststellbar sein)

Schauen wir mal, was noch dazu kommt. :slight_smile:

Bei Rückenschmerzen und dem Patiententyp würde ich beim reingehen auch mal Herzinfarkt (bzw. generell ein kardiales Problem) im Hinterkopf haben.

Bezgl. Verlegung durch Zunge: wirkt die geschwollen?
Bezgl. Schaum vorm Mund: hatte der eine auffällige Farbe (zB. rosa)? Oder eher „farblos“?
Bezgl. Rückenschmerzen: hat die Patientin gegenüber den Angehörigen geäußert wann diese auftreten bzw. stärker werden? (zB. beim Ein-/Ausatmen, bei etwaiger Bewegung oder Anstrengung)

Wie war der zeitliche Verlauf bezgl. Eintreten der verschiedenen Beschwerden (Rückenschmerzen, Atemprobleme, …)?

Sofern möglich würde ich noch probieren eine Lagerung mit erhöhten Oberkörper herzustellen (einerseits wegen Atemproblemen, aber auch wegen eventuellem kardialen Problemen zur Entlastung des Herzens), da das bisher noch nicht erwähnt wurde.

Zu den bisherigen Verdachtsdiagnosen:

Einen Insult würde ich vorerst nicht näher verfolgen. Einerseits werden bereits Blutverdünner eingenommen, und andererseits steht hier für mich mal das B-Problem im Vordergrund (das ich nur recht kreativ mit dem Insult verbinden könnte), da akut lebensbedrohlicher.

Sofern der Schaum vorm Mund nicht rosa ist, würde ich auch die Lungenembolie eher nach hinten reihen aber im Hinterkopf behalten, ebenfalls wegen dem Blutverdünner der einen abgegangenen Thrombus ein bisschen weniger wahrscheinlich macht.

Auf eine Sepsis wäre ich nicht gekommen, und könnte die im Moment auch nicht gut ins Bild einfügen, würde sie aber nicht ausschließen.

Zu meinen Ideen:

Haut blass+kalt+schweißig, mit peripher schlecht tastbarem Puls (bei adipoesen Patienten allerdings generell schwieriger), langer Rekap-Zeit, und den Vitalparametern, würde ich mal von einem Schock ausgehen.
Durch die bekannte Herzinsuffizienz würde ich die Atemgeräusche und den Schaum vorm Mund (sofern nicht rosa) mal eher auf ein Lungenödem zurückführen.

Mit dem derzeitigen Stand wäre meine primäre Verdachtsdiagnose kardiogener Schock (durch akute starke Verschlechterung der Herzinsuffizienz) mit Lungenödem.

Spannendes Beispiel (y)

Was ich zusätzlich zu dem Genannten am Radar hab:
Aspirationspneumonie (mit Sepsis in weiterer Folge)

Ich schmeiß mal Aortendissektion und Opiatintox in die Runde.

Buprenorphin Überdosis mit Verdacht auf bereits stattgehabte Aspiration.

Maßnahmen: assistierte BMV, Naloxon IV (CAVE: Buprenoporphin ist äußerst schwer durch Naloxon zu antagonisieren, da es eine äußerst hohe Affinität zum Opioidrezeptor hat)

Naloxon kann man mal versuchen und schauen obs was am Zustand ändert, ja. 4 Pflaster sind ja doch genug.

Was kommt bei der Ganzkörperuntersuchung raus?
Irgendwo am Körper was auffälliges? Hàmatome etc…

Sieht man am Rücken irgendwas?
Wo waren die Schmerzen denn überhaupt am Rücken genau?

Warum war die Pat. die letzten Tage denn nicht mobil?
Stuhl und Harn normal?

Spannendes Fallbeispiel, danke! +1 an die Leitstelle für die zielgerichtete, genaue Abfrage. :unamused:
…meine Gedanken stehen alle schon da und ich bin gespannt, wie es weitergeht.

Grundsätzlich gesagt: man braucht nicht immer die Diagnose. Ich denke, dass bei dieser Patientin die unmittelbare Sicherung der Vitalfunktionen und ein rascher Transport ad Intensiv das Mittel der Wahl ist. Rein nach den Zahlen gehört eine Narkose gemacht, wobei die Transportzeit zum Maximalversorger kurz ist. Wenn Narkose, dann mit Midazolam/Ketanest, weil die Opiatrezeptoren sind zu!

+1 an den Ärztefunkdienst

Falls mit HF60 arrhythmisch unregelmäßig gemeint ist, würd mich da am EKG mal interessieren warum.
Extrasystolen? Afib? AV-Block? Und dann in die Richtung weiterdenken.
Anderer Ansatz der mich aufhorchen lassen würde ist natürlich auch das die Pflaster neu sind, und auch mal zumindest Ansatzweise in Richtung Anaphylaxie denken. Kann bei Adipositas und Zyanose auch nicht immer einfach sein, würde mal die Stelle an der die Pflaster waren genauer inspizieren.

So, mittlerweile haben wir einen sehr großen Topf an Verdachtsdiagnosen gesammelt. Übersichtshalber werde ich diese auch noch einmal auflisten;

Kardiales Lungenödem (+ kardiogenes Schockgeschehen)
Intoxikation / Überdosis
Aortendissektion
Lungenembolie
Aspirationspneumonie
Anaphylaxie
Sepsis
Insult
Tipp: Die tatsächliche Diagnose ist unter den bereits oben aufgelisteten Verdachtsdiagnosen dabei

Da auch weitere Fragen aufgekommen sind, erweitere ich gerne etwaige Untersuchungsschritte;

Nein, die Zunge war nicht angeschwollen. / Der Schaum war farblos, also keine rosa Verfärbung / Laut Angehörigen soll die Patientin im Liegen bzw. bei leicht erhöhten, mittels 2 Pölster, Oberkörper am besten Luft bekommen haben. Da er sie selbst versuchte aufzurichten konnte er uns das sehr genau beschreiben. Sobald es höher als dies ging, nahm die Atemnot zu und die Beschwerden wurden schlimmer / Bezüglich dem Eintreten der Beschwerden. Zuerst ging es mit dem veränderten Rückenschmerzen los, etwas später – eine genaue Zeitangabe ließ sich nicht erheben – setzten die Atembeschwerden ein.
Oberkörperhoch wurde auch unsererseits, mit dem Ziel das Herz zu entlasten und die Atemarbeit zu verbessern, probiert jedoch wurde dies seitens Patienten nicht toleriert. Konkret gesagt kam es zu „Schmerzähnlichen aufschreien“ sowie körperlichen Abwehrreaktionen ihrerseits. Wodurch die für sie subjektiv am ehesten tolerierte Lagerung beibehalten wurde.

Am restlichen Körper wurden keine Hinweisgebenden Auffälligkeiten gefunden. Das was wir zwar fanden, jedoch eher weniger für die akute Situation relevant war/ist, war ein Dekubitus 1 Grades mit Anzeichen einer Verschlechterung 2 Grades im Bereich der LWS.

Die Schmerzangabe ließ sich auf Höhe T7/T8 lokalisieren / Harn und Stuhl soweit normal, auf Nachfrage erklärte der Angehörige dass die Körperhygiene weitgehend im Liegen stattfand und er mittels Bettpfanne unterstützte. Des Weiteren soll sie keinen veränderten Harn (Verfärbungen, auffällige Gerüche, erhöhte/verminderte Ausscheidung) gehabt haben. Beim Stuhl werden auch keine Konsistenzveränderungen, auffällig üble Gerüche oder ähnliches angegeben. Auf Nachfrage warum die Patientin nicht mobilisiert wurde, meinte er dass sie schlichtweg sich weigerte und er es regelmäßig versuchte. Warum sie sich weigerte, konnte er selbst nicht erklären.

Bezüglich ÄFD/Leitstelle; Ich bin selbst, zwangsläufig, zeitweise als Sani im ÄFD gefahren und kann hier eventuell ein wenig für Klarheit sorgen. Beim ÄFD gibt es grundsätzlich 2 große Probleme was Übergaben an die Rettungsleitstelle betrifft. 1) Die Ärzte beim ÄFD wissen selbst nicht immer, warum sie jetzt den Patienten an die Rettung übergeben. Wodurch teilweise sehr abenteuerliche Einweisungsgründe Entstehen. Der andere Punkt ist, und das war in unserem Fall, die Calltaker/Disponenten beim ÄFD in manchen Fällen aufgrund der Informationen, die sie am Telefon erhalten, direkt den Rettungsdienst verständigen. Diese haben aber, aufgrund eines anderen Abfrageschemas, teils nicht die notwendigen Informationen für die RL und so kommen unklare Angaben raus, und der Disponent von der MA70 muss mit den noch weniger vorhandenen Infos arbeiten.

Auf die Frage wegen dem EKG: Es war prinzipiell das VHF und ein RSB erkennbar, jedoch ist dieser in den Befunden als bekannt vermerkt gewesen. Was für uns in der weiteren Situation dann eher in den Hintergrund rückte

Kurze Zwischenmeldung; Für diejenigen, die das EKG gerne sehen würden kann ich schauen, ob ich noch den Ausdruck noch im Nachhinein organisieren kann. Da ich das original mit der Pat. abgegeben hatte und den zweiten Ausdruck irgendwo am Stützpunkt anbaute.

Übernahme durch Notarzt:

Beim Notarzt war die Patientin weitgehend unverändert, bis auf die mittlerweile niedrigere Atemfrequenz

Aufgrund der bis dato erhobenen Befunde und unseren Verdachtsdiagnosen, kamen wir alle zum Entschluss/Fixierungsfehler das es für uns am ehesten ein kardiales Lungenödem sein würde. Da wir nur 6 Minuten zwischen Zielklinik und Berufungsort hatten, wurde entschieden primär das AB-Problem zu behandeln. Seitens NEF wurde nach mehrfachen frustranen versuchen ein i.v. Zugang etabliert und die medikamentöse Therapie durchgeführt. Eine ETI wurde aufgrund der kurzen Strecke und der Mallampati Klassifikation 4 auf die Klinik verschoben.

Bei der Einsatznachbesprechung vom NEF und uns, wo wir alles noch einmal in Ruhe evaluierten und mögliche Differenzialdiagnosen ansprachen, sind wir auch draufgekommen dass wir mit der Diagnose wo wir uns draufstützten falsch gelegen sind. Die Übernehmenden Kollegen haben die korrekte Diagnose erkannt und dementsprechend auch die richtige Therapie beginnen können.

Zum endgültigen neurologischen Outcome weiß ich jedoch selbst (noch) nichts genaues. Da ich bis dato nicht die Möglichkeit hatte, das weiter zu evaluieren. Kann aber sagen, dass sie noch lebend auf die Intensiv kam.

Als zusätzliche Hilfestellung: Kardiales Lungenödem, Lungenembolie und Insult fallen raus

Was ist jetzt die Lösung des Falles?

Ich tippe mit allen Infos v.a. die Schmerzen mal auf Aortendissektion. Habt ihr auf beiden Armen RR gemessen?

Ja. steht im eingangspost. War seitengleich. Sagt aber alleine nicht viel aus

Es ist natürlich absolut uneindeutig.
Ich würde aber aus dem Bauch heraus mal Anaphylaxie sagen.

Ah hab ich überlesen. Ja eh. Wenn weder ekg, noch RR noch Herztöne was hergeben hast draussen eh keine Chance für eine Diagnose.

Wüsste jetzt auch nicht wie ich die Diagnose noch weiter eingrenzen könnte. Die Überdosis gibt für mich am meisten Sinn als Folge der Schmerzen. Bei allem anderen fehlen symptome oder passt nicht so ganz zu den schmerzen oder der dyspnoe.

Wäre intressant zu wissen wie sie aufs Naloxon reagiert hat.

Wenn sich auf Naloxon nichts tut könnt der NA/die NÄ sonographisch noch differenzieren woher die Hypotonie kommt (Pumpversagen? Rechtsherzbelastung? Pericarderguss/-tamponade? Volumenmangel?) und dementsprechend Volumen +/- Katecholamine geben. Wenn keine Rechtsherzbelastung ggf. NIV od. Intubation erwägen (wenn hämodynamisch vertretbar). Wenn Pericarderguss/-tamponade, dann am besten direkt in ein Haus mit Herzchirurgie. Auf jeden Fall rasch transportieren.

Wenn sich eine BGA noch ausgeht ist das definitiv ein nice-to-have, ändert am Procedere aber vermutlich wenig.

Was war dann die Diagnose?

He was right actually.

Man muss halt sagen, es war bei ihr wirklich schwierig zu sagen, darum habe ich den Fall auch hier „veröffentlicht“. Ich habe auch bevor ich jetzt den abschließenden Kommentar verfasse, mir das Einverständnis der am Einsatz beteiligten KollegInnen geholt, um auch die Punkte anzusprechen die schlecht und gut gelaufen sind.

  1. Es kam dazu, dass wir im Fahrzeug temporär zu wenig untereinander kommunizierten. Wodurch wichtige Informationen untergingen und vermeidbare Fehler auftraten. Beispielsweise: O2 Flasche mit 2 Litern lief kurz vor der Übergabe im KH leer.

Ein vorausschauendes Handeln haette bereits eine Ersatzflasche während der Reevaluierung im Fahrzeug die relativ leere gegen eine frische tauschen können.

  1. Wir haben uns auf ein kardiales Lungenödem fixiert und im Endeffekt alles andere als Unwahrscheinlich erachtet. Etwas, was absolut nicht hätte passieren dürfen können.

Gerade solch komplexen Fälle haben wir im EMPACT/AMLS unzählige Male durchgekaut und sind dennoch allesamt in die Falle mit dem Fixierungsfehler getappt. Anstatt dass wir kritisch auch unsere Verdachtsdiagnose/Arbeitsdiagnose hinterfragten.

  1. Bei der Übergabe, was ich sehr persönlich als eine positive Überraschung erachtete, hat die NÄ aktiv auch darum gebeten dass der Transportführer ebenfalls sich einbringt. Für den Fall das eine Information vergessen/übersehen wurde.

Etwas was ich bis dato noch nie erlebte, aber als sehr positiv im Sinne der weiteren Patientenversorgung erachte.

Vielleicht können an dieser Stelle die NFS/Notärzte im Forum ihre Meinung dazu ebenfalls äußern. Diese würde mich persönlich interessieren.